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Die Feuer von Córdoba

Die Feuer von Córdoba

Titel: Die Feuer von Córdoba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
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ging gnädig darüber hinweg. »Bescheidenheit ist eine Zier, mit der sich heutzutage leider nur noch wenige Menschen schmücken mögen. Es wurden Weltmeere durchkreuzt und neue Länder entdeckt . Die Welt ist groß geworden, und die Menschen wollen dabei mithalten. Deshalb ergehen sich die meisten viel lieber in Prahlerei, die allerdings kaum einer genaueren Prüfung standhält. So manche noch kurz zuvor gepriesene erstaunliche Fähigkeit löst sich dann von einem Augenblick zum nächsten in Luft auf. Es freut mich zu erkennen, dass Sie keineswegs übertrieben hat.«
    Er lächelte. Es war ein sympathisches, herzliches Lächeln.
    »Ich danke Euch für die freundlichen Worte, Majestät«, erwiderte Anne und machte einen Knicks.
    »Lass Sie das mit diesem Knicksen«, sagte Karl V. und schüttelte den Kopf. »Wir sind hier nicht auf einem Hofball. Achtung, Demut und Ergebenheit sind eine Haltung des Geistes. Man erkennt sie wohl in den Augen eines Menschen , doch keinesfalls an seiner Körperhaltung. Wahrlich, ich wünschte, mehr Untertanen würden das begreifen und sich auch daran halten.«
    »Wie Eure Majestät wünschen.«
    »So nimm Sie jetzt Platz«, sagte Karl V. auf Deutsch und deutete auf einen Stuhl, der seinem eigenen gegenüberstand. »Verzeihe Sie, wenn ich mich jetzt in Ihrer Gegenwart der deutschen Sprache bediene, aber es tut gut, endlich mal wieder Deutsch sprechen zu können. Bereits gestern wollte ich Sie danach fragen, aber leider fehlte mir die Gelegenheit. Wo hat Sie diese Sprache gelernt?«
    »In meiner Heimat«, antwortete Anne und setzte sich. Der Kaiser überraschte sie. Er verhielt sich ganz anders, als sie es von einem Monarchen im 16. Jahrhundert erwartet hätte.
    Er erinnerte sie sogar ein bisschen an Cosimo. Vielleicht fühlte auch Karl V. sich in seiner Zeit nicht wirklich zu Hause . »Ich wurde in Deutschland geboren.«
    Ein Leuchten trat in seine Augen. »Und in welcher Stadt oder welcher Gegend stand Ihre Wiege?«
    »In Hamburg«, antwortete sie bereitwillig. Weshalb auch sollte sie nicht so dicht wie möglich bei der Wahrheit bleiben?
    »Hamburg? Eine reiche Stadt, unabhängig, stolz, eigenwillig , bisweilen sogar hochfahrend«, sagte Karl V. und sah sie nachdenklich an, als würde er überlegen, ob diese Eigenschaften wohl auf sie abgefärbt hatten. »Gestern sprach Sie davon, dass Sie von Ort zu Ort reist. Ist es sehr vermessen, wenn ich mich bei Ihr erkundige, welcher Natur das Schicksal ist, das Sie nach Córdoba verschlagen hat?« Anne holte tief Luft. »Vergib Sie mir meine Neugierde, aber es ist wahrlich selten, hier in dieser Gegend jemanden aus der Heimat zu treffen. So selten, dass man sofort alles über diesen Landsmann wissen möchte.«
    »Das ist kein Problem für mich, Majestät. Allerdings gestehe ich ein, dass ich nur ungern darüber spreche, denn leider ist es ein unerfreuliches Schicksal. Ich habe meinen Mann verloren. Er starb durch die Hand eines gemeinen Mörders.«
    »Das zu hören tut mir Leid«, sagte Karl V. Dann runzelte er die Stirn. »Und weshalb trägt Sie dann keinen schwarzen Schleier, wie Witwen es für gewöhnlich tun? Es würde Ihr so manche unangenehme, schmerzhafte Frage ersparen.«
    »Ich will kein Mitleid, Eure Majestät. Ich kann und will für mich selbst sorgen. Und ich bin dem Mörder auf der Spur. Ich bin ihm bereits durch halb Europa gefolgt. Bis hierher. Bis nach Córdoba. Der Schleier wäre mir auf dieser Reise nur hinderlich gewesen. Deshalb habe ich ihn bereits vor einigen Jahren abgelegt.«
    Karl V. neigte den Kopf zur Seite, und seine Augen wurden schmal.
    »So wird Sie denn von Rache getrieben?«
    Anne dachte einen Augenblick nach, dann schüttelte sie den Kopf. »Nein, Majestät, ich will keine Rache üben, das steht mir nicht zu. Ich hege nur den Wunsch, dass der Mörder meines Mannes die Strafe erhält, die er verdient hat, damit er anderen nicht das Gleiche antut wie mir.« Was letztlich auf dasselbe hinauskommt, fügte sie in Gedanken hinzu.
    »So hat Sie nicht nur das Liebste auf Erden verloren, sondern zugleich Ihre Heimat«, sagte Karl V. leise. »Ich kann Sie gut verstehen. Und doch kann ich mein Schicksal nicht mit dem Ihren vergleichen, denn mir wurde mein Eheweib, meine teure Isabella, nicht durch die Hand eines abscheulichen Mörders entrissen. Es war der Wille Gottes, der sie im Kindbett sterben ließ wie unseren Sohn Johann. Sie folgte ihm nur wenige Tage später. Und trotzdem …« Er seufzte tief. » Dennoch fällt es

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