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Die Feuer von Córdoba

Die Feuer von Córdoba

Titel: Die Feuer von Córdoba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
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ist mit dem Piloten? Sollten wir nicht besser auf ihn warten?«
    »Tut mir Leid, Señora Anne«, antwortete Anselmo aus dem Lautsprecher und schwang sich auf den Sitz im Cockpit. »Ich fürchte, Sie werden mit mir vorlieb nehmen müssen.«
    Anne spürte, wie ihr das Blut aus dem Gesicht wich. Eigentlich litt sie nicht unter Flugangst, aber plötzlich wurde ihr schlecht. Vielleicht war es der Gedanke, dass jemand, den sie kannte, das Flugzeug fliegen sollte. Jemand, von dem sie wusste, dass er bereits 1477 im Narrenkostüm über die Marktplätze von Florenz gesprungen war. Ebenso gut hätte ihre Oma vorne im Cockpit sitzen können. Der Motor des Flugzeugs sprang an, und sie begannen zur Startbahn zu rollen. Anne schluckte.
    Cosimo schloss seinen Sicherheitsgurt und lehnte sich zurück.
    »Entspannen Sie sich, Anne«, sagte er. »Drehen Sie Ihren Sitz in Startrichtung, und lassen Sie ihn einrasten. Sie können Anselmo vertrauen. Er hat mehr als siebzig Jahre Flugerfahrung.«
    Natürlich, dachte Anne und kam sich in ihrer Panik mit einem Mal dumm vor. Anselmo hat vermutlich bereits mit Charles Lindbergh die ersten Flugversuche unternommen. Alt genug ist er schließlich.
    Ihr Magen beruhigte sich etwas, und sie zog ihren Sicherheitsgurt fest. Mittlerweile hatten sie die Startbahn erreicht. Das Dröhnen der Motoren wurde lauter, dann begann die Maschine zu beschleunigen. Sie wurden immer schneller, und schließlich hoben sie ab. Anne wurde in ihren Sitz gepresst und schloss die Augen. Normalerweise genoss sie diesen Moment, wenn das Flugzeug den Boden verließ und das Gras, die Büsche, die Menschen und Autos unter ihr rasch kleiner wurden. Aber diesmal wagte sie es nicht hinauszusehen. Sie war noch nie zuvor in einer kleinen Maschine geflogen. Sie kam sich vor, als hätte man sie in eine Nussschale gesetzt.
    »Wir haben unsere Flughöhe erreicht«, erklang Anselmos Stimme ein paar Minuten später durch den Lautsprecher.
    Cosimo öffnete seinen Sicherheitsgurt, löste den Hebel an seinem Sessel und stand auf.
    »Möchten Sie etwas trinken, Anne?«, fragte er in einem beinahe fröhlichen Ton, als wären sie unterwegs zu einem netten Ausflug mit Picknick und anschließender Kutschfahrt. »Ich würde Ihnen auch etwas zu essen anbieten, aber unsere Flugdauer wird kaum für eine Mahlzeit ausreichen.«
    »Danke, ich möchte nichts essen«, sagte Anne. »Nur ein Wasser, bitte.«
    Cosimo nahm aus einem Schrank zwei Gläser, holte zwei Flaschen aus dem Kühlschrank und kehrte zu seinem Sessel zurück. Er drehte ihn so, dass er Anne ins Gesicht sehen konnte.
    »So, meine Liebe«, sagte er, während er das Wasser in die Gläser goss. » Jetzt ist der richtige Zeitpunkt gekommen, über alles zu reden – über Córdoba, das Pergament, das Sie in Jerusalem gefunden haben, und über Ihren Auftrag, auch wenn ich diese Bezeichnung eher unpassend finde.« Er nahm sein Glas und lehnte sich bequem zurück. »Womit wollen wir anfangen?«
    »Zuerst möchte ich wissen, weshalb wir nach Córdoba fliegen«, sagte Anne. »Weshalb konnten wir nicht einfach alles in Madrid besprechen?«
    »Lassen Sie es mich so erklären«, begann Cosimo und drehte das Glas, sodass sich das Sonnenlicht darin spiegelte und Lichter an die Bordwand warf. »Die Zeit, die wir in Córdoba verbracht haben, war sehr wichtig. Als ich 1540 erfuhr, dass Giacomo sich dort aufhält, habe ich da ein Haus gekauft. Dieses Haus befindet sich bis zum heutigen Tag in meinem Besitz.« Er lächelte. »Es wird Sie gewiss nicht überraschen, wenn ich Ihnen jetzt sage, dass der nächste Teil Ihrer ›Reise‹ in Córdoba stattfindet.«
    Anne nickte. »Das habe ich mir schon gedacht. Das Elixier der Ewigkeit kann zwar die Zeit überbrücken, aber nicht den Raum. Es muss an dem Ort getrunken werden, an dem man sich in der Vergangenheit aufhalten will.«
    »Sehr richtig. Deshalb …«
    »Und genau aus diesem Grund wollte ich bereits in Madrid mit Ihnen sprechen«, unterbrach ihn Anne. »Wir hätten uns viel Zeit und Mühe sparen können.«
    Cosimos Augen verengten sich, und sie konnte sehen, dass seine Hand, die noch vor wenigen Sekunden locker auf der Sessellehne gelegen hatte, diese nun wie ein Schraubstock umklammerte.
    Wie ein Panter vor dem Sprung, dachte Anne und versuchte sich auf das vorzubereiten, was gleich kommen würde.
    »Was genau wollen Sie damit sagen?«, fragte er.
    »Ich will damit sagen, dass Sie mich hätten fragen sollen, bevor Sie mich in Ihr Flugzeug

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