Die Feuerbraut
Fanny als Zofe mitnehmen. Sollten Ehrentraud, Johanna und ich länger in Passau bleiben, werde ich meine eigene Leibmagd holen lassen. Bis dorthin werden wir uns mit den Dienstboten hier in der Herberge begnügen müssen.«
Während Irmela verwundert aufschaute, konnte Johanna ihre Enttäuschung nicht verbergen. Die aufregenden jungen Männer, die in ihren Augen als Bewerber um ihre Hand in Frage kamen, dienten im Heer oder bei Wallensteins Stab. »Warum fahren wir nicht gemeinsam nach Böhmen zu Herrn von Wallenstein?«
Helene konnte ihr nicht sagen, dass die meisten Offiziere annehmen würden, sie käme ins Hauptquartier, um ihre Tochter insGeschäft einzuführen. Daher reagierte sie noch schroffer, als Johanna es von ihr gewohnt war.
»Du bleibst bei mir, verstanden! Irmela wird nicht allein fahren. Herr Steglinger kennt gewiss eine Dame, die sich freuen wird, sie begleiten zu dürfen. Damit ist der Schicklichkeit Genüge getan. Außerdem wird Wallenstein es nicht wagen, eine arme Waise, deren Vater von den Schweden umgebracht wurde, um das ihr zustehende Erbe zu bringen.« Um zu verhindern, dass Johanna weiter über das Thema sprach, warf Helene einen kurzen Blick in Ehrentrauds Karten, zog eine heraus und stach damit Johannas Trumpf.
»Damit hast du das Spiel gewonnen«, erklärte sie Ehrentraud und wandte sich Irmela zu.
Sie hatte ihre Stiefenkelin lange nicht mehr so genau betrachtet und stellte nun fest, dass das Mädchen sich innerhalb der letzten Monate zu einer jungen Frau entwickelt hatte. Ihr Gesicht wirkte immer noch klein, und ihr spitzes Kinn verlieh ihr nach wie vor etwas Mausartiges. Sorgfältig frisiert und dezent geschminkt aber würde sie durchaus apart aussehen. Auch hatte die Figur nichts Kindliches mehr. Dieser Eindruck wurde nur durch die unvorteilhafte Kleidung hervorgerufen. Zwar würde Irmela niemals eine Schönheit wie Johanna werden, aber zumindest einen akzeptablen Anblick bieten. Helene dachte an die Möglichkeiten, die diesem Mädchen offenstanden, und hätte am liebsten laut geflucht. Sie bezwang sich jedoch und blickte Irmela an wie eine Magd, der man alles dreimal erklären muss.
»Du wirst den Herzog von Friedland aufsuchen und um eine Audienz bitten. Sobald du vor ihm stehst, wirst du die Güter zurückfordern, die er sich zu Unrecht angeeignet hat. Auf deine Vermögensverwalter ist kein Verlass, denn die zittern bereits, wenn sie seinen Namen hören. Ich würde selbst reisen, aber ich kenne den Generalissimus gut genug, um zu wissen,dass ich ihn nicht zwingen kann, deiner berechtigten Forderung zu willfahren.«
Helene erstickte innerlich beinahe vor Wut, weil sie offen zugeben musste, dass Irmela einen höheren Rang und mehr Ansehen besaß als sie selbst. Aber ohne diesen Hinweis würde sie das Mädchen wohl nicht dazu bewegen können, die gefährliche Reise anzutreten. Als Tochter des Grafen Ottheinrich von Hochberg besaß Irmela als Einzige von ihnen das Recht, auf einem Gespräch mit Wallenstein zu bestehen.
IX.
In den nächsten beiden Tagen kam Irmela kaum zum Nachdenken. Da Helene das Mädchen nicht in Lumpen zu Wallenstein schicken konnte, opferte sie einen Teil der Summe, die sie für Johannas Garderobe und ihre eigene hatte ausgeben wollen, und ließ ihre Stiefenkelin standesgemäß einkleiden. Dabei gab sie sich alle Mühe, Irmela als wohlhabend, ja sogar reich erscheinen zu lassen. Sollten Räuber auf sie aufmerksam werden und das Mädchen töten, würden sich etliche Probleme, die Helene auf der Seele lagen, wie von selbst lösen. Da Johanna Irmelas nächste Verwandte war, würde diese zumindest die restlichen Besitztümer erhalten und könnte Xaver von Lexenthal eine lange Nase drehen. Der Prior würde sich eine neue Hexe suchen müssen, die er auf den Scheiterhaufen bringen konnte, um an ihr Geld zu kommen.
Bei diesem Gedanken erinnerte Helene sich an das Versprechen, das sie Ehrentraud gegeben hatte, und vermochte ein Kichern nicht zu unterdrücken. Wenn seine Nichte sich mit Hexern und Hexen abgab, die ihr ein glattes Gesicht zurückbringen sollten, würde auch dies den Prior kompromittieren.
Nun aber galt es zunächst einmal, Irmela so rasch wie möglich auf die Reise zu schicken. Daher nahm Helene weder Rücksicht auf ihre Tochter, die enttäuscht war, auf weitere Kleider warten zu müssen, noch auf Irmela, und sie ließ die Näherinnen arbeiten, bis ihnen vor Müdigkeit die Nadeln aus den Händen fielen. Als Erstes aber hatte Helene Fanny zu
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