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Die Feuer von Córdoba

Die Feuer von Córdoba

Titel: Die Feuer von Córdoba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
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Inquisitor von Córdoba im Bunde waren.
    Der Inquisitor verneigte sich wieder, und ein Lächeln, das Karl V. nicht anders als spöttisch deuten konnte, kräuselte seine schmalen Lippen.
    »Ich glaubte zwar, meine Bitte bereits in meinem Brief deutlich begründet zu haben«, sagte er, »aber wenn Ihr es durchaus wollt …«
    »In Eurem Brief habt Ihr nur das Protokoll erwähnt«, unterbrach ihn Karl V. scharf. Er spürte, wie sein Blut zu kochen begann. »Das Protokoll der Inquisition ist mir durchaus bekannt. Allerdings muss nicht zwingend der Kaiser selbst bei den Ketzerprozessen anwesend sein, diese Aufgabe kann ebenso gut ein anderer hoher Beamter oder Statthalter des Kaisers übernehmen. Glaubt mir, Pater Giacomo, Eure Mitbrüder versehen ihr Amt so eifrig und gewissenhaft, dass ich wohl kaum mehr die Zeit hätte, mich um andere Belange des Reiches zu kümmern, wenn es diese Klausel im Protokoll der Inquisition nicht gäbe.«
    »Selbstverständlich, Ihr habt natürlich Recht, Sire. Ich bitte vielmals um Vergebung«, sagte er und verneigte sich erneut . Doch Karl V. konnte noch einen Blick in die Augen des Paters werfen, in deren unergründlichen Tiefen der blanke Hass zu lodern schien. Ein Hass, der nicht allein den Kaiser betraf, sondern die ganze Menschheit zu umfassen schien.
    Jetzt weiß jeder, wo der andere steht, dachte Karl V., zwei Gegner, die ihr Terrain abgesteckt haben. Sei auf der Hut. Er hob das Kinn und sah auf den Inquisitor hinab.
    »Handelt es sich bei den Ketzern, derentwegen Ihr mich nach Córdoba gerufen habt, denn um besonders herausragende Persönlichkeiten?«
    »Nun, das eigentlich weniger«, antwortete Pater Giacomo , und ein seltsames Funkeln trat in seine Augen. Karl V. war sich nicht sicher, was er davon halten sollte – war es nur Spott oder aber reine Blutgier und Mordlust? »Ich habe Euch eher wegen ihrer Anzahl hierher gebeten.«
    »Ihrer Anzahl?«
    »Jawohl, Sire, ich spreche von der Zahl der zu verurteilenden Ketzer. Ich halte die Anwesenheit des Kaisers bei einer Größenordnung der Prozesse, wie wir sie in der nächsten Zeit in Córdoba zu erwarten haben, für zwingend erforderlich .«
    Karl V. holte tief Luft. Sein Herz begann schneller zu schlagen.
    »Um wie viele Ketzer geht es denn?«
    »Vorerst sind es nur fünfzig, Sire«, sagte der Inquisitor sanft mit einem Lächeln, bei dem sich wohl auch dem hartgesottensten Mann die Nackenhaare gesträubt hätten. »Fünfzig Männer und Frauen, die auf ihr Urteil und die Vollstreckung desselben zur Befreiung ihrer armen, vom Odem des Bösen vergifteten Seelen am kommenden Sonntag warten. Doch ich will Euch ins Vertrauen ziehen, Sire.« Pater Giacomo trat ein paar Schritte näher. Er streckte sich, stellte sich auf die Zehenspitzen , um dem Kaiser seine Botschaft ins Ohr zu flüstern . Karl V. erschauerte. Der Inquisitor war ihm jetzt so nahe, dass er den groben Stoff der Kutte riechen und seinen warmen Atem auf der Wange spüren konnte. »Fünfzig Männer und Frauen scheint eine große Zahl zu sein, Sire, doch das ist erst der Anfang«, flüsterte er. »Diese Stadt ist ein Sündenpfuhl , Majestät. Sie ist ein neues Babel, ein zweites Sodom und Gomorrha. Wir müssen diese Stadt reinigen, ihre Sünden und ihre Verderbtheit ausbrennen, oder das Strafgericht Gottes wird über uns alle hereinbrechen. Auch über Euch, Majestät, sofern Ihr Euch dem Willen und den Geboten des Allmächtigen widersetzt. Und das wollt Ihr doch nicht, oder, Sire?«
    Er trat wieder zurück. Das Sonnenlicht flutete durch die hohen Fenster herein und beschien die schmale, fast hagere Gestalt des Inquisitors. Der Mann war nicht besonders hoch gewachsen, doch im Sonnenlicht strahlte seine weiße Kutte so grell, dass er viel größer wirkte und Karl V. fast wie eine himmlische Erscheinung vorkam, ein Engel, ein Bote, vom Himmel ausgesandt, um die Menschen in Córdoba vor dem bevorstehenden Untergang zu warnen. Doch dann sah er den Schatten des Inquisitors an der gegenüberliegenden Wand, und ob es sich nun um eine seltsame Laune des Lichts handelte oder eine weitere Kapriole seiner allzu lebhaften Fantasie, dieser Schatten hatte die Form eines grässlich entstellten ge-flügelten Dämons. Unwillkürlich wich Karl V. einen Schritt zurück, und es kam ihm vor, als würde er Pater Giacomo zum ersten Mal ansehen. In den Tiefen der braunen Augen des Inquisitors loderte nicht nur unbändiger Hass. Nun erkannte Karl V. auch die hässliche Fratze des Wahnsinns darin,

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