Die Feuerbraut
Schlaufe an der Wagenwand, um bei den vielen Schlaglöchern nicht gegen ihre Begleiterin geworfen zu werden. Sie hatte keine Lust, in ein Gespräch mit Frau von Kerling verwickelt zu werden, und begann über die Situation nachzugrübeln, in der sie nun steckte. Sie fragte sich nicht zum ersten Mal, weshalb ihre Stiefgroßmutter ausgerechnet sie losgeschickt hatte, um mit Wallenstein zu verhandeln. Tat Helene es wirklich nur, weil sie, Irmela, die Erbin der Hochbergs war und ihr Wort deshalb mehr galt als das einer angeheirateten Verwandten?
Irmela rieb sich mit den Fingerspitzen über die Stirn und versuchte sich vorzustellen, wie Wallenstein sie empfangen würde. Als Generalissimus aller kaiserlichen Truppen hatte er gewiss eine Menge anderer Aufgaben zu erfüllen, als sich um ein junges Mädchen zu kümmern. Wahrscheinlich würde er nicht einmal die Zeit finden, ein paar Worte mit ihr zu wechseln, sondern sie gleich an einen seiner Sekretäre verweisen lassen.
Fanny gefiel es nicht, dass Irmela sich bereits zu Beginn der Reise in sich selbst zurückzog, und zupfte sie am Ärmel. »Ihr solltet nicht grübeln, sondern die Aussicht genießen!«
Irmela öffnete die Augen und sah, dass die Donaubrücke bereits hinter ihnen lag und sie durch eine hügelige Landschaft Richtung Norden fuhren. Ihre nächsten Ziele waren Hutthurm und Freyung, über die die Straße nach Böhmen führte.
Während Irmela die Bäume zählte, an denen die Kutsche vorbeifuhr, und bei dreihundert aufgab, forderte Dionysia von Kerling Fanny auf, ihr die Flasche aus getriebenem Silber zu reichen, die mit einem belebenden Wein aus der Wachau gefüllt war. Da sie sich selbst nur eine Zugehfrau leisten konnte,die ihr Kämmerchen sauber hielt, wollte sie sich auf dieser Reise rundherum bedienen lassen.
XI.
Diesmal sind die Rollen vertauscht, fuhr es Fabian durch den Kopf. Er saß noch halbwegs nüchtern am Tisch, während Heimsburgs Augen bereits verdächtig glänzten. Der Offizier starrte sichtlich verärgert auf die Karten, die ihm nicht so wie sonst gehorchen wollten. Zu Anfang hatte Heimsburg geglaubt, Fabian das Fell ebenso leicht über die Ohren ziehen zu können wie damals mit den Würfeln, doch es lief ganz anders.
Fabian wechselte einen kurzen Blick mit Ludwig von Gibichen. Ihm und Kiermeiers Burschen Paul hatte er sein jetziges Geschick mit den Karten zu verdanken. Dabei spielte er nicht einmal falsch, so wie Heimsburg es eben versuchte. Dieser wollte die Glückssträhne, die er benötigte, mit aller Macht erzwingen. Nur fehlte seinen Fingern bereits die Schnelligkeit, Karten verschwinden und andere dafür erscheinen zu lassen.
Die Kameraden, die sich als Kiebitze um den Tisch versammelt hatten, beobachteten, wie Heimsburg eine Karte zu Boden fallen ließ, sich danach bückte und statt eines Pikbuben nun ein Kreuzass in der Hand hielt. Ein Murren klang auf, und alle warteten auf Fabians Reaktion. Dieser lächelte wissend, tat jedoch noch nichts, denn er hatte selbst ein ausgezeichnetes Blatt, das Heimsburg so leicht nicht würde stechen können. Anstatt ihn anzuklagen, wollte er seinen Gegner den Kelch der Niederlage bis zum bitteren Ende leeren lassen. Heimsburg hatte schon zu vielen jungen Offizieren, die frisch zum Heer gestoßen waren, den letzten Groschen aus der Tasche geholt und sie dem Spott seiner Kameraden preisgegeben. Jetzt schwang das Pendel zurück.
Der Hauptgrund für Fabian, seinen Gegner auf seinem ureigensten Gebiet zu schlagen, war jedoch ein anderer. Obwohl Heimsburg zu den ersten Pappenheimschen Reitern gezählt hatte, die auf dem Schlachtfeld von Lützen das Pferd gewendet und in wilder Flucht davongeritten waren, erzählte er hinter Fabians Rücken, dieser sei zu feige gewesen, um gegen die Schweden anzureiten.
Diese Verleumdung hätte ausgereicht, um Heimsburg vor die Klinge zu holen, aber Gibichen hatte Fabian abgeraten, es aus diesem Grund zu tun. Bei einem Zweikampf wegen des Vorwurfs der Feigheit blieb immer etwas an dem Beschuldigten hängen, und es würde noch nach Jahren heißen, Fabian habe vor den Schweden gekniffen. Daher setzte Fabian darauf, dass Heimsburg beim Spiel die Nerven verlor, ihn zum Duell forderte und dann als der schuldige Teil dastand.
»Mal sehen, ob du das stechen kannst!«, nuschelte Heimsburg und legte seine Karten auf den Tisch. Bei der Bewegung rutschten zwei Karten heraus, die er etwas nachlässig in den Ärmel seines Uniformrocks gesteckt hatte.
Heimsburg bemerkte es nicht,
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