Toter Mann
ERSTER TEIL
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Das Auto stand da mit laufendem Motor und offenen Türen, die Scheinwerfer auf die Festung am Südufer gerichtet. Eine unwirkliche Szene in der Nacht. Die Fahrbahnen der Brücke gähnten leer. Der Himmel im Westen schien sich endlos auszudehnen. Er schimmerte noch immer rot von der Abenddämmerung, als wollte der gestrige Tag den morgigen Tag nicht loslassen.
Von Norden näherte sich ein anderes Auto. Der Fahrer musste dem stehenden Auto ausweichen. Zwanzig Meter entfernt hielt er an und stieg aus. Er hörte eine Möwe schreien. Es roch nach Öl und Salz und war ganz still, als schwebte die Brücke in einer eigenen Welt. Nur das Geräusch der beiden Motoren war zu hören. Der Mann näherte sich dem Auto. Es schien verlassen, niemand saß darin. Der Fahrersitz war leer. Alle vier Türen standen offen. Sie sahen aus wie Flügel, als wäre das Auto im Begriff, sich in einen Vogel zu verwandeln und von der Brücke abzuheben. Oder in ein riesiges Insekt, schwarz und glänzend. Der Mann sah den Lack aufblitzen, als hätte ein plötzlicher Windstoß die Veränderung bewirkt. Er hörte ein Schiff tuten, vielleicht auch ein Nebelhorn. Unten auf dem Fluss war Leben. Der Nebel war dünn wie Glas. Da ist einer gesprungen, dachte der Mann. Jemand, der unglücklich war und genug hatte, ist hierhergefahren und gesprungen. Das geschah wahrhaftig nicht zum ersten Mal. Die Älvsborgsbrücke ist die Selbstmörderbrücke Nummer eins im ganzen Land. Der Weg hinunter ist weit oder erfolgt von hoch oben, je nachdem, wie man es sieht. Wenn man auf der Wasseroberfläche aufschlägt, ist es, als würde man auf Beton krachen. Von der Brücke zu springen ist eine endgültige Entscheidung. Das ist kein Hilferuf mehr.
Der Mann wählte die Nummer der Zentrale des Landeskriminalamtes. Er erkannte Namen und Stimme des Diensthabenden. »Hallo, hier ist Lars Bergenhem.«
»Hallo, Lars. Du bist aber früh auf.«
»Ich bin auf der Älvsborgsbrücke, bei einem Lexus, leer, der Motor läuft noch, die Türen stehen offen. Ich glaube, da ist einer gesprungen.«
»Wir schicken eine Funkstreife. Wo steht er?« »In südlicher Richtung, hinter dem Buckel.« »Okay, die Streife ist schon unterwegs.«
Kriminalinspektor Lars Bergenhem trat näher an das verlassene Auto heran. Er war nicht im Dienst und nur zufällig in der Morgendämmerung vorbeigekommen. Es war nicht notwendig, eine Erklärung abzugeben. Er wünschte, es wäre so einfach gewesen.
Der Mann versuchte die größten Wasserlachen zu umgehen. Überall waren Pfützen, Tümpel, fast Seen. Er machte einen großen Bogen um eine Pfütze, die tief wirkte. Im Augenblick war kein Verkehr auf der Straße. Seit Stunden lag die Nacht über der Stadt, drückte auf sie nieder. Er überquerte die Fahrbahn. Er war auf dem Weg, einen Mann umzubringen. Die Vergangenheit ist wie ein Mantel, der schwer auf den Schultern lastet. Man musste ihn in jeder Wetterlage tragen. Er warf einen Blick zum Himmel hinauf. Da oben war eine schwarze Hölle, die die ganze Erde bedeckte. Im Augenblick glaubte er nicht daran, dass es dämmerte oder Morgen war, auf der anderen Seite des Erdballs. Überall war Nacht, seine Nacht. Die Nacht eines anderen. Er spürte die Pistole in seiner Tasche. Die Pistole eines anderen. Warum werfe ich sie nicht in eine der Pfützen? Bei diesem miesen Wetter wird sie erst nächsten Sommer entdeckt, vielleicht nicht einmal dann. Es wird weiterregnen. Die Stadt wird ins Meer hinaustreiben. Bis zum Meer ist es nicht weit, es fängt gewissermaßen schon hier an. Der Fluss ist breiter denn je. Ich gehe über den Fluss, er hat die Dämme durchbrochen. Ich gehe über das Wasser. Meine Schuhe haben keine Löcher, trotzdem dringt Wasser ein. Ich fühle doch, wie nass meine Füße sind. Er ist von Westen nach Osten durch das ganze Zentrum gegangen. Ist ihm ein Auto gefolgt? Anfangs. Als er von zu Hause wegging. Über den Kanal. Er hatte das Auto in der Allen gesehen, er war ganz sicher. Bei der Statue war er in eine der Gassen abgebogen. Als er zurückkam, war das Auto weg gewesen. Diese Idioten. Aber es war sinnlos, darüber nachzudenken, reine Energieverschwendung. Er ging weiter zwischen den schwarzen Gebäuden unterhalb der alten Universitätsanlage entlang. Einmal vor langer Zeit hatte er sie voller Hoffnung betreten. Er hatte sich so angestrengt in seinem Studium. Herr im Himmel, was für eine Energieverschwendung. Die Pistole in seiner Tasche fühlte sich gleich leichter an, wenn er an
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