Die Feuer von Córdoba
Über die Unzulänglichkeit unseres Bischofs und den geheimnisvollen Ketzerfreund können wir zu einem späteren Zeitpunkt sprechen, Sire.«
»Wie Ihr wünscht«, sagte Karl V., alles andere als zufrieden . Wenn es Schwierigkeiten gab, suchte er gern sofort nach einer passenden Lösung. Andererseits mochte er den Inquisitor so wenig, dass er nichts dagegen hatte, wenn er so bald wie möglich aus seiner Nähe verschwand. Er würde diesen unangenehmen Mann in der nächsten Zeit ohnehin noch öfter zu Gesicht bekommen, als ihm lieb sein konnte. »Also erwarte ich Euren Gehilfen am Samstag, Pater Giacomo.«
»Sehr wohl, Majestät«, erwiderte der Inquisitor. Dann verneigte er sich, grüßte und ging.
Karl V. starrte ihm nach. Ja, jetzt konnte er die Angst des Bischofs bei der Erwähnung des Inquisitors verstehen. Er strich sich das Haar aus dem Gesicht und stellte ohne große Verwunderung fest, dass seine Hand dabei vor innerer Anspannung zitterte. Er legte den Kopf in den Nacken, lockerte seine Schultern und ließ den Kopf ein paarmal kreisen. Eigentlich hatte sein Fechtlehrer, ein Schotte und wahrer Meister der Fechtkunst, ihn diese Übung gelehrt, um die Muskeln für den Kampf zu lockern. Aber er hatte die Erfahrung gemacht , dass sie auch in anderen Lebenslagen von großem Nutzen war. Und auch diesmal ließ die Anspannung sofort nach – wenigstens beinahe. Er rieb sich mit der rechten Hand den Nacken und ging wieder zu einem der Fenster.
Pater Giacomo hatte Recht, der Bischof war ein einfältiger, ungehobelter Kerl und eine Plage für jeden, der mit ihm zu tun hatte. Aber er war wenigstens harmlos. Der Inquisitor hingegen war klug und gebildet. Aber er war wahnsinnig. Und er war gefährlich. Gefährlich und tödlich wie eine Seuche , die nur in einem schmutzigen, dunklen Kellerloch darauf wartete, über die ganze Stadt herzufallen und alle Bewohner gleichermaßen in den Tod zu reißen.
Karl V. seufzte. Er hatte gehofft, Córdoba bereits in wenigen Tagen wieder verlassen zu können. Die Andeutungen des Inquisitors hingegen legten die Vermutung nahe, dass er mindestens ein paar Wochen hier bleiben musste, vielleicht sogar bis weit in den Sommer hinein. Unwillig trommelte er mit den Fingern auf dem Fenstersims. Unten im kleinen Garten hatte gerade ein Bursche in der Kleidung der Novizen damit begonnen die Blumenbeete zu gießen.
»Ich beneide dich«, sagte Karl V. leise und beobachtete, wie der Junge immer wieder mit seiner schweren Gießkanne zwischen einer Zisterne und den Beeten hin und her lief. »Dich plagen keine Inquisitoren und Ketzerprozesse. Du brauchst dich nur um deine Gebete und die Blumen zu kümmern .«
Andererseits würde er selbst Córdoba wieder verlassen, während dieser Junge bis zum Ende seiner Tage in der Stadt ausharren musste – im Schatten eines Tölpels und in der Nähe eines Wahnsinnigen. Armer Kerl, dachte Karl V. Er kann sich nicht gegen das Schicksal wehren, er ist machtlos .
Plötzlich sah er wieder seinen Fechtlehrer vor sich. »Kein Gegner ist unbesiegbar«, hörte er ihn mit seinem unverwechselbaren Akzent sagen, »selbst der stärkste, mächtigste Gegner hat eine schwache, verwundbare Stelle. Irgendwo. Du musst sie nur finden, Charles. Bereite dich auf deinen Gegner vor. Studiere ihn. Und scheue dich nicht, auch sein Umfeld, seine Familie, in deine Beobachtungen mit einzubeziehen und diese Erkenntnisse zu nutzen. Scham ist hier fehl am Platz. Denn wenn dein Gegner klug ist, so macht er dasselbe auch mit dir.«
»Ja«, flüsterte Karl V. und lächelte grimmig, »Ihr habt Recht, Meister McLaughlan. Wie immer habt Ihr Recht.« Jetzt endlich wusste er, was er zu tun hatte. Er würde Nachforschungen anstellen. Glücklicherweise musste er sich nicht allein auf die Diener des Bischofs verlassen, er hatte schließlich seine eigenen Leute dabei – kluge, gebildete Männer, denen er in jeder Hinsicht vertrauen konnte. Er würde alles über den Inquisitor herausfinden, was es herauszufinden gab. Und vielleicht würde es ihm sogar gelingen, etwas über ihn herauszu-finden, das einen hinreichenden Grund liefern konnte, diesen gefährlichen Mann dorthin zu bringen, wo er seiner Meinung nach hingehörte – hinter Schloss und Riegel bis zum Ende seiner Tage.
Fieber
»Seine Majestät Kaiser Karl V. will den Stadtrat besuchen und bei der Gelegenheit unter Umständen auch die Schreibstube besichtigen.«
Das waren die Worte des Stadtrats gewesen, ein beleibter, atemloser Mann mit
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