Die Feuer von Córdoba
die ihn höhnisch angrinste.
»Nein, gewiss wollt Ihr das nicht, Majestät, denn Ihr seid ein frommer, gottesfürchtiger Mann. Ihr wisst, was es heißt, dem Herrn die Wege zu bereiten und die Pfade zu ebnen. Und Ihr werdet es tun, nicht wahr?«
Die Drohung, die in diesen Sätzen mitschwang, war so deutlich, dass wohl niemand sie missverstanden hätte. Mit anderen Worten, dachte Karl V., spring, tu, was ich dir sage, verurteile jeden, den ich dir bringe, zum Tod auf dem Scheiterhaufen , oder du wirst bald selbst eine Fackel am Rande des Marktplatzes sein. Er schloss die Augen und wünschte sich weit fort – vielleicht nach Rom oder besser noch in die neuen Kolonien, dann würde wenigstens der weite Ozean zwischen ihm und Córdoba liegen.
Als er die Augen wieder aufschlug, lächelte der Inquisitor ihn so freundlich und unbefangen an, als hätten sie gerade über nichts Wichtigeres und Ernsteres als diesen wunderbaren Frühlingstag gesprochen. Auch schien er wieder zu seiner natürlichen Größe zusammengeschrumpft zu sein, und der Schatten an der Wand war verschwunden und sah jetzt nur noch so aus wie der jedes gewöhnlichen Menschen.
»Der Prozess beginnt in zwei Tagen, Sire«, sagte Pater Giacomo . »Ich lasse Euch die Anklageschriften heute noch zukommen , sodass Ihr sie studieren könnt, wenn Ihr wollt. Aber im Grunde ist alles eindeutig. Bei allen fünfzig Fällen besteht nicht der geringste Zweifel an der Schuld der Angeklagten . Jeder von ihnen hat bereits ein umfassendes Geständnis abgelegt. Das Ganze ist also lediglich eine reine Formsache.« Er lächelte aufmunternd, und für einen kurzen Augenblick hatte Karl V. den Eindruck, dass der Inquisitor ihm auf die Schulter klopfen wollte. Doch die Hand des Paters blieb in der Luft hängen. Im letzten Moment schien er sich daran zu erinnern, dass niemand, nicht einmal ein Inquisitor , den Kaiser einfach so berühren durfte.
Schade, dachte Karl V. Das hätte ihm einen triftigen Grund gegeben, diesen Pater festnehmen zu lassen, ihn in das finsterste Loch der Stadt und den Schlüssel seines Kerkers in den Fluss zu werfen.
»Der Prozess findet am Samstag im Gerichtssaal des Magistrats statt, Sire«, fuhr der Inquisitor fort und zupfte an dem Ärmel seiner Kutte herum. »Sofern Ihr es wünscht, Majestät , werde ich Euch Pater Stefano, meinen persönlichen Gehilfen und Protokollführer, schicken, damit er Euch zum Gerichtssaal begleitet. Den Dienern des Bischofs würde ich an Eurer Stelle nicht vertrauen, sie sind fast ebenso große Trottel wie ihr Herr.«
Karl V. hob eine Augenbraue. Also hatte er sich tatsächlich nicht getäuscht. Zwischen dem Bischof und dem Inquisitor von Córdoba herrschte alles andere als Sympathie, ein Umstand , den er durchaus verstehen konnte – von beiden Seiten .
»Habt Ihr deshalb Bischof Sebastian nichts von Eurer Absicht mitgeteilt, mich zu diesem Prozess zu bitten?«
Der Inquisitor lächelte herablassend. »Ihr habt es erraten, Majestät«, antwortete er. »Sebastian de Guevara ist ein Dummkopf. Er hat nicht die geringste Ahnung, was in dieser Stadt vor sich geht. Selbst wenn ich ihn ins Vertrauen gezogen hätte, seine intellektuellen Fähigkeiten sind so dürftig, dass er kaum in der Lage gewesen wäre, die Tragweite meiner Entscheidungen zu begreifen, geschweige denn, mich dabei zu unterstützen. Zudem musste ich noch befürchten, dass er in seiner maßlosen Einfalt den Falschen von Eurer bevorstehenden Ankunft und den großen Prozessen berichtet hätte, Sire. Denn eines müsst Ihr wissen – wir haben es in dieser Stadt nicht allein mit gewöhnlichen Ketzern zu tun. Nein, hier treibt der Widersacher selbst sein Unwesen. Und er strengt alle ihm zur Verfügung stehenden Kräfte an, gegen uns zu arbeiten. Er diffamiert die Diener der Inquisition, er hetzt das Volk gegen uns auf, und nicht selten sorgt er dafür, dass sich die Angeklagten ihrer Verhaftung und der gerechten Strafe durch Flucht entziehen.«
Karl V. atmete tief ein. »Und Ihr glaubt, einer der Männer aus dem Umfeld des Bischofs könnte …« Er runzelte die Stirn. »Das sind schwere Anschuldigungen.«
»Ihr kennt Sebastian de Guevara nicht, Majestät«, entgegnete der Inquisitor verächtlich. »Der Mann wäre dumm genug , den Teufel nicht von einem Engel zu unterscheiden. Er vertraut jedem, der ihm schmeichelnde Worte einflüstert oder ihm ein reiches Mahl oder einen guten Wein serviert. Aber ich habe Eure Zeit schon viel zu lange in Anspruch genommen .
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