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Die Feuer von Troia

Die Feuer von Troia

Titel: Die Feuer von Troia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Kassandra die Goldene Aphrodite.
    Hera zog die Augenbrauen hoch und sagte: »Deine Rituale sind nicht die Rituale der rechtmäßigen Ehe. «
    »Nein, und ich bin stolz darauf«, antwortete Aphrodite, »denn deine Rituale sind nur die lästigen Bande von Gesetz und Pflicht. Paris und Helena huldigen der wahren Liebe, und ich stehe auf ihrer Seite.«
    »Das kannst du meinetwegen tun«, erwiderte Hera. »Aber ich bin die Königin der Unsterblichen und habe das Recht, die Zerstörung Troias zu fordern.«
    Ihre heftigen und streitsüchtigen Worte hörte Zeus mit Verdruß. So gequält wirkte Priamos, wenn seine Frauen sich stritten. Er sagte: »Meine liebe Hera, niemand stellt dein Recht in Frage, das zu fordern. Aber es muß richtig geschehen. Wir können die Stadt nicht einfach dem Erdboden gleichmachen. Wenn die Troianer ihre Stadt verteidigen können, darf man sie ihnen nicht nehmen. Athene . .«
    Kassandra sah die kriegerische Jungfrau mit dem Helm; ihr Speer blitzte gefährlich wie der einer Amazone, als Zeus sie zu sich winkte. Aber die königliche Hera ergriff bereits wieder das Wort.
    »Geh, mein Kind, und schenke den Achaiern deinen Rat. Sie sind entmutigt und wollen aufgeben. Befehle ihnen, den Kampf wieder aufzunehmen, und versichere ihnen, daß ich, Hera, nicht zulassen werde, daß sie unterliegen.«
    »Das scheint mir gegen alle Vernunft zu sein«, sagte die große, ernste Athene freundlich. »Die Troianer haben kein Unrecht begangen. Die Achaier dagegen sind stolz und überheblich. Ich sage dir, wenn du ihnen Troia überläßt, werden sie in ihrem Stolz und ihrer Verruchtheit so viele sündhafte Dinge tun, daß sie sich gegen jeden Gott vergehen, der den Menschen bekannt ist. Aber mir bleibt natürlich keine Wahl, als dir zu gehorchen, Königin.« Sie verneigte sich vor Hera und flog davon. Kassandra beobachtete den flammenden Helm, der wie ein Komet aussah, und stand plötzlich neben Athene auf der weiten Ebene vor Troia. Ein großer weißer Hengst versperrte der Göttin den Weg ins Lager der Achaier.
    Athene fragte: »Poseidon, Erderschütterer, was willst du hier?« Das Pferd verschwamm wie ein Bild unter Wasser, wurde zuerst ein Kentaur - halb Mann, halb Pferd - und dann ein großer, starker Mann mit Haaren aus Seetang.
    Poseidon, der Bruder des Zeus, schien mit der donnernden Stimme seines göttlichen Bruders zu sprechen.
    »Du bist geschickt worden, um meine Stadt zu verraten. Ich werde nicht zulassen, daß du das Lager der Achaier betrittst.« Beim Sprechen stampfte er mit dem Fuß auf. Ein mächtiger rollender Donner folgte, und die Erde bebte …
    Kassandra erwachte im Hof der Schlangen; die beiden Kinder schliefen an ihrer Seite. Aber die Erde bewegte sich wie Wasser, und sie hörte Donner - oder stampfte Poseidon mit dem Fuß auf? Kassandra schrie, Biene erwachte und begann zu weinen. Sie drückte das Kind schützend an sich und sah mit Schrecken, wie der große Torbogen im grauen Morgenlicht hin und her schwankte, ehe er laut krachend einstürzte.
    In der Ecke des Hofs stand eine Lampe; sie schwankte, fiel um, und eine Flamme züngelte aus dem Tuch, auf dem sie gestanden hatte. Kassandra sprang auf und löschte das Feuer. Überall im Tempel hörte man angstvolle Rufe und Entsetzensschreie. Die Erde bäumte sich auf, eine breite Spalte öffnete sich mitten im Hof und schloß sich blitzschnell wieder. Kassandra beobachtete stumm, was um sie herum geschah, und spürte, wie sich eine große Last in ihrem Kopf auflöste. Es war soweit; sie war davon befreit.
    Hätte Poseidon Troia verschont, wenn die Troianer IHM ein Opfer gebracht hätten? Kassandra wußte es nicht; sie konnte es nicht einmal erraten. Sie stellte den Wasserkrug ab, mit dem sie die Flamme gelöscht hatte, und lief durch die Höfe. Mehrere Gebäude waren tatsächlich eingestürzt, darunter auch das Haus, in dem die jungfräulichen Priesterinnen normalerweise schliefen. Auch der Mauerpfosten war mit einem der Bronzetore umgefallen. Der andere Torflügel hing mit verbogenen Beschlägen schief in der Luft. Der Tempel war zerstört. Durch eine Lücke in der Mauer blickte Kassandra auf die Stadt hinunter. Häuser waren nur noch Schutt und Geröll, und überall loderten Flammen. Sollte sie zum Palast laufen? Nein, sie hatte alle dort gewarnt, und Priamos hatte jedem verboten, auf sie zu hören. Weder der König noch Paris wären besonders erfreut, wenn sie jetzt erscheinen würde und alle daran erinnerte: »Ich habe es euch gesagt.«
    Warum

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