Die Feuerbraut
Frau von Kerlinghatte ein übles Komplott gegen sie geschmiedet, und das war alles, was für sie zählte. »Es ist das Beste, Ihr sucht Euch ebenfalls einen Freund oder eine Freundin, bei der Ihr unterkommen könnt. Ich will nichts mehr mit Euch zu tun haben!«
Dionysia von Kerling schluckte, gab sich aber noch nicht geschlagen. »Ich flehe Euch an, mich nicht zu verstoßen. Hilflos und mittellos, wie ich bin, bliebe mir nur der Weg ins Wasser, oder ich würde als Soldatenhure enden! Ihr müsst auch an Euch denken, Komtesse. Ein Fräulein Eures Ranges kann es sich nicht leisten, ohne Anstandsdame in einer Stadt zu wohnen, in der es von Soldaten wimmelt, oder gar allein zu reisen. Wenn Ihr mich wieder aufnehmt, werde ich Euch stets die ergebenste Freundin sein, die Ihr Euch wünschen könnt!«
Noch während dieser Erklärung begriff Dionysia von Kerling, dass es noch einen Punkt gab, den sie beichten musste. Wenn Irmela ihre Reisekasse überprüfte, würde sie merken, dass eine beträchtliche Summe fehlte. Der Verdacht würde sofort auf sie fallen, da weder die Offiziere noch die Bewohner des Hauses wussten, wo die Schatulle versteckt war.
»Ich muss Euch noch etwas gestehen. Da Herr von Heimsburg sich in so verzweifelten Verhältnissen befand, habe ich Geld aus Eurer Börse entnommen und ihm zukommen lassen.« Jetzt gilt es, dachte die Witwe. Wenn die Komtesse hart bleibt, muss ich mich ertränken. Ihr war allzu klar, dass sie zu alt war, um einen oder mehrere Offiziere als Beschützer zu finden. Daher würde sie ihren Unterhalt nur als billige Trosshure verdienen können.
Irmela versuchte, die widersprüchlichen Gefühle, die in ihr tobten, unter Kontrolle zu bringen und einen Weg zwischen Mitleid und Zorn zu finden. In einem hatte Frau von Kerling recht: Sie durfte auf keinen Fall ohne Anstandsdame reisen. Wenn sie das Weib verjagte, würde ihr nichts anderes übrig bleiben, als in der Stadt nach einer Dame zu suchen, die in nächster Zeit auf Reisenging und der sie sich anvertrauen konnte. Der Gedanke, mit Stephanie von Harlau bis Wien fahren und dort auf eine andere Dame warten zu müssen, die den Weg nach Passau einschlug, ernüchterte sie. Tag für Tag die Frau vor sich sehen zu müssen, deren Schönheit Fabian den Verstand geraubt hatte, würde sie nicht überstehen.
Doch konnte sie Frau von Kerling vertrauen? Irmela sah das Häuflein Elend an, das zu ihren Füßen kauerte, und begriff, dass ihr nur die Wahl zwischen zwei Übeln blieb, und sie wusste noch nicht, welches das kleinere war. Ihr Zorn überwog, und so stupste sie die Witwe mit dem Fuß an. »Wascht Euch erst einmal und nehmt einen Bissen zu Euch. Über das Weitere werde ich später entscheiden.«
Obwohl ihre Stimme ablehnend klang, schöpfte Dionysia von Kerling Hoffnung. Sie ergriff Irmelas Rechte und führte sie an ihre Lippen. »Tausend Dank, Komtesse! Ich schwöre Euch bei meinem Seelenheil, Ihr werdet es nicht bereuen.«
»Ich werde Euch bei Gelegenheit an Euren Schwur erinnern. Jetzt hole ich Fanny, damit sie sich Eurer annehmen kann.« Verärgert, weil sie so ein weiches Herz hatte und es nicht fertigbrachte, dieses verräterische Weib, das die reuige Sünderin mimte, von sich zu stoßen, wandte Irmela sich zur Tür und öffnete, um nach ihrer Magd zu rufen. Da kam Fanny bereits mit einem hölzernen Zuber herauf. Abdur folgte ihr mit zwei vollen Eimern warmen Wassers.
»Woher hast du gewusst, was ich von dir wollte?«, fragte Irmela die Zofe verblüfft.
Fanny blies die Backen auf. »Ich kenne Euch doch. Ihr könnt nicht einmal einen räudigen Hund von Eurer Schwelle jagen, geschweige denn einen Menschen, der so aussieht wie die Kerling. Der vergönne ich die Meilen, die sie laufen musste, und auch die wunden Füße. Ich würde Euch aber raten, sie nicht aus den Augenzu lassen. Für eine Handvoll Gulden verkauft die Euch auch an den nächsten Freier.«
»Das werden wir beide wohl zu verhindern wissen.« Irmela zwinkerte Fanny zu und eilte nach unten, denn aus der Küche stieg der Duft frischer Apfelküchlein zu ihr empor.
III.
Fabian wusste später nicht mehr, wie er seinen restlichen Dienst hinter sich gebracht hatte. Seine Gedanken drehten sich in einem fort um Stephanie, die nun im Obergeschoss des Hauses bei ihrem Ehemann weilte und diesem in allem zu Diensten sein musste. Eifersucht, Schmerz und Wut fochten einen wilden Kampf in ihm aus, und nur mit letzter Kraft gelang es ihm, sich so weit zu beherrschen, dass er nicht mit
Weitere Kostenlose Bücher