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Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition)

Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition)

Titel: Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giuseppe Furno
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was auf den anderen Booten geschah: Etwa ein Dutzend Männer schickten sich an, zwei Taue einzuholen, die ein Mann im Wasser um etwas befestigte. Es gab ein lautes Stimmengewirr und Armeschwenken. Andrea dachte an ein Schleppnetz, das sich in einem Trümmerstück verfangen hatte. Wieder wendete er mit Hilfe des linken Ruders, denn er wollte im Windschatten sicher an den Booten vorbeifahren und dann zwischen ihnen und der Mauer der Kirche San Zuàne über das stille Gewässer weiterkommen.
    Genau in dem Moment, in dem er im Abstand von nicht mehr als drei Längen seiner Mascaréta an den Booten vorbeifuhr, sah er das Netz aus dem Wasser kommen. »Zieht! Hochziehen! Langsam!« Die Stimmen der Fischer erklangen wild durcheinander, immer lauter und aufgeregter. Und einen Augenblick bevor der triefende Sack auf das Deck des Fischerboots gehievt wurde, löste sich ein Arm aus dem Netz und baumelte in der Luft.
    Den Blick starr auf das Geschehen geheftet, hörte Andrea auf zu rudern und überließ sein Boot dem verbliebenen Schub. DerKörper war nun in Reichweite der Fischer und wurde von dreien ergriffen, während der Mann im Wasser mit Hilfe seiner Gefährten an Bord geholt wurde.
    »Halt fest!«, schrie einer. »Vorsicht, sie ist schwer!«, spornte ein anderer ihn an. »Armes Ding!«
    Wahrscheinlich war es nicht einmal Überlegung, die Andrea antrieb, mit dem rechten Ruder vorwärts und dem linken Ruder gegensteuernd seine Mascaréta mitten in diese von den drei Fischerbooten gebildete hufeisenförmige Bucht zu steuern. Es war Instinkt oder etwas Ähnliches. Jedenfalls begann sein Herz beim Rudern unregelmäßig zu schlagen, und die Vorahnung wurde mächtig wie der Wind kurz zuvor. Aus dem nun auf dem Bootsdeck liegenden Bündel kam ein zweiter Arm hervor, den einer der Fischer hilflos bewegte, während sein Kumpan den Oberkörper anhob. Der Kopf kam aus dem Sack und fiel mit seinen langen, offenen Haaren nach hinten.
    Jetzt war Andrea zwischen den Booten angekommen. Er zog die Riemen aus den Dollen und legte sie zwischen die Bänke der Mascaréta. Dann hielt er sich am Rand des Fischerkahns fest, um den Schub seines Bootes aufzuhalten. Keiner sprach. Einige bekreuzigten sich rasch. Andrea bat nicht einmal um Erlaubnis, an Bord kommen zu dürfen, wie es unter Seeleuten üblich ist. Er schwang sich auf das Fischerboot, zwei Schritte über das Deck, dann kniete er neben der Toten und hob den leblosen Kopf. Er erkannte sie sofort an der Tiefe der Augen, die ihn angeschaut hatten und jetzt dem Tod ins entsetzliche Gesicht blickten.

30
    Der Alte tat mehrere tiefe Atemzüge und genoss die Luft, die nach Schimmel riechend, aber frei aus dem unterirdischen Kanal heraufströmte und die Zelle erfüllte, um sich mit der toten, verpesteten, gefangenen Luft zu vermischen und sie gegendas Guckloch und die Risse im Türchen zu pressen. Die Luftbewegung erzeugte ein dumpfes Geräusch, als würde der prall gefüllte Blasebalg einer Kirchenorgel, Luft ablassend, den ersten Ton erwarten. Der Alte hätte einen ganzen Tag lang so verharren können. Dann dachte er an die Gefahr, in der er schwebte, denn der Wächter konnte jeden Moment draußen vorbeigehen, und sogar im Dunkeln hätte er diesen ungewöhnlichen, fremden Luftzug, diese Liebkosung der Lagune im Gesicht gespürt. Dann hätte er die Tür geöffnet, zu schnell, um den Stein wieder an seinen Platz zu rücken, und das hätte für den Alten das Ende bedeutet.
    Denn »Brüche«, das Graben von Tunneln und die Flucht aus den Pozzi bezahlte man mit dem Leben. Und der Alte hatte in diesem Moment durchaus nicht vor zu fliehen. Der Gedanke gab ihm neue Kraft, er rollte auf die Seite, das Gesicht eine Spanne von der Öffnung entfernt. Er roch die starken Ausdünstungen und hörte das Rascheln tausender Beinchen wie das Rauschen von Kornähren im Wind. Eine Kakerlake kroch mit ruckartigen, umständlichen Bewegungen zwischen den Steinen hervor, erst vorwärts, dann zur Seite, dann rückwärts und wieder nach vorn, dann hielt sie an, schlug mit den Flügeldeckeln und setzte ihren Tanz fort. Der Alte ließ ihr keine Zeit zu weiteren Erkundungen, schob sie zurück in den Spalt, aus dem sie gekommen war, krempelte sich den Hemdsärmel bis zur Achsel auf und versenkte seinen Arm in dem schwarzen Loch. Er begann, die unbekannte Höhle abzutasten, bis seine Hand das Wasser zum Gurgeln brachte und seine Finger an etwas Halt fanden und es umschlossen. Mit unendlicher Vorsicht zog er es hoch, und als

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