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Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition)

Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition)

Titel: Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giuseppe Furno
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vielleicht«, orakelte Sofia.
    »Komm schon, du würdest mir eine große Freude machen.«
    Sofia wollte gerade antworten, während sie ihm den Staub von den Schultern wischte, da sah sie gegen das klare Licht des Sonnenuntergangs, nicht mehr als zwanzig Schritte entfernt, Andrea. Er lehnte an der hölzernen Brüstung der Paradiso-Brücke und sah zu ihr herüber. Ihr Arm blieb in der Luft hängen, wie der einer hungernden Diebin, die mit dem gestohlenen Brot in der Hand erwischt wird.
    »Ich muss gehen«, sagte sie hastig, indem sie sich die Handflächen säuberte.
    Bernardo richtete sich auf. »Habe ich etwas Falsches gesagt?«, fragte er verwirrt.
    »Aber nein, natürlich nicht. Ich bin nur müde und möchte nach Hause.«
    Er schien nicht überzeugt. »Ich begleite dich, wenn du willst«, und schon hatte er den Korb aufgehoben.
    »Danke, das ist nicht nötig«, wehrte sie steif ab.
    Bernardo hätte gerne noch etwas hinzugefügt, aber Sofia ließ ihm keine Zeit. »Wir sehen uns morgen«, sagte sie mit einem letzten Lächeln.
    »Gut, bis morgen.«
    Bernardo sah ihr hinterher, wie sie sich in dem rosigen Licht entfernte. Er sah sie in den Schatten des Vordachs treten, unter dem sich die Winde für das Hochziehen der Brücke befand, und auf den Stufen des Ponte Paradiso wieder hervorkommen. Dort eilte ihr ein Mann entgegen.

77
    Als sie Andrea auf der Brücke gesehen hatte, war Sofia ein Schrecken in die Glieder gefahren. Sofort hatte sie an Gabriele gedacht und dass ihm etwas Schlimmes geschehen sein musste.
    »Habt Ihr Neuigkeiten?«, fragte sie sofort.
    Andrea, der ihre Bestürzung sah, lächelte ihr zu und berichtete, dass Gabriele aus den Pozzi in das Gefängnis der Giardini verlegt worden sei, was eine Verbesserung der Haftbedingungen bedeute und darauf hoffen lasse, dass man zu einem regulären Ermittlungsverfahren zurückkehren werde. In dem Fall gebe es die Möglichkeit, täglichen Kontakt zu dem Jungen zu halten und eine solide Verteidigungsstrategie aufzubauen.
    »Seht Ihr? Ihr mit Euren Ängsten, dabei müssen wir dem Dogen danken!«, rief Sofia erleichtert und ohne gehässigen Unterton aus.
    Andrea lächelte. Von Granzos Verhaftung sagte er nichts, denn dieses Ereignis, über das man vorerst nur tausenderlei Vermutungen anstellen konnte, lag noch zu kurz zurück und wurde von den Zehn geheim gehalten.
    Andrea, den der Wunsch nach einem Wiedersehen mit Sofia angetrieben hatte, war schon auf dem Weg zum Arsenale bewusst geworden, dass ihm erneut juristische Erklärungen über Gabrieles Situation bevorstanden, auf die er in diesem Moment gerne verzichtet hätte. Und das Unbehagen über die Zweideutigkeit der Situation war umso größer geworden, je länger er über Gabrieles Fall gegrübelt hatte. Wie verblendet musste er sein, wenn er allen Ernstes glaubte, seine Rolle als Anwalt außer Acht lassen und Sofia näherkommen zu können.
    Nachdem die erste Aufregung sich gelegt hatte, kam auch Sofia, während sie Andreas gelehrten juristischen Ausführungen zuhörte, zu der Überzeugung, dass sich hinter diesem Wortschwall etwas anderes verbarg. Zudem wusste sie schon von der Verlegung ihres Sohnes in die Giardini. Der Pförtner des Gerichts der Quarantia, der Trauzeuge ihrer Cousine gewesen war, hatte ihr davon berichtet, doch sie hütete sich, es Andrea zu sagen, um ihn nicht zu enttäuschen. Sie war gerührt, dass er bis zum Arsenale gekommen war und vor dem Tor auf sie gewartet hatte, um ihr die Nachricht zu überbringen.
    Als sie nur noch wenige Schritte von ihrem Haus entfernt waren, fand Sofia endlich den Mut, ihn direkt zu fragen: »Gibt es noch etwas anderes, worüber Ihr mit mir sprechen wollt, Avvocato?«
    Mit seinem beruflichen Titel angesprochen, fühlte Andrea sich weder imstande, ihr zu antworten noch sie zu belügen, also schwieg er.
    »Ich bitte Euch«, flehte sie, »wenn es noch etwas gibt, was Ihr mir über Gabriele sagen müsst, tut es jetzt. Erspart mir dieses Warten.«
    Andrea verfluchte sich, dass er sich in diese Lage gebracht hatte. »Nein, nein, seid unbesorgt, ich habe Euch alles gesagt.«
    »Seid Ihr sicher?«
    »Natürlich! Warum sollte ich Euch etwas verschweigen?« Er fühlte sich wie ein Dummkopf.
    Vor ihrer Haustür angelangt, musste Sofia nur gegen die Tür drücken, damit sie sich knarrend öffnete. »Dann bedanke ich mich. Möge Gott Euch beschützen«, sagte sie und stieg die eine Stufe hinauf, die ihr Zimmer von der Straße trennte.
    Wie schön sie ist, dachte er, als der Wind

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