Die Feuerbraut
bereits wieder auf den Kutschenbock schwang. Auch wenn der Offizier sich in den Mantel eines Fuhrknechts gehüllt und einen alten Filzhut tief in die Stirn gezogen hatte, wollte er nicht riskieren, von irgendjemand erkannt zu werden.
Während Heimsburg seinen Pallasch in die eine Hand nahm und mit der anderen nervös über die Kolben der beiden Pistolen strich, die aus den Taschen seines langschößigen Rockes ragten, schloss sein Bursche den Schlag und sprang hinten auf. Im selben Augenblick schwang der Kutscher die Peitsche und trieb das Gespann an.
»Endlich sind wir unterwegs!« Dionysia von Kerling ließ sich aufatmend in den Sitz fallen.
Irmela schnupperte und machte eine angeekelte Geste. »Wir hätten unseren eigenen Wagen nehmen sollen. In diesem Gefährt riecht es so modrig wie in einer Gruft.«
Dionysia von Kerling spitzte spöttisch die Lippen, denn sie selbst roch nichts. Allerdings hatte Irmela sich bereits auf der Herfahrt hie und da recht eigenartig benommen und über Lärm, Gerüche und manchmal auch über ihr zu aggressive Leute geklagt. Die Stiefgroßmutter des Mädchens hatte ihr unter vier Augen mitgeteilt, dass Irmela nicht recht bei Sinnen sei, und der Gedanke an Helene von Hochberg verlieh Dionysia von Kerling das Gefühl, edel an Irmela zu handeln, wenn sie für deren rasche Verheiratung sorgte. Auf diese Weise würde das Mädchen den Fängen dieses Weibsdrachens entkommen und als Heimsburgs Frau ein eigenes Haus führen können.
XVIII.
Die Kutsche schlängelte sich durch die engen Gassen der Stadt, dann erreichte sie eine der Ausfallstraßen und passierte kurz darauf das Tor. Irmela hatte ein wenig durch das Seitenfenster ins Freie schauen wollen, doch der dumpfe Geruch im Wagen bereitete ihr Übelkeit. Sie spürte, wie ihr Nacken sich verspannte, und kurz danach fuhr ein stechender Schmerz durch ihre rechteSchädelhälfte. Sie schloss die Augen und ließ sich in die Polster zurücksinken. Nun aber schlug ihr der Modergestank erst recht entgegen, und ihr Magen begann zu rebellieren.
»Ist Euch nicht gut, meine Liebe?« Frau von Kerling beugte sich scheinbar mitleidsvoll zu Irmela hinüber. Insgeheim jubelte sie jedoch, denn sie kannte die Lähmung durch starke Kopfschmerzen und hoffte, dass Irmela am Ziel zu schwach sein würde, um sich gegen die aufgezwungene Heirat zu wehren. Daher bot sie ihr das mit Kräuteressenzen getränkte Tuch nicht an, welches sie für solche Fälle bei sich führte, sondern begnügte sich damit, mit der Hand über Irmelas Stirn zu fahren, über die in dicken, kalten Tropfen der Schweiß rann.
Von Schmerzen gequält achtete Irmela nicht darauf, wohin die Kutsche fuhr. Diese verließ schon bald die breite Überlandstraße und bog in einen Karrenweg ab, der so voller Schlaglöcher war, dass der Kutscher die Pferde nur im Schritt gehen lassen konnte. Das Schaukeln verstärkte zwar Irmelas Kopfschmerzen, aber sie vermochte nun wieder einen klaren Gedanken zu fassen. Nach Frau von Kerlings Aussagen würden sie noch den halben Tag unterwegs sein, um ihr Ziel zu erreichen, und sie wusste nicht, wie sie die Fahrt auf diesen schlechten Straßen überstehen sollte. Gerade, als sie ihre Begleiterin darauf ansprechen wollte, blieb die Kutsche mit einem Ruck stehen, und der Gehilfe des Kutschers öffnete den Schlag.
»Wir sind da!« Es klang unangemessen selbstzufrieden und gar nicht dem niederen Stand des Mannes angemessen. Irmela war es, als läuteten in ihrem Kopf Alarmglocken, und sie kämpfte gleichermaßen gegen ihre Übelkeit und das Kopfweh an. Da der Wagen stand und sie aussteigen konnte, ging es ihr nach zwei, drei Atemzügen an der frischen Luft besser. Verblüfft starrte sie auf die einsam auf einer Lichtung stehende Bauernkate, vor der sie gehalten hatten, und sah sich nach den Wachtposten um, dieüblicherweise vor dem Quartier eines hohen Offiziers standen. Aber die gab es nicht, und sie entdeckte auch keine Zelte oder Soldaten in der Nähe. Nur ein paar Pferde waren neben der Hütte angebunden und rupften missmutig an dem strohigen Gras.
Verärgert drehte sie sich zu Frau von Kerling um. »Sind wir hier wirklich richtig?«
»Und ob du richtig bist, meine Liebe«, antwortete statt ihrer der Gehilfe des Kutschers.
Nun bemerkte Irmela den Uniformrock eines Offiziers, der unter seinem Umhang zum Vorschein kam, und ahnte, dass von diesem Mann Gefahr ausging. »Wer seid Ihr?«
»Komtesse, gestattet, dass ich mich vorstelle. Hasso von Heimsburg, Hauptmann
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