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Die Feuer von Troia

Die Feuer von Troia

Titel: Die Feuer von Troia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Als sie Kassandra sah, sprang sie auf und eilte ihr entgegen.
    »Aphrodite sei Dank, daß du da bist. Vielleicht hört er auf dich, denn auf mich will er nicht hören«, flüsterte sie.
    Kassandra entfernte das Tuch auf der Wunde. Der Oberarm war dick geschwollen; aus der geschlossenen Wunde sickerte eine klare Flüssigkeit. Der Arm war blaurot, und in Richtung des Handgelenks zogen sich rote Streifen.
    Kassandra stockte der Atem; eine solche Pfeilwunde hatte sie noch nie gesehen. Sie fragte: »Haben die Apollonpriester die Wunde behandelt?«
    »Sie waren heute nacht zweimal hier und haben mir gesagt, ich soll die Wunde mit heißem Wasser waschen. Außerdem sagten sie, vermutlich müßte man sie mit einem heißen Eisen ausbrennen. Aber ich brachte es nicht über mich, ihn so leiden zu lassen, denn sie konnten nicht versprechen, daß es helfen werde. Aber seit einer Stunde hat sich sein Zustand verschlechtert, und er erkennt mich nicht mehr. Erst vor ein paar Minuten hat er seine Diener angeschrien, sie sollten seine Rüstung bringen, und er drohte, sie auspeitschen zu lassen, wenn sie ihm beim Aufstehen nicht helfen und ihm die Rüstung anlegen würden.«
    »Das ist nicht gut«, sagte Kassandra. »Ich habe schlimmere Wunden heilen sehen, aber… «
    »Hätte ich sie ausbrennen lassen sollen?«
    »Nein. Ich hätte vorgeschlagen, sie mit Wein und Öl zu verbinden. Manchmal hilft auch ein Umschlag aus verschimmeltem Brot oder Spinnweben«, sagte sie. »Die Heiler sind immer viel zu schnell mit ihrem glühenden Eisen zur Hand. Ich hätte die Wunde gestern abend vielleicht aufgeschnitten, damit sie blutet, aber mehr nicht. Jetzt ist es dazu zu spät. Die Entzündung hat sich ausgebreitet, und entweder überlebt er es, oder er stirbt. Aber sei nicht verzweifelt«, fügte sie schnell hinzu, »Paris ist jung und stark, und wie gesagt, ich habe schwerere Wunden heilen sehen.«
    »Kann man denn nichts tun?« fragte Helena. »Deine Magie …« 
    »Leider habe ich keine Heilmagie«, sagte Kassandra. »Ich werde beten, mehr kann ich nicht tun.« Zögernd fügte sie hinzu. »Die Flußpriesterin Oenone - sie hatte magische Heilkräfte.«
    Helena sprang erregt auf.
    »Kannst du sie nicht kommen lassen?« flehte sie. »Bitte sie, zu kommen und meinen Gemahl zu heilen. Ich verspreche, sie soll bekommen, was immer sie fordert.«
    Das einzige, was sie sich wünscht, hast du ihr genommen , dachte Kassandra. Sie sagte: »lch werde einen Boten zu ihr schicken. Aber versprechen kann ich nicht, daß sie kommen wird.«
    »Wenn sie ihn einmal geliebt hat, kann sie doch nicht so grausam sein, ihm jetzt ihre Hilfe zu verweigern, wenn das seinen Tod bedeuten könnte?«
    »Ich weiß es nicht, Helena«, erwiderte Kassandra. »Sie hat den Palast in großer Bitterkeit verlassen.«
    »Wenn es sein muß, werde ich, die Königin von Sparta, Asche auf mein Haupt streuen und vor ihr auf die Knie fallen«, erklärte Helena. »Soll ich zu Oenone gehen?«
    »Nein, ich kenne sie. Ich werde gehen«, lehnte Kassandra ab. »Bete und opfere Aphrodite, die dir wohlgesonnen ist.« 
    Helena umarmte sie und fragte ängstlich: »Kassandra, du wünschst mir doch sicher nichts Böses? So viele Troianerinnen hassen mich. Ich sehe es an ihren Augen und höre es an ihren Stimmen…« Helena klang beinahe wie ein kleines Kind, und Kassandra strich ihr sanft über die Wange.
    »Helena, ich wünsche dir nur das Beste, das schwöre ich dir«, sagte sie leise.
    »Aber als ich nach Troia kam, hast du mich verflucht… «
    »Nein«, widersprach Kassandra. »Ich habe nur richtig vorausgesagt, daß du Leid über uns bringen wirst. Ich habe das Böse gesehen, aber das bedeutet nicht, daß du es verursacht hast. Es ist das Werk der Unsterblichen, weder mein Werk noch dein Werk. Niemand kann seinem Schicksal entfliehen. Ich gehe jetzt zum Skamander und versuche, Oenone zu finden. Ich werde sie anflehen, in den Palast zu kommen und Paris zuheilen.«
    Als Kassandra den Palast verließ, begegnete ihr Khryse. Sie sah ihn überrascht an. Sie hatte an diesem Morgen vergessen, was er gesagt hatte, und nicht weiter über ihn nachgedacht.
    »Wolltest du nicht mit dem phönizischen Schiff nach Kreta oder Ägypten fahren?« fragte sie. »Wieso bist du noch hier?«
    »Vielleicht gibt es noch etwas, was ich für die Stadt tun kann, die mir Schutz gewährt hat, oder für Priamos, der mein König war«, erwiderte Khryse. »Wer weiß, vielleicht auch für dich.«
    »Meinetwegen solltest du nicht

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