Die Feuerbraut
obwohl Abdur für diese Handreichungen bereitstand. »Trinkt, meine Liebste, und Ihr auch, Teuerste.«
An diesem Morgen hatte Lexenthal den Heereslieferanten aufgesucht, um eine weitere Spende für die Verköstigung seiner geflohenen Mitbrüder zu erbitten, und ihm angedeutet, dass seine Großzügigkeit von der heiligen Kirche nach seinen Wünschen belohnt werden würde. Daher musste Steglinger annehmen, einer Auflösung seiner Ehe stände nicht mehr viel im Wege. Noch ein, zwei Monate, und er würde das begehrte Papier in den Händen halten.
Aus diesem Grund schenkte er Johanna noch mehr Aufmerksamkeit als früher und ließ sich dazu hinreißen, sie an den Händen und einmal sogar an der Schulter zu berühren. Helene sah es mit wachsendem Grimm. Für einen alternden Mann aus niederem Adel war ihre Tochter ihr zu schade. Sie selbst hätte Steglinger ohne seinen exorbitanten Reichtum keines zweiten Blickes gewürdigt und würde ihre Tochter vor so einem Freier zu bewahren wissen.
Als Steglingers Hand sich erneut in Johannas Nähe verirrte, räusperte Helene sich und stand auf. »Wir sollten die Plätze tauschen, mein Kind. Es ist nicht gut, wenn ein junges Mädchen zu viele Aufmerksamkeiten von seiten eines Herrn erfährt.«
Als Johanna aufsprang, zog Steglinger einen Schmollmund. Was dachte sich die besitzlose Witwe mit einer ebenso armen Tochter eigentlich, ihn so zu behandeln? Helene sollte froh sein, dass er dem Mädchen überhaupt Beachtung schenkte. Als guter Freund und Kreditgeber etlicher Herren aus Neuburg, die hier in Passau auf ihre Rückkehr in die Heimat warteten, kannte er die Vermögensverhältnisse der kleinen Hochberg zu Karlstein beinahe so gut wie seine eigenen. Auch waren ihm pikante Details aus Helenes Vorleben zu Ohren gekommen, die ihn in Hinsicht auf ihre Tochter jedoch nicht störten. Johannas Geburt war trotz des Protests einiger Verwandter im Adelsverzeichnis von Pfalz-Neuburg eingetragen worden, und daher trug sie den Namen Hochberg zu Recht. Anders als ihre Mutter würde sie Zugang zu allen Höfen erhalten, und ihrem Ehemann würden diese Türen ebenfalls offen stehen. Wenn er überdies noch einige tausend Gulden an mehrere einflussreiche Herren im Umkreis des Kaisers verteilte, insbesondere an den hochnoblen Karl Joseph von Harlau, einen der Kammerherren Seiner Majestät, konnte er sich gewiss bald Steglinger von Hochberg nennen.
Um dieses Ziel zu erreichen, spielte er seinen nächsten Trumpfaus. »Meine Teuerste, die Vermögensverwalter Eurer angeheirateten Enkelin Irmela werden Euch höchstwahrscheinlich in den nächsten Tagen ihre Aufwartung machen, und zwar in einer unangenehmen Sache, wie ich leider hinzufügen muss.« Nachdem der Köder ausgelegt war, wartete Steglinger gespannt, ob Helene anbiss.
Er wurde nicht enttäuscht, denn die Frau richtete sich kerzengerade auf und sah ihn erschrocken an. »Verzeiht, aber ich verstehe nicht.«
»Soviel ich erfahren habe, geht es um die böhmischen Güter der Familie Hochberg. Seine durchlauchtigste Exzellenz, der Herzog von Friedland, hat diese, wie es hieß, konfiszieren und seinen eigenen Besitzungen zuschlagen lassen, weil deren Verwalter Protestanten gewesen seien. Nach meinem Dafürhalten hat er sich die Ländereien unter den Nagel gerissen, um seinen böhmischen Herrschaftsbereich abzurunden.«
Helene schüttelte verwirrt den Kopf. »Aber wie kann er das tun? Wir Hochbergs haben dem Kaiser stets treu gedient. Wallenstein hat kein Recht, uns die Güter wegzunehmen!«
»Das haben die Kuratoren dem Herzog von Friedland auch klarzumachen versucht. Bedauerlicherweise beharrt dieser auf seinem Standpunkt. Da die Treuhänder selbst nichts erreichen können, wäre es erwägenswert, ob nicht Ihr den Herrn von Wallenstein aufsuchen solltet. Über die Einwände einiger Pfalz-Neuburger Beamter kann er hinweggehen, nicht aber über den energischen Protest einer Dame, die zu den edelsten Familien des Reiches zählt. Ich werde Euch selbstverständlich behilflich sein und Euch für die Reise mit allem Notwendigen ausstatten.«
Helene war erfahren genug, um das Gift in dem Köder zu wittern, den Steglinger ihr hinhielt. Sein Hinweis, sie sei nur die angeheiratete Großmutter der Erbin, war in ihren Augen äußerst unhöflich. So stellte er sie und ihre Tochter als arme VerwandteIrmelas hin, die dankbar sein mussten, wenn er sich dazu herabließ, um Johanna zu freien. Eine Reise zu Wallenstein war gleichwohl notwendig, um das
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