Die Feuerbraut
Hochberg-Vermögen zu retten, das nach den Konfiszierungen durch die Schweden zum größten Teil aus den böhmischen Gütern bestand. Doch sie konnte es nicht riskieren, Wallensteins Heerlager zu betreten. Allein in der näheren Umgebung des Herzogs von Friedland befanden sich genügend Offiziere, denen sie leibliche Dienste geleistet hatte, und sie bezweifelte, dass Wallenstein eine Frau empfangen würde, der der Ruf einer Soldatenhure vorauseilte. Andererseits durfte sie nicht untätig bleiben, denn sonst würden die übrigen Verwandten Irmelas ihr vorwerfen, die Belange ihrer Stiefenkelin zu missachten, und ihr die Vormundschaft über Irmela aus den Händen winden.
Steglinger war es mit einem geschickten Zug gelungen, Helene von Hochberg in eine vorerst unlösbare Situation zu bringen, und er setzte nach. »Ich bin gerne bereit, Euch zu helfen, meine Teuerste, denn ich kann mich eines guten Verhältnisses mit dem Herrn von Wallenstein rühmen!«
»Ich danke Euch, doch bevor ich etwas entscheide, will ich selbst mit unseren Treuhändern sprechen.« Es kostete Helene Mühe, diese Worte ruhig hervorzubringen, und sie drängte zum Aufbruch, bevor Steglinger das Thema weiterverfolgen konnte.
Auf der Straße angekommen, lachte Johanna leise auf. »Es geschieht Irmela ganz recht, dass ihr dieser Wallenstein die Güter wegnimmt.«
Die Hand ihrer Mutter saß ihr schneller im Gesicht, als sie denken konnte. »Dummes Stück!«, zischte Helene, während Johanna sich die getroffene Backe hielt. »Wir können die Sache nicht auf sich beruhen lassen, sonst kommen uns jene auf den Hals, die Irmela und deren restliches Vermögen für sich reklamieren wollen.«
Eben hatte Johanna sich noch über die Ohrfeige beschweren wollen, doch angesichts dieser Gefahr stimmte sie Helene eifrig zu. Wenn ihre Mutter keinen Zugriff mehr auf Irmelas Geld hatte, sah auch ihre Zukunft düster aus. Keiner der Hochberg-Verwandten würde sie zu sich nehmen, und so wie ihre Mutter früher wollte sie nicht leben müssen.
VIII.
Der Besuch, den Irmelas Vermögensverwalter ihr abgestattet hatten, hatte Helene den Ernst der Lage vor Augen geführt. Da die Männer gewöhnt waren, vor höherstehenden Personen den Rücken zu beugen, hatte sie ihrem Bericht entnehmen können, dass ihr Protest bei Wallenstein, der als mächtigster Mann im Reich nach dem Kaiser galt, eher schwächlich ausgefallen war. Im Geist verwünschte Helene diese Beamtenseelen ebenso heftig wie den gierigen Feldherrn. Sie durfte die Liegenschaften nicht aufgeben, denn im Gegensatz zu den meisten anderen im ganzen Reich verstreuten Besitztümern, die Ottheinrich und dessen Frau der Tochter vererbt hatten, befanden sie sich im besten Zustand und warfen reichlichen Ertrag ab. Mehr denn je fühlte Helene, wie ihre Vergangenheit auf ihr lastete und ihr die Hände band. Kurz erwog sie, Steglinger zu bitten, sich bei Wallenstein für sie einzusetzen, doch damit hätte sie sich völlig in die Hände dieses Mannes begeben und alle Pläne bezüglich Johannas aufgeben müssen. Dazu aber war sie noch weniger bereit, als auf die böhmischen Güter zu verzichten.
Für eine Weile überlegte sie, Johanna mit dieser Aufgabe zu betrauen, doch als sie an die Gefahren dachte, die ihrer Tochter unterwegs und inmitten der Soldaten drohen mochten, schüttelte sie energisch den Kopf. In dem Augenblick blieb sie soabrupt stehen, als wäre sie gegen eine Wand gelaufen. Nun hatte sie die Lösung, die sie gleich mehrerer Probleme entheben würde!
Mit frischer Tatkraft beseelt kehrte sie in ihren Salon zurück. Dort spielten Johanna und Ehrentraud Karten, während Irmela auf einem Stuhl am Fenster saß und mit selbstvergessener Miene den zerrissenen Saum eines ihrer Kleider flickte, so als hätte der Besuch der Beamten nicht ihren Angelegenheiten gegolten. Bei dem Anblick des Mädchens begriff Helene, dass für die Durchführung ihrer Pläne einige Vorbereitungen nötig waren, und rief die Magd zu sich.
»Fanny, du wirst die Näherinnen holen. Ihre Hände müssen sich so flink wie möglich rühren, denn wir brauchen dringend mehrere Kleider.«
Während die Magd wie ein Blitz verschwand, leuchteten Johannas Augen freudig auf. »Haben wir eine neue Einladung erhalten?«
»Nein, die Kleider sind für Irmela. Sie wird sich spätestens übermorgen auf eine weite Reise zum Hauptquartier des Generalissimus begeben. Herr Steglinger bereitet die Fahrt vor und wird auch die Begleitmannschaft stellen. Irmela, du wirst
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