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Die Feuer von Troia

Die Feuer von Troia

Titel: Die Feuer von Troia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Das würde mit Sicherheit geschehen, wenn er glaubte, sie denke an Flucht.
    Glaubt er wirklich, daß ich ihn lieben und ihm als meinem Gemahl gehorchen werde, nachdem er meine Brüder und meine Eltern getötet und meine Stadt zerstört hat?
    Offenbar dachte er genau das.
    »Möchtest du noch ein paar Trauben?« fragte er und nahm eine vom Tablett. Kassandra nickte und aß noch ein paar Beeren. Sie begann zu sprechen, aber da sie bis jetzt stumm geblieben war, versagte ihr die Stimme. Sie mußte sich zweimal räuspern, ehe sie ein Wort hervorbrachte.
    »Wie lange werden wir noch auf dem Schiff sein?«
    Er wirkte verblüfft, als habe er sich an ihr Schweigen gewöhnt und glaube beinahe, sie könne nicht sprechen. Aber er antwortete liebenswürdig: »Ich kann gut verstehen, daß du von dieser Fahrt genug hast. Man kann nie im voraus sagen, wie lange die Reise dauert. Bei guten Winden und schönem Wetter sind wir vielleicht am Ziel, ehe der Mond sich noch zweimal gefüllt hat. Bei schlechtem Wetter und Gegenwind kommen wir möglicherweise erst mitten im Winter an. «
    Sie wünschte, sie hätte nicht gefragt. Der Gedanke an zwei weitere Monde auf dem Schiff ängstigte sie. Was würde mit ihr geschehen, wenn sie Mykenai erreichten?
    Er mußte diesen Gedanken in ihrem Gesicht gelesen haben, denn er sagte beruhigend: »Fürchte dich nicht, meine Gemahlin Klytaimnestra ist eine gütige Königin. Sie würde eine ehemalige Prinzessin von Troia niemals schlecht behandeln. Sie glaubt nicht, ihre königliche Macht unter Beweis stellen zu müssen, indem sie andere die Unterlegenheit spüren läßt. Jeder in unserem Haus, sei er nun Diener oder Sklave, wird behandelt, wie es die Sitte fordert - nicht besser oder schlechter. «
    Es wäre Kassandra nie in den Sinn gekommen, sich vor Klytaimnestra zu fürchten. Sie war Helenas Zwillingsschwester; Kassandra hatte Helena geliebt und in ihr eine Freundin gefunden. Plötzlich begriff sie, daß Agamemnon Angst vor seiner Frau hatte, und deshalb glaubte er, Kassandra fürchte sich vor ihr.
    Hatte er Angst, weil sie die Königin des Landes war, und er nur als ihr Gefährte der König geworden war? Möglicherweise zürnte sie ihm immer noch wegen der üblen List, mit der Agamemnon ihre Tochter Iphigenie geopfert hatte. Schließlich war Iphigenie ihre älteste Tochter gewesen, und Klytaimnestra hatte sie als Thronfolgerin bestimmt.
    Kassandra dachte an alte, derbe Witze über zänkische Frauen, die ihre betrunkenen oder liederlichen Ehemänner beim Nachhause-kommen mit der Teigrolle oder dem Dreschflegel begrüßten. Fürchtete Agamemnon einen solchen Empfang?
    Sie sah ihn an und erkannte, daß die Furcht tiefer saß und schwärzer war. Flüchtig kam es ihr vor, als sei sein Gesicht mit Blut verschmiert, das sich nicht mehr abwaschen ließ. Sie sagte sich, es sei nur das Licht der untergehenden Sonne. Und wenn sie tatsächlich Blut sah, war das ein Wunder? Agamemnon war ein blutrünstiger Mann, ein Krieger, der in seinem langen Leben zahllose Menschen erschlagen hatte.
    Sie legte die Traube beiseite und verlagerte das Gewicht. Die schreckliche Übelkeit, die sie kurze Zeit verschont hatte, kam zurück. Seufzend schleppte sie sich zurück in das Zelt und war froh, wieder liegen zu können. Sie war schwanger - entweder von Agamemnon oder von Ajax, und früher oder später würde er es erfahren müssen.
    In dieser Nacht änderte sich das Wetter. Ein Nordwind kam auf und beutelte das Schiff so sehr, daß die hohen Wellen das Zelt an Deck überfluteten, selbst nachdem das Segel eingeholt worden war. Agamemnon gab Befehl, alles festzubinden. Das Rollen und Schwanken des Schiffs machte Kassandra so krank, daß sie sich nicht einmal fürchtete. Sie klammerte sich an ein Seil, das Agamemnon um sie geschlungen hatte, übergab sich immer wieder und wünschte dann, das Schiff würde auf Klippen auflaufen, oder die Wogen würden das Zelt über Bord spülen, damit sie ertrank und endlich Frieden fand.
    Der Sturm dauerte viele Tage, und selbst, als er nachließ, wollte sie nur an Deck liegen, als sei sie tot. Ihre einzige Hoffnung bestand darin, der Aufruhr der Gewalten würde eine Fehlgeburt bewirken. Aber das geschah nicht. Zorn wechselte mit Verzweiflung. Was sollte sie mit einem Kind in der Sklaverei - einen Sohn als Sklaven Agamemnons erziehen?
    Schließlich kam der Tag, als Agamemnon sie prüfend ansah und sagte: »Du bist schwanger.«
    Sie nickte mißmutig, ohne ihn anzusehen. Aber er lächelte und

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