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Die Feuer von Troia

Die Feuer von Troia

Titel: Die Feuer von Troia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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sechs, also haben wir nichts verloren. « »Ich glaube nicht, daß sie dem Gott auch nur halb so nützen, wie sie unseren Truppen nützen würden«, brummte Paris immer noch mißmutig. Aber wenn Priamos einmal etwas beschlossen hatte, konnte niemand etwas daran ändern.
    Am nächsten Morgen wurden die Pferde dem Poseidon geopfert. Kassandra sah dem Ritual besorgt zu. Priamos besaß nicht mehr die nötige Kraft. Sie erinnerte sich an solche Opfer in ihrer Kindheit, als Priamos stark und kräftig genug gewesen war, um einem Stier mit einem einzigen Schlag den Kopf abzuhauen. Jetzt konnte er mit den zitternden Händen die Axt kaum noch halten. Nachdem er sie gesegnet hatte, übergab er sie einem starken jungen Priester, der das Opfer unter Anrufung Poseidons vollendete.
    Als das sechste Pferd auf den Boden stürzte, also in der Mitte des Opfers, hörte man ein leises Geräusch wie ein fernes Donnergrollen, und die Erde unter ihren Füßen bebte leicht. Ein Vorzeichen? fragte sich Kassandra. Oder nahm Poseidon damit das Opfer an?  Apollon, Sonnengott! flehte sie. Kannst DU diese Stadt nicht retten, die so lange DEINE Stadt war, auch wenn DU sie der Schlangenmutter genommen hast?
    Die Sonnenstrahlen trafen ihre Augen, und die vertraute Stimme schien in ihren Ohren zu dröhnen wie die ferne Brandung.
    Selbst ICH kann mich dem nicht widersetzen, was Zeus bestimmt hat, mein Kind. Was kommen soll, muß kommen.
    Das Opfer nahm seinen Verlauf, aber sie sah nicht länger zu. Apollon mußte hilflos zusehen, wie der Erderschütterer die Stadt zerstörte - SEINE STADT! Was nützte es, Poseidon zu opfern, wenn Zeus IHN dazu verpflichtet hatte, Troia und die Troianer zu vernichten?  Zeus ist nicht nein Gott und keiner von Troias Göttern!
    Wenn ohnehin alles vorbestimmt war, weshalb sollte man dann den Unsterblichen opfern und SIE um Hilfe anflehen? Trotz regte sich in ihr, der nie mehr völlig verstummen sollte. Die alte Frage war immer noch unbeantwortet:  Was nützen diese neuen Götter?  Hoch über der Stadt schienen sich zwei mächtige Gestalten aus Wolken und Wind wie Ringkämpfer gegenüberzustehen - diesen Kampf hatte Kassandra in der Vision bereits gesehen. Sie rangen unter Blitz und Donner miteinander. Das Getöse schlug in ihr Bewußtsein. Kassandra schwankte, ohne den Blick von den kämpfenden Unsterblichen zu wenden.
    Dann stürzte sie, verlor aber das Bewußtsein, ehe sie den Aufprall spürte.
    Als sie zu sich kam, lag ihr Kopf in Hekabes Schoß.
    »Du hättest nicht in die Mittagssonne gehen dürfen«, tadelte Hekabe sie sanft, »es war nicht richtig, das Opfer zu stören.«
    »Ach, ich glaube nicht, daß es den Göttern viel ausgemacht hat«, flüsterte Kassandra und richtete sich trotz des stechenden Schmerzes hinter den Augen auf. »Bist du nicht auch der Meinung?« Aber sie sah den leicht verwirrten Gesichtsausdruck ihrer Mutter und war sicher, daß die Königin nicht verstand, wovon sie redete. Sie wußte es selbst nicht genau. »Es tut mir leid. Das sollte natürlich keine Mißachtung der Götter sein. Wir sind alle hier, um SIE zu ehren. Glaubst du, IHRE Ehre wird verlangen, daß SIE die Gefälligkeit erwidern?« Aber sie entdeckte in Hekabes Augen nur den altbekannten Blick, aus dem sprach:  Ich verstehe dich nicht.
    »Was im Namen der Götter haben sie da draußen vor?« fragte Helena.
    »Polyxena hat gehört, daß sie einen Altar für Poseidon bauen«, erwiderte Kassandra.
    Man hatte den Eindruck, daß auf dem freien Feld vor der Stadtmauer, die schon so lange als Schlachtfeld diente, das ganze achäische Heer damit beschäftigt war, Holz herbeizuschleppen. Unter dem Schutz einer undurchdringlichen Wand aus zusammengebundenen Lederschilden wurde in größter Eile gehämmert und gesägt.
    »Es ist ein Plan ihrer Priester«, erklärte Khryse, der zu den Frauen trat.
    Auch Paris erschien, beugte sich über die Hand seiner Mutter und küßte sie.
    »Einen solchen Altar habe ich noch nie gesehen«, berichtete er. »Es sieht mir eher nach einer Vorrichtung aus, mit der sie angreifen
    wollen. Wenn sie es hoch genug bauen, können sie über die Stadtmauer schießen oder sogar darüber klettern und in die Stadt eindringen wie Seeräuber, die ein Schiff entern.«
    Der Klang seiner Stimme beunruhigte Hekabe, und sie fragte: »Hast du mit Hektor darüber gesprochen?«
    Paris senkte den Kopf und wandte sich ab. Kassandra sah, daß in seinen Augen Tränen standen. »Wie soll man es ertragen, wenn sie so redet«,

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