Die Feuer von Córdoba
im Bett verbrachte, wohl kaum ins Gewicht.
Nimm es einfach, wie es kommt, dachte Anne und ging zu ihrem Bett. Sie hatte sich kaum ausgestreckt, da war sie auch schon eingeschlafen.
Anselmo war kurz vor dem Verzweifeln. Natürlich hielt er die Zügel in der Hand, aber da das Pferd ganz genau wusste, dass er Angst vor ihm hatte, machte es mit ihm, was es wollte . Zurzeit zog es Anselmo kreuz und quer über den Hof. Mal ging es langsam, dann trabte es plötzlich an. Schlimm wurde es, wenn es zwischendurch ein paar Galoppsprünge machte, sodass Anselmo die Zügel beinahe aus der Hand gerissen wurden. Das Pferd wieherte vor Vergnügen. Anselmo fand das Ganze weniger lustig.
»Glaube mir, wenn ich nicht solche Angst vor dir hätte und wenn ich könnte, wie ich wollte, würde ich dich …«
Das Pferd wandte sich zu ihm um und kam auf ihn zu. Die großen braunen Augen funkelten übermütig, und Anselmos Herz begann schneller zu schlagen. Er versuchte dem Tier auszuweichen wie ein Stierkämpfer, doch die Zügel ließ er nicht los.
»He, Anselmo! Was machst du denn da?«
Selten war Anselmo so froh gewesen, Cosimos Stimme zu hören.
»Wieso ich?«, rief er und versuchte verzweifelt dem näher kommenden Pferd auszuweichen. »Fragt dieses Vieh!«
»Ho, Ricardo, ho!«
Das Tier blieb augenblicklich stehen, sah Cosimo an und wieherte sichtlich vergnügt.
Cosimo schüttelte lächelnd den Kopf. »Ich habe dir doch schon so oft gesagt, dass du keine Angst zu haben brauchst. Ricardo will dir nichts tun, er will nur spielen. Im Grunde ist er genau wie du. Es macht ihm eben Spaß, dich zu ärgern. Nun gib mir die Zügel.«
Anselmo öffnete langsam die Hand. Er hatte die Zügel so fest gehalten, dass die breiten Lederriemen tiefe Eindrücke in seiner Handfläche hinterlassen hatten. Vorsichtig bewegte er seine steifen Finger, während Cosimo dem Hengst den Hals tätschelte und ihm etwas ins Ohr flüsterte. Das Pferd schnaubte und nickte mit dem Kopf.
Es sieht aus, als ob die beiden miteinander sprechen würden , dachte Anselmo und fühlte eine seltsame Traurigkeit. War es Eifersucht, weil dieses Tier mit Cosimo etwas teilte, an dem er nicht teilhaben konnte? Oder beneidete er Cosimo um die Gabe, so selbstverständlich und ohne Angst mit diesen wundervollen Geschöpfen umzugehen? Ricardo war wirklich ein besonders schönes Tier – schlank, mit einem anmutigen Kopf. Sein glattes Fell glänzte in der Sonne wie eine polierte Kastanie, und seine dunkle Mähne schimmerte wie Seide. Natürlich wusste Anselmo, dass Ricardo ihm nie etwas tun würde. Der Hengst hatte einen guten Charakter – abgesehen von seinem Hang zu Neckereien. Trotzdem konnte er nichts dagegen tun, dass allein der Anblick des Pferdekopfes ihm den Schweiß auf die Stirn trieb.
»Ist sie … ist sie es wirklich?«, fragte Anselmo, nachdem er ein paar Schritte zurückgewichen war und sein Herz wieder einen langsameren Rhythmus schlug.
»Señora Anne?«, fragte Cosimo zurück, als müsste er sich erst daran erinnern, wen Anselmo meinen könnte. »Ja, sie ist es, mein Freund. Leibhaftig.«
»Und?« Anselmo zitterte beinahe vor Ungeduld. »Was hat sie gesagt? Warum ist sie hier? Und wo ist das Pergament, das wir in Jerusalem Giacomo abgenommen haben? Hat sie darüber etwas gewusst?«
Cosimo zuckte mit den Schultern und zauste Ricardos Mähne.
»Ich weiß es nicht.«
»Ihr wisst es nicht? Was soll das heißen? Habt Ihr etwa …«
»Wir haben nicht darüber gesprochen«, entgegnete Cosimo gelassen. »Sie ist müde von der Reise. Sie hat sich hingelegt. Wir werden alles nach dem Abendessen besprechen .«
»Erst nach dem Abendessen?« Anselmo hob die Hände zum Himmel. »Heilige Mutter Gottes, warum denn das?«
»Warum nicht? Wir haben alle Zeit der Welt. Das Pergament ist seit vierzehn Jahren verschollen, da kommt es auf ein paar Stunden mehr oder weniger auch nicht an.«
Cosimo klopfte Ricardo lächelnd den Hals. Der Hengst nickte heftig, so als hätte er jedes Wort verstanden und wäre mit Cosimo einer Meinung. Anselmo hätte am liebsten beide erwürgt. Vierzehn Jahre lang hatten sie sich den Kopf darüber zerbrochen, wo das Pergament aus der Grabeskirche in Jerusalem sein mochte. Jetzt war es so weit, dass sie das Rätsel endlich aufklären konnten, und Cosimo ließ Señora Anne einfach schlafen. Beim besten Willen und trotz aller Freundschaft vermochte er nicht zu verstehen, wie er so ruhig bleiben konnte.
»Cosimo, wir sollten …« Anselmo brach ab, und
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