Die Feuerbraut
durchaus bedeutend, und sie beneidete sie deswegen heiß und innig. Doch nach dem, was Ehrentraud ihr erzählt hatte, schien der Prior danach greifen zu wollen, und der würde höchstens einen kleinen Teil davon seiner Nichte überlassen. Für sie selbst und ihre Mutter bliebe nichts übrig.
»Wir werden sehen, was kommt«, antwortete sie ausweichend und kroch aus dem Bett. Ehrentraud schnaufte enttäuscht, denn sie hatte Lust auf weitere Zärtlichkeiten. Johanna küsste sie noch einmal und rang sich ein Lächeln ab. »Meine Mutter will mit mir ausgehen und erwartet mich. Da darf ich mich nicht verspäten. Wir haben ja noch die ganze Nacht für uns.« Rasch streifte sie ihre Kleidung über, verließ die Kammer und lief in den Salon.
Ihre Mutter musterte sie kritisch und deutete auf offenstehende Schlaufen an Johannas Kleid. »Du solltest auf dich achtgeben, Tochter. Die Leute könnten sonst schlecht von dir denken.«
Sie trat hinter Johanna, zupfte deren Kleid zurecht und schnupperte an ihr. »Wenn du mit der Verstümmelten herumgemacht hast, solltest du dich hinterher zwischen den Beinen waschen. Frauen sondern beim Liebesspiel eine Flüssigkeit ab, die jemand mit einer guten Nase riechen kann.«
Johanna winkte lachend ab. »Du meinst Irmela. Die weiß doch gar nicht, was dieser Geruch zu bedeuten hat.«
Die Antwort bestand aus einer Ohrfeige, die allerdings nicht besonders fest war, sondern eher eine Warnung darstellen sollte. »Du solltest das Mädchen besser ernst nehmen. Deine Nichte ist nur wenig jünger als du und beginnt sich zu entwickeln. In ihrem Alter hat man des Nachts erregende Träume, auf die der Körper entsprechend reagiert. Da du am hellen Nachmittagwohl kaum geträumt haben dürftest, könnte sie annehmen, du seiest eine Freundin deiner eigenen Finger, und fängt an, dir nachzuspionieren.«
»Das soll sie nur wagen!«, fuhr Johanna auf, wiegte dann aber den Kopf. Meist war Irmela still und fast unsichtbar, doch ihre Augen und Ohren schienen überall zu sein.
»Ich werde aufpassen«, versprach sie und kam auf das zu sprechen, was ihr auf der Zunge brannte. »Der Prior will Irmela als Hexe entlarven!«
»Ich weiß! Die Wände zwischen den Zimmern sind sehr dünn, und Lexenthal hat nicht geflüstert. Er ködert Ehrentraud mit einem Teil von Irmelas Besitz. Da sie selbst so arm ist wie eine Kirchenmaus, käme ihr der Judaslohn gerade recht, und so wird sie alles tun, um Irmela ans Messer zu liefern.«
Helene spie in eine Vase, die in einer Ecke des Raumes stand, und schüttelte die Faust. »Das dürfen wir nicht zulassen! Bei allen Höllenteufeln, ich hätte nie gedacht, dass ich einmal gezwungen sein würde, Irmela vor einem Hexenjäger zu schützen! Doch mir bleibt nichts anderes übrig.«
»Was willst du jetzt tun? Ehrentraud fortschicken?« Obwohl Johanna ungern auf die Liebesspiele verzichten wollte, schien ihr das die beste Lösung zu sein.
Ihre Mutter schüttelte grimmig den Kopf. »Närrin! Wenn ich das tue, würde ihr Onkel annehmen, wir hätten etwas vor ihm zu verbergen, und uns der Komplizenschaft mit Irmela bezichtigen. Weder er noch Ehrentraud haben vergessen, dass du den Schweden unbeschadet entkommen bist.«
Johanna lief es kalt den Rücken hinunter, denn daran hatte sie noch nicht gedacht. »Was sollen wir nur tun?«
»Noch weiß ich es nicht. Aber mir wird schon etwas einfallen. Bisher habe ich mich aus allen Schwierigkeiten herauswinden können.« Helene klopfte Johanna aufmunternd auf die Schulterund forderte sie auf, sich für den Besuch bei Steglinger bereitzumachen.
»Ich ziehe mich rasch um und wasche mich, wie du es gesagt hast.« Das Mädchen wollte die Kammer verlassen, doch ihre Mutter hielt sie auf.
»Wasch dich später, denn auf Männer wirkt dieser Geruch sehr erregend. Er wird Steglingers Interesse an uns steigern.« Dabei wiegte sie die Hüften und dachte daran, wie viele Jahre schon ihr Körper ihr bestes Kapital war.
VII.
Auf den ersten Blick erkannte Helene, dass sie den Besuch bei Steglinger als großen Erfolg verbuchen konnte. Zwar hatte der Heereslieferant eine entfernte Verwandte als Hausdame zu sich gerufen, um der gebotenen Sittlichkeit zu genügen. Doch diese hockte eingeschüchtert in einer Ecke und stickte, so dass der Hausherr mit Helene und ihrer Tochter ungehemmt sprechen konnte. Seine Blicke verschlangen Johanna, die ihm an diesem Tag noch begehrenswerter erschien als bei ihrer letzten Begegnung. Er goss ihr sogar eigenhändig Wein ein,
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