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Die Feuer von Troia

Die Feuer von Troia

Titel: Die Feuer von Troia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Kassandra glaubte, sie würden fliehen. Schließlich wendeten sie die Pferde und ritten den Troianern entgegen.
    Kassandra brachte den Esel zum Stehen, machte aber sonst keine Anstalten, sich zurückzuziehen. Sie wußte von früher, daß man bei einem Kentauren nie den Eindruck erwecken sollte, man fürchte ihn, weil er seine Überlegenheit rücksichtslos ausnutzte.
    Sie sagte leise durch die Vorhänge der Sänften: »Ihr wolltet doch Kentauren sehen. Hier ist einer.«
    »Ich?« wehrte Adrea ab, »bestimmt nicht!« streckte aber trotzdem den Kopf durch die Vorhänge. Kara folgte ihrem Beispiel.
    »Was für komische häßliche kleine Männer«, flüsterte sie. »Wie schamlos! Sie sind nackt wie die Tiere.«
    »Warum sollten sie Kleider tragen, wenn niemand da ist, der sie sieht oder den es kümmert? Wenn sie in die Städte reiten, ziehen sie sich etwas an, wenn ihnen danach ist«, sagte Kassandra und blickte auf die näher kommenden Reiter. Der Anführer, ein grauhaariger, knorriger Alter, hatte noch kürzere und krummere Beine als die anderen. Er trug eine Halskette aus Löwenzähnen. Kassandra erkannte ihn, obwohl sein Gesicht so eingefallen und alt war. 
    »Cheiron!« rief sie, und er verbeugte sich, ohne vom Pferd zu steigen.
    »Sei gegrüßt, Nichte der Penthesilea. Als wir uns das letzte Mal trafen, hatten wir Honig von wilden Bienen gefunden. Unser Stamm ist inzwischen arm. Es sind viele, viele Reisende in der Ebene unterwegs. Sie vertreiben die Tiere und zertrampeln die eßbaren Pflanzen. Unsere Ziegen geben nicht einmal für die ganz kleinen Söhne genug Milch. Wir hungern oft.«
    »Wir reiten nach Kolchis«, sagte Kassandra, »kannst du uns den Weg zeigen?«
    »Mit Vergnügen, wenn es dein Wunsch ist«, antwortete der alte Kentaure mit seiner barbarischen Aussprache, »aber wie kommt es, daß du Troia verläßt? Es sieht so aus, als ob die ganze Welt zu diesem Krieg nach Troia reitet…, wenn nicht, um zu kämpfen, dann, um den Kämpfenden der einen oder anderen Seite etwas zu verkaufen.«
    Cheiron hatte so recht, daß es Kassandra sinnlos vorkam, etwas dazu zu sagen.
    Vor der Abreise in Troia hatte sie sich aus der Küche ein halbes Dutzend Laibe Brot geben lassen, da sie wußte, daß die Kentauren weder Getreide anbauten noch Mehl mahlten. Brot war deshalb für sie ein höchst seltener Leckerbissen. Die Brotlaibe wurden ausgepackt und den Kentauren übergeben. Die Augen des kleinen Mannes wurden groß - vor Hunger, dachte Kassandra. Er dankte ihr mit den Worten: »Die Tochter des Priamos ist großzügig. Kämpft dein Gemahl in den großen Schlachten um Troia? Wenn es so ist, werde ich ihm magische Pfeile schenken, die deine Feinde unfehlbar zur Strecke bringen, selbst wenn sie nur die Haut ritzen.«
    »Ich habe keinen Gemahl«, sagte sie, »ich bin dem Sonnengott geweiht und will keinem anderen als IHM dienen. Ich brauche keinen deiner Pfeile, die mit Krötengift bestrichen sind.«
    Der kleine Mann sah sie finster an, dann lehnte er sich zurück und brach in schallendes Gelächter aus. Er tat etwas, was Kassandra nicht sehen konnte, womit er sein Pferd aber dazu brachte zu steigen, zu tänzeln und sich dann zu verneigen.
    »Ha, ha, ha, ha!« lachte er, »die Tochter des Priamos ist klug und gut. Kein Mann von meinem Volk wird ihr oder etwas, das ihr gehört, Schaden zufügen, während sie durch mein Land reitet. nicht einmal den alten Frauen, die mich verstohlen und lüstern hinter ihren Vorhängen anstarren! Aber wenn du die alten Kröten nicht brauchst, gib sie meinen Männern. Sie taugen nicht zum Bums - Bums«, er unterstrich die Worte mit einer eindeutigen, obszönen Geste, »aber wir könnten sie kochen und Pfeilgift daraus machen. Ha, ha, ha, ha!«
    Kassandra mußte sich beherrschen, um nicht ebenfalls laut zu lachen.
    »Aber nein! Ich will nicht ohne meine Frauen reiten. Sie sind mir von Nutzen«, erwiderte sie, »und mit jungen und hübschen würde ich nicht durch dein Land reisen.«
    »Oh! Wie schlau!« rief er, wendete das Pferd und ritt schnell davon.
    Sie hob die Hand, um ihm zu bedeuten, daß sie noch etwas sagen wollte. Er wendete das Pferd wieder und ritt auf sie zu, blieb aber in einiger Entfernung stehen. Sie fragte: »Weiß der kluge Führer des Pferdevolks, wo Penthesileas Frauen in diesem Sommer ihre Stuten weiden?«
    Er wies in eine Richtung und gab ihr eine kurze Erklärung. Da es kein großer Umweg war, beschloß Kassandra, in die angegebene Richtung zu reiten. Sie verabschiedete

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