Die Feuerbraut
diese in die Arme schloss. »Es freut mich zu sehen, dass auch mein letzter Zauber für dich wie vorhergesagt zum Guten ausgeschlagen ist«, raunte sie ihr leise ins Ohr.
Helenes Wangen zuckten, doch sie wagte es nicht, die vorwitzige Sprecherin zu rügen. Sie kannte die Hexe zu gut, um sie verärgern zu wollen, denn das hatten einige Leute mit einem frühzeitigen Ende bezahlt. Marthes Gifte wirkten rascher als ihre Zauber, obwohl sie auch für diese berühmt war. Helene erinnerte sich nur zu gut daran, dass es ihr mit Hilfe eines Mittels, welches die Mutter der Hexe gebraut hatte, gelungen war, das Interesse des alten Hochberg auf sich zu lenken. Später hatte Marthe ihr geholfen, sich des einen oder anderen hohen Offiziers für längere Zeit zu versichern. Damals hatte sie der Frau nur ein Stück Speck oder ein paar Scheidemünzen dafür geben können. Aber diesmal würden es glänzende Gulden sein, Geld, das aus PriorLexenthals Klosterkasse stammte und nicht aus ihrer eigenen Börse.
»Kommt herein! Fräulein Ehrentraud wird überglücklich sein, euch zu sehen – womit ich nicht Portius meine. Was mag der Prior sich nur gedacht haben, Ihn erneut hierherzuschicken?« Helene bedachte den Arzt mit einem finsteren Blick und ließ Santini eintreten. Bevor Portius diesem folgen konnte, kehrte sie dem Arzt den Rücken zu, so dass diesem nichts anderes übrig blieb, als mit unglücklicher Miene hinter ihr herzutrotten.
Helene führte ihre Gäste in ihren Wohnraum, den sie seit ihrem letzten Besuch in Passau noch weiter hatte ausschmücken lassen. Ihre Geschäftsbeziehungen mit Rudolf Steglinger begannen sich auszuzahlen, auch wenn sie ihrem Ziel, ihn als Gatten zu gewinnen, noch um keinen Schritt näher gekommen war. Die Annullierung seiner Ehe mit Walburga sollte zwar bereits vom Papst bestätigt worden sein, doch das Schreiben war bisher noch nicht nach Passau gelangt. Auch zeigte Steglinger immer deutlicher, dass es ihm um die Tochter ging und er die Mutter nur als lästiges Übel ansah.
Auch aus diesem Grund hoffte Helene auf einen Erfolg der Magie. Wenn sie mit deren Hilfe die Dankbarkeit des Priors erwerben konnte, mochten Johannas Chancen auf einen hochrangigeren Bräutigam steigen, und Steglinger würde sich mit ihr begnügen müssen.
Sie setzte sich und befahl ihrer Leibmagd, den bereits vor zwei Tagen erschienenen Gast zu holen. Es handelte sich um eine Frau unbestimmten Alters, die ganz in Schwarz gekleidet war und ihr Kopftuch so eng geschlungen hatte, dass es wie eine zweite Haut am Schädel klebte. Wasserhelle Augen blickten unter farblosen Brauen hervor, und die gekrümmten Finger glichen den Krallen eines Raubvogels.
Maestro Santini schluckte sichtlich, als er die Frau erkannte, und Marthe sank sogar in eine Art Knicks, um sie zu ehren.
Die Alte blickte sie an, als könne sie durch sie hindurch in ihr Herz schauen. »Sei mir willkommen, Tochter. Und auch du, Santini oder wie du dich jetzt nennst. Ihr werdet mir assistieren.«
»Sehr wohl!« Santinis Stimme klang gepresst, doch er wagte keinen Widerspruch.
Portius, der sich noch stärker missachtet fühlte, biss die Zähne zusammen, damit ihm keiner seiner Gedanken über die Lippen kam. Die beiden Hexen und Santini waren gewiss nicht die Leute, die ein Xaver von Lexenthal als Heiler bei seiner Nichte sehen wollte, galten sie doch als Anhänger der schwarzen, verderblichen Zauberei. Er selbst aber rühmte sich, neben seinen medizinischen Kenntnissen auch über ein großes Wissen in der segensreichen Weißen Magie zu verfügen. Nicht zuletzt aus diesem Grund war es ihm gelungen, sich Lexenthal erneut anzudienen.
Unterdessen ließen sich die beiden Hexen und der Schwarzkünstler von einer sichtlich verängstigen Magd Krüge mit frischem Bier reichen. Als Portius ebenfalls einen Krug erhielt, konnte er von den Augen der Magd ablesen, dass diese ihn als Freund ansah. Sein Rang als Arzt schien ihr der beste Schutz in dieser Gesellschaft düsterer Gestalten zu sein. Portius lächelte ihr freundlich zu und sah an ihr vorbei die beiden unzertrennlichen Freundinnen Ehrentraud und Johanna eintreten. Erstere trug einen Schleier vor dem Gesicht, der doppelt geschlagen und so befestigt war, dass kein Luftzug ihn hochwehen konnte.
»Ah, der Doktor!« Johanna grüßte den Arzt freundlich, denn er hatte ihr bei seinem letzten Aufenthalt ein Mittel gegeben, mit dessen Hilfe sie die störenden Sommersprossen hatte loswerden können.
Ehrentraud gab sich ebenfalls
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