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Die Feuer von Troia

Die Feuer von Troia

Titel: Die Feuer von Troia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Kassandra, »ich glaube, die Männer erzählen diese Geschichten, weil sie sich nur ungern vorstellen, daß irgendeine Frau ihnen widerstehen könnte. Sie wollen nicht glauben, daß selbst eine Göttin sich dafür entscheidet, keusch zu bleiben.«
    »Nun ja, ich glaube, sie haben recht«, sagte Stern, »jede Frau wünscht sich, bei einem Mann zu liegen - nur bei uns ist eine Frau nicht dazu verpflichtet, bei einem Mann zu bleiben, ihm das Haus zu führen und ihm seine Wünsche zu erfüllen. Aber ohne Männer hätten wir auch keine Kinder. Ich bin sehr darauf aus, mir meinen ersten zu wählen. Und trotz deines ganzen Geredes bin ich sicher, daß du dich nicht von uns unterscheidest.«
    Kassandra erinnerte sich an den barbarischen Hirten, der sie beinahe geschändet hätte, und ihr wurde übel. Hier bei den Amazonen würde zumindest niemand darauf bestehen, daß sie sich einem Mann hingab, wenn sie es nicht wollte. Sie konnte sich nicht vorstellen, warum eine Frau so etwas wollen sollte.
    »Für dich ist es etwas anderes, Kassandra«, sagte Stern, »du bist eine troianische Prinzessin, und dein Vater wird dich mit jedem Mann verheiraten, den du willst - mit einem König, einem Prinzen oder einem Helden. Für mich gibt es nichts dergleichen.«
    »Aber wenn du einen Mann willst«, fragte Kassandra, »weshalb reitest du dann mit den Amazonen?«
    »Ich hatte keine andere Wahl«, erwiderte Stern, »ich bin nicht Amazone, weil ich mir das gewünscht hätte, sondern weil meine Mutter und davor ihre Mutter sich für dieses Leben entschieden haben. «
    Kassandra sagte: »Ich kann mir kein besseres Leben vorstellen.« 
    »Dann hast du wenig Phantasie«, sagte Stern, »denn beinahe jedes Leben, das ich mir vorstellen kann, wäre besser als das. Ich bin lieber Kriegerin als eine Frau im Dorf mit gebrochenen Fußknöcheln. Aber ich würde lieber in einer Stadt wie Kolchis leben und mir einen Mann suchen, als Kriegerin zu sein.«
    Das klang nicht nach einem Leben, das Kassandra sich wünschte, und sie wußte nicht, was sie darauf erwidern sollte. Deshalb beobachtete sie wieder, wie das Bündel auf dem Wagen sich langsam verschob, und sie war beinahe im Sattel eingeschlafen, als ein schriller Schrei sie aufschreckte. Der Wagenlenker stürzte der Länge nach zu Boden. In seinem Hals steckte ein Pfeil.
    Penthesilea rief ihre Frauen zusammen. Kassandra nahm ihren Bogen schnell von der Schulter, legte einen Pfeil auf die Sehne und zielte auf den nächsten der zerlumpten Männer, von denen es plötzlich auf der Ebene wimmelte, als seien sie wie Drachenzähne aus dem Sand geschossen. Der Pfeil traf sein Ziel. Der Mann, der neben dem Lenker auf den Wagen gesprungen war, fiel mit einem Aufschrei zurück. Gleichzeitig stürzte das schwere Bündel mit dem Metall auf den steinigen Weg und zerschmetterte einen der Angreifer, der auf den Wagen klettern wollte. Mann und Metall rollten den Abhang hinunter. Eine Kriegerin sprang vom Pferd, rannte zu dem Mann und stieß ihm den kurzen Speer in den Leib. Einer der Männer, die neben den Pferden her rannten, packte Kassandras Sattelgurt und zog an ihrem Bein. Sie trat nach ihm, aber er zerrte sie vom Pferd. Blitzschnell griff sie nach ihrem Dolch.
    Sie stieß nach oben, und der Mann fiel auf sie. Aus seinem Mund quoll Blut. Sie stieß noch einmal zu, und er blieb leblos auf ihr liegen. Sie versuchte mit ganzer Kraft, sich von der Last zu befreien. Eine Speerspitze richtete sich auf ihren Hals. Sie hob die Dolchklinge hoch, um die Spitze abzuwehren, und spürte im nächsten Augenblick einen stechenden Schmerz an der Wange.
    Eine Männerhand packte sie am Ellbogen. Sie rammte dem Mann den Ellbogen in den Mund und spürte Blut und einen Zahn auf ihrem Gesicht. Über die Schulter hinweg sah sie, daß viele Männer sich an dem Metall zu schaffen machten und die Bündel auf den Boden warfen. Irgendwo hörte sie Stern aufschreien und das Surren vieler Pfeile. Um sie herum ertönte der schrille Schlachtruf der Amazonen. Kassandra stieß mit dem Speer zu, und der Angreifer sank tot zu Boden. Sie riß den Speer aus seinem Leib und sah Blut und Eingeweide daran hängen. Hastig griff sie wieder zum Bogen und schoß auf die Angreifer. Aber bei jedem Pfeil fürchtete sie, er könne eine ihrer Gefährtinnen treffen.
    Dann war alles vorbei. Penthesilea rannte zu einem Wagen und gab ihren Frauen ein Zeichen, sich um sie zu scharen. Kassandra eilte zu ihrer Stute, die erstaunlicherweise trotz des Pfeilhagels unverletzt

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