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Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition)

Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition)

Titel: Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giuseppe Furno
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ein Biss und das langsame sich Ausbreiten des Giftes
    Genau diese Strategien, die der apostolische Nuntius Facchinetti und der Prokurator Mocenigo gründlich studiert und in Abhandlungen dargelegt hatten, schienen sie jetzt in der Luft lesen zu wollen, während sie durch den wunderbaren Garten spazierten, den Loredana Marcello, Alvise Mocenigos Gattin, an der östlichen Spitze der Giudecca angelegt hatte. Und es stand viel auf dem Spiel, denn beim Geben und Nehmen strebte jeder der beiden danach, ein vorteilhaftes Ergebnis für sich herauszuschlagen. Sie gewährten wenig und forderten viel. Auch darin glichen sie sich, trotz entgegengesetzter Interessen.
    »Seine Heiligkeit hat ausschließlich lobende Worte für Euch gehabt«, sagte Facchinetti halblaut und begleitete den Satz mit einer unmerklichen Verbeugung.
    Mocenigo sah ihn an. »Das freut und beruhigt mich«, erwiderte er lächelnd. Doch sofort fügte er leise hinzu: »Diese Wertschätzung des Heiligen Vaters bleibt bitte unter uns.«
    »Selbstverständlich«, versicherte Facchinetti mit gesenktem Blick.
    Sie verließen den Laubengang und gelangten zu der hohen, am oberen Rand mit Glasscherben bewehrten Mauer, die den Garten nach Süden begrenzte.
    »Wir mussten diese Mauer errichten, um uns vor Dieben zu schützen«, sagte Mocenigo, »jede Nacht kamen sie aus der Lagune, um medizinische Kräuter zu stehlen. Seht Euch diese Vielfalt an: Belladonna, Zahnstocherammei, Holunder, Stephanskraut, Wegwarte   …«
    »Den Garten zu erhalten dürfte Euch ein Vermögen kosten«, unterbrach ihn der Nuntius.
    »Dreihundert Dukaten im Jahr, aber dieses und mehr tue ich für meine Frau«, sagte Mocenigo, die Augen zum Himmel hebend.
    »Wie geht es ihr?«, fragte Facchinetti mit geheucheltem Interesse.
    »Nicht gut«, antwortete Mocenigo bekümmert. »Folgt mir, ich möchte Euch den neuen Brunnen zeigen.«
    Sie schritten über den Kiesweg entlang der Mauer, der Prokurator voran, dahinter der Nuntius.
    »Einst gehörte dieses ganze Stück Land Ermolao Barbaro. Auch er hatte einen botanischen Garten angelegt   …«
    »Patriarch von Aquileia, Philosoph, Botaniker und ein heiliger Mann«, sagte der Nuntius, indem er die Hände faltete und zu Boden blickte.
    »Ein etwas leichtsinniger heiliger Mann«, stichelte Mocenigo.
    »Männern, die sich nicht kontrollieren lassen, vergibt Venedig nicht«, sagte Facchinetti, einen Köder auswerfend.
    »Verleitet mich nicht zu nutzloser Polemik: Beim Konzil von Trient ist Venedig stets auf der Seite Seiner Heiligkeit gewesen. Die erste weltliche Macht, die die tridentinischen Konzilsregeln anerkannt hat. Erscheint Euch das wenig?«
    »Ein diplomatisches Meisterwerk Eurer Politik des Gleichgewichts, das bestätige ich natürlich«, erwiderte der Nuntius.
    »Ihr wisst genau, dass ich auf Eurer Seite bin«, fuhr Mocenigo geschmeichelt fort. »Pius V. hat meine volle Unterstützung bei der Ernennung von Niccolò Ormaneto zum Bischof von Padua.«
    »Werdet Ihr dieses Wunder vollbringen?«, rief Facchinetti begeistert.
    »Nicht ich, sondern der Stand der Dinge. Der Doge und der Rat haben sich von David Passis Brief über die Pläne des Türken durchaus beeindrucken lassen. Zunächst haben sie große Worte gemacht, doch als sie dann unter sich waren, wirkten sie sehr besorgt«, konzedierte Mocenigo.
    »Diese Nachrichten sind die reine Wahrheit«, sagte der Nuntius und versuchte, Mocenigo mit seinen kurzsichtigen Augen scharf anzublicken.
    »Wahr oder falsch, sie haben ihre Wirkung gezeitigt«, dämpfte ihn Mocenigo, sich zu seiner ganzen Größe aufrichtend. »Aber im Senat glauben noch immer viel zu viele an den Frieden. Allen voran dieser Kaufmann Loredan«, fügte er verächtlich hinzu und blieb neben dem Brunnen stehen.
    »Es heißt, dass die Venezianer jeden Türken und Juden aufhängen, den sie in der Stadt antreffen. Sie haben offenbar keine Zweifel, was die Verantwortlichen für das Feuer im Arsenale und die Absichten der Osmanen betrifft«, sagte Facchinetti mit geheuchelter Verwunderung.
    »Karnevalslärm. Prahlereien. Wenn das Volk hungert, denkt man nicht an den Krieg. Außerdem ist Zypern weit«, tönte Mocenigo und spähte dabei verstohlen nach der Reaktion des anderen. Dann hob er den Deckel des Brunnens, ließ einen Eimer am Seil hinab, wartete einen Moment und zog ihn wieder hoch. Er nahm einen Schöpflöffel, der am Brunnenbogen hing, tauchte ihn in den Eimer und reichte ihn dem Nuntius. »Kostet einmal, wie vorzüglich dieses

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