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Die Feuer von Córdoba

Die Feuer von Córdoba

Titel: Die Feuer von Córdoba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
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schließlich nicht auf einer Vergnügungsreise, sondern er war aus einem bestimmten Grund nach Córdoba gerufen worden. »Doch ich muss Euch bitten, diese Besichtigung noch etwas zu vertagen. So weit ich es beurteilen kann, wird mein Aufenthalt hier in der Stadt noch ein wenig andauern, sodass wir die Besichtigung der Kathedrale und den Besuch bei den Beamten auf einen späteren Zeitpunkt verschieben können. Zuerst und vor allem möchte ich mit Pater Giacomo, dem Inquisitor der Stadt, sprechen.«
    Die Reaktion, die diese Worte hervorrief, verblüffte ihn. Der Bischof, der gerade einen großen Schluck aus seinem Glas genommen hatte, verschluckte sich so sehr, dass er den Wein quer über den Tisch spuckte. Er hustete, und sein Gesicht nahm eine ungesunde dunkelviolette Farbe an, während einer der Diener ihm kräftig zwischen die Schulterblätter schlug. Es dauerte eine ganze Weile, bis er sich von dem Anfall so weit erholt hatte, dass er wieder genügend Atem schöpfen konnte, um zu sprechen.
    »Der … Inquisitor?«, keuchte der Bischof, und interessiert beobachtete Karl V., wie das Dunkelviolett in dessen rundem Gesicht mehr und mehr verblasste und einem fahlen Gelb wich. »Was … wollt … Ihr … von … ihm …? Sofern mir diese Frage gestattet ist.«
    »Der Inquisitor hat mich in einem Brief um meine Anwesenheit bei Ketzerprozessen gebeten«, antwortete Karl V. und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. »Ihr wisst ja, dass das Protokoll der Inquisition diese Maßnahme unter Umständen verlangt.«
    »Ja, ja, natürlich, gewiss doch«, beeilte sich der Bischof zu versichern, doch sein Gesicht war immer noch bleich. Und Karl V. begann sich zu fragen, weshalb. Wovor hatte der Bischof Angst? Was ging in dieser Stadt vor? »Aber er … Ich meine, Pater Giacomo hat Euch in dem Brief nicht mitgeteilt , weshalb er Euch hier in der Stadt braucht … Majestät ?«, setzte er nach einer kurzen Pause hinzu, als hätte er für einen Augenblick vergessen, welches Amt sein Gast innehatte .
    Karl V. hob eine Augenbraue. »Nun, ich sagte Euch doch soeben, dass das Protokoll der Inquisition …«
    »Natürlich«, unterbrach ihn der Bischof in einem verärgerten Ton, als wäre sein Gegenüber einer seiner Messdiener und nicht etwa der Kaiser. »Aber ich meine, Ihr wisst nichts Näheres darüber?«
    Karl V. musterte seinen Gastgeber eingehend. Täuschte er sich, oder schwang da neben der üblichen Abneigung, die nicht nur die Bevölkerung, sondern sogar viele Kirchendiener den Mitgliedern der heiligen Inquisition entgegenbrachten, auch Angst in der Stimme des Bischofs mit? Fürchtete er sich vor dem Inquisitor? Aber warum? Gab es dafür etwa einen Grund, den er zu verbergen suchte?
    »Nein«, sagte Karl V., erhob sich und richtete sich zu seiner vollen Größe auf. Es widerstrebte ihm zutiefst, in irgendwelche Intrigen und Ränkespiele verwickelt zu werden, die ihn eigentlich gar nichts angingen. Außerdem verlor er allmählich die Geduld mit diesem plumpen und obendrein noch einfältigen Bischof. Im Grunde war er ruhig, beherrscht und versuchte seinen Untergebenen stets mit Milde und Güte zu begegnen, aber dieser flegelhafte Mann, der am anderen Ende der Tafel hockte wie eine fette Kröte, weckte seine niedersten Instinkte. »Deshalb wünsche ich Pater Giacomo noch heute zu sprechen. Ließe sich das wohl einrichten?«
    Der Bischof sprang hastig auf. Offenbar hatte ihm irgendwer gnädigerweise gesagt, dass niemand sitzen durfte, wenn der Kaiser stand.
    »Ja, natürlich, gewiss, Eure Majestät«, stammelte er und verbeugte sich tief. »Ich werde sofort Boten zu Pater Giacomo schicken, um ihn zu holen, und …«
    »Wo kann ich ihn ungestört empfangen? Ihr habt doch hoffentlich einen für solche Zwecke angemessenen Raum?«
    »Ja, Majestät«, erwiderte der Bischof und knetete nervös seine Hände. »Ihr könnt aber auch …«
    »Zunächst möchte ich mich endlich meiner staubigen Kleider entledigen«, unterbrach Karl V. ihn. »Zeigt mir mein Gemach, und lasst mir eine Kanne frisches Wasser bringen. Sodann, wenn ich mich erfrischt und umgekleidet habe, gestatte ich Euch, mich zum Audienzsaal zu geleiten .«
    Der Bischof nickte. Dann schnippte er mit den Fingern, und sofort kamen zwei junge Burschen herbeigelaufen, die einander fast umschubsten und über ihre eigenen Füße stolperten vor lauter Eifer, den Kaiser zu seinem Schlafgemach zu führen.
    Karl V. verdrehte die Augen, während er den beiden Dienern durch die Flure folgte.

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