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Die Feuer von Troia

Die Feuer von Troia

Titel: Die Feuer von Troia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Wir wollen nichts anderes, als im Frühling zu unseren Weiden zurückkehren.«
    Kassandra folgte der Unterhaltung nicht mehr; sie war völlig mit der Schlange beschäftigt, die sich um ihren Arm ringelte und dann vorne in ihr Kleid glitt und sich warm zwischen ihren Brüsten zusammenrollte. Sie sah einer der Sklavinnen zu, die mit drei goldenen Bällen jonglierte und staunte, wie der Frau das Kunststück gelang. Als sie ihre Aufmerksamkeit wieder den beiden Königinnen zuwandte, umarmte Penthesilea gerade Imandra, und die Königin von Kolchis sagte: »Ich rechne mit deinen Kriegerinnen. Die Karawane ist in wenigen Tagen abmarschbereit, denn die Schiffe müssen bald wieder zu den geheimen Bergwerken im Norden auslaufen. Meine Wachen bringen dich zu dem Platz zurück, wo deine Frauen lagern. Die Göttin schenke euch eine gute Nacht. Auch dir, meine kleine Verwandte.« Dann streckte sie die Hand aus. »Meine Schlange hat mich verlassen. Sag ihr, sie soll zu mir zurückkommen, Kassandra.«
    Mit leichtem Bedauern griff Kassandra in den Ausschnitt und hob die Schlange heraus, die sich über die Hand hängen ließ und locker um das Handgelenk ringelte. Sie löste die Schlange unbeholfen mit der anderen Hand.
    »Du mußt zurückkommen und wieder mit ihr spielen. Wenn ich jemanden auffordere, sie für mich zu halten, beißt sie normalerweise. Aber sie hat sich mit dir angefreundet, als seist du eine Priesterin. Wirst du mich besuchen?«
    »Sehr gern«, murmelte Kassandra, und Imandra nahm die Schlange an sich, die schnell an ihrem Arm hochglitt und im Kleid der Königin verschwand.
    »Dann, Tochter der Hekabe, werde ich dich bald wiedersehen. Leb wohl. «
    Als die beiden Frauen den Palast verließen, folgten zwei Schritte hinter ihnen die Wächterinnen. Kassandra kam sich eher wie eine Gefangene vor, weniger als ein Ehrengast, der beschützt wurde. Während sie jedoch durch die belebten Straßen gingen, hörte sie in den Gassen den Lärm von Schlägereien, und einmal sogar einen unterdrückten Schrei. Sie dachte, es sei hier in dieser fremden Stadt vielleicht doch nicht ganz so ungefährlich für zwei Fremde, die keine Bewohnerinnen von Kolchis waren.

9
    Zehn Tage später verließ Penthesilea Kolchis mit einer Gruppe ausgewählter bewaffneter Amazonen, darunter auch Kassandra. Sie begleiteten die Karawane mit dem Zinn, das von den Schiffen im Hafen entladen worden war, auf dem Weg nach Süden in das ferne Land der Hethiterkönige.
    Kassandra dachte an die Worte der Göttin: »Bleibt dort, bis die Frühlingssterne fallen.« Mißachtete Penthesilea den Befehl der Göttin? Aber es stand ihr nicht zu, solche Fragen zu stellen. Über ihrer Schulter hing ein skythischer Bogen aus zwei Hörnern mit einer Sehne aus geflochtenem Roßhaar. An der Seite trug sie den kurzen Speer mit der Metallspitze der Amazonenkriegerin. Neben ihr ritt Stern, und Kassandra dachte daran, daß auch ihre Freundin noch nicht in der Schlacht gekämpft hatte.
    Aber es schien ein sehr friedlicher Morgen zu sein. Blasse Sonnenstrahlen ließen die helle klare Luft schimmern, ein paar Wolken zogen schnell über den Himmel. Die Pferdehufe klangen gedämpft im Gegensatz zu dem lauten Gerumpel der schwerfälligen Wagen, die je von zwei Maultiergespannen gezogen wurden und mit verschnürten Bündeln und unförmigen Barren des stumpfglänzenden Metalls hochbeladen und mit schwarzen festen Planen abgedeckt waren.
    Am Abend zuvor hatte sie mit anderen Kriegerinnen beobachtet, wie die Wagen abfahrbereit gemacht worden waren, und als sie an die tiefschwarzen Eisenbarren, an die stumpfgrauen Zinnklumpen dachte, wunderte sie sich, daß dieses häßliche Zeug so wertvoll sein sollte. In den Tiefen der Erde gab es doch sicher genug Erze, daß alle Menschen davon haben konnten. Weshalb sollten Männer - und Frauen - Krieg darum führen? Wenn es nicht genug Metall für die gab, die mehr haben wollten, wäre es doch ein leichtes, mehr abzubauen…. Doch Königin Imandra schien sehr stolz darauf zu sein, daß es nicht genug Metall für alle gab.
    An diesem Tag geschah wenig; die Amazonen ritten gezwungenermaßen im langsamen Tempo der schwerfälligen Wagen hintereinander über die weite Ebene. Kassandra ritt neben einer der Schmiedinnen von Kolchis und unterhielt sich mit ihr über das ungewöhnliche Handwerk. Zu ihrer Überraschung erfuhr sie, daß die Frau verheiratet war und drei erwachsene Söhne hatte.
    »Und ich habe keine Tochter, der ich mein Handwerk weitergeben

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