Die Feuerbraut
Scham. Irmela hatte auf seinen Schutz vertraut und war in Gefahr geraten, weil es für ihn nur noch Stephanie von Harlau gegeben hatte.
»Derzeit dürfte Heimsburg nicht in der Lage sein, dir Genugtuung zu schaffen. Irmela hat ihm nämlich eine Kugel aufgebrannt, deren Wirkung ihm ebenso zu schaffen machen dürfte wie sein verletzter Stolz.« Gibichen berichtete nun von Irmelas Abenteuer, von dem Fabian nicht das Geringste mitbekommen hatte, und sang dabei ein Loblied auf das Mädchen, das ihn mehrmals den Kopf schütteln ließ. Für so beherzt, wie sein Freund es beschrieb, hätte er Irmela nicht gehalten. Als Kind war sie vor den Fröschen zurückgeschreckt, die er ihr hingehalten hatte, und auch sonst hatte er sie als eher ängstliches kleines Ding in Erinnerung. Selbst bei dem Überfall durch die Schweden war sie in Panik verfallen, statt mit klarem Verstand zu handeln.
»Dennoch ist es ihr gelungen, etliche Frauen und Kinder zu retten«, erinnerte er sich selbst.
»Was sagst du?«, fragte Gibichen, der Fabians Gedankensprung nicht folgen konnte.
»Ach, nichts!«, antwortete dieser mit einem säuerlichen Lächeln. Auch wenn Gibichens Rat ihm weise erschien, war Fabian nicht sicher, ob er ihn befolgen sollte. Im Vergleich zu Stephanie von Harlau war Irmela nur ein trübes Talglicht gegen den strahlenden Glanz der Sonne.
IV.
Etwa zu derselben Zeit, in der Fabian und Gibichen in einer böhmischen Schenke zusammensaßen, näherten sich zwei Männer und eine Frau dem einsam gelegenen Gehöft in den Waldbergen, das Helene von Hochberg mit ihrer Tochter und Ehrentraud von Lexenthal bewohnte. Es handelte sich um Doktor Wendelin Portius von Hohenkammer, dem es gelungen war, sich erneut in die Gunst des Priors Xaver von Lexenthal einzuschmeicheln, indem er seinem Konkurrenten Lohner die alleinige Schuld an der missglückten Operation in die Schuhe geschoben hatte. Der zweite Mann war nicht vom Prior geschickt, sondern durch Helene gerufen worden und durch Zufall auf Portius getroffen. Er war mehrere Jahre älter als dieser, hager, dunkelhaarig und mit einem bleichen Teint, der der sommerlichen Witterung Hohn sprach. Seine Kleidung bestand aus einem kaftanähnlichen Gewand sowie einem breitkrempigen Filzhut, der sein Gesicht zur Gänze beschattete. In der Hand hielt er einen langen Stock, dessen oberes Ende in einen geschnitzten Vogel auslief, dem man zwei kleine blaue Halbedelsteine in die Augenhöhlen eingesetzt hatte. Er schien Portius nicht zu mögen, denn er hielt sich ein paar Schritte von diesem fern und sprach nur mit der Frau, die beide begleitete.
»Das dort oben müsste es sein! Die Gebäude sehen nach einem größeren Bauernhof aus. Soll das wirklich der Sitz eines gräflichen Geschlechts sein?«
Die Frau, deren Alter zwischen dreißig und vierzig liegen mochte und die mit ihren dunklen Haaren und ihrer hellen, fast fahlen Haut wie ein weibliches Gegenstück des Mannes erschien, nickte enttäuscht. »So hieß es. Ich fürchte, auf eine größere Belohnung werden wir da oben vergebens warten. Es bleibt nur zu hoffen, dass wir uns wenigstens satt essen können.«
»Der Schein trügt. Die hohe Dame hat sich vor den Schweden dorthin geflüchtet«, mischte Portius sich mit einem überheblichen Lächeln ein.
Im Gegensatz zu seinen Begleitern kannte er die Verhältnisse, in denen Helene und die Ihren lebten. Die Familie Hochberg besaß repräsentablere Wohnsitze als dieses Haus, doch die lagen zu nahe an den Gegenden, in denen sich fremde Heere tummelten. Das erklärte er den beiden auch.
Der ältere Mann leckte sich erwartungsvoll die Lippen. »Ich hätte nichts gegen einen hübschen Beutel voller Gulden einzuwenden. Nachdem mein letzter Zauber misslungen ist, mit dem ich die Kriegskasse des Grafen … ähm, die eines Grafen aufbessern sollte, musste ich dessen Schloss so rasch verlassen, dass ich mein Gepäck nicht mehr mitnehmen konnte. Ich hoffe, die Gräfin Hochberg sorgt für Ersatz.«
»Für deinen Hokuspokus brauchst du doch nicht viel«, spottete die Frau. »Ich hingegen …«
»Plustere dich nicht so auf. Deine Hexenkünste taugen nämlich gar nichts.« Der Mann unterstrich seine Worte mit einer abwertenden Geste, und für Augenblicke schien ein heftiger Streit zwischen beiden aufzuziehen. Dann aber erinnerten sie sich an ihren Begleiter und zogen die Köpfe ein, als hätten sie bereits zu viele ihrer Geheimnisse preisgegeben.
Der Arzt klopfte auf die dicke Ledertasche, die er an einem Riemen
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