Die Feuerbraut
nicht so abweisend, wie Portiusbefürchtet hatte, auch wenn sie ihre Hoffnung sichtlich auf Marthe, deren Mutter und den falschen Maestro setzte. Da sie annahm, Portius’ Tinkturen könnten mithelfen, ihre einstige Schönheit zurückzugewinnen, war ihr auch sein Erscheinen willkommen.
Anders als die Mädchen ignorierte Helene von Hochberg den Arzt in einer Weise, die ihn erboste und Rachegelüste in ihm weckte. »Eure Enkelin befindet sich derzeit wohl nicht in diesen Mauern?«, fragte er, wohl wissend, dass Helenes Tochter unverheiratet und wohl noch Jungfrau war.
Das Gesicht der Frau verhärtete sich. »Ihr meint die Tochter meines Stiefsohns Ottheinrich von Hochberg? Irmela ist zu Herrn von Wallenstein gereist, um mit ihm über die Rückgabe ihres Besitzes zu verhandeln.«
Der zufriedene Ausdruck in Helene Stimme passte nicht zu ihrer abweisenden Miene. Innerlich schnurrte sie, denn sie hatte seit Wochen nichts mehr von Irmela gehört und begann zu hoffen, niemals mehr von ihr behelligt zu werden. Wenn ihr etwas zugestoßen war, erbte ihre Tochter das Hochberg-Vermögen, und dann war sie selbst so reich, wie sie es sich von der Hochzeit mit dem alten Hochberg erhofft hatte. Das erschien ihr die gerechte Strafe für die Verachtung, die Irmelas Eltern ihr und ihrer Tochter entgegengebracht hatten. Bevor sie jedoch ihre Hand auf den Besitz legen konnte, musste sie so tun, als handele sie in allem nur zu Irmelas Vorteil. Doch sie erwartete täglich die Nachricht von dem Ableben ihrer Stiefenkelin und hatte schon Pläne für die Zeit danach geschmiedet.
Diese Überlegungen hielt sie sogar vor Johanna verborgen. Ihre Tochter war nicht durch dieselbe harte Schule gegangen wie sie und würde Ehrentraud gegenüber vielleicht Dinge ausplaudern, die geheim bleiben mussten. Wenn sie jedoch Erfolg haben wollte, würde ihr nichts anderes übrig bleiben, als auf die Kraft derHexen zu bauen und zu hoffen, dass diese Ehrentraud wenigstens den größten Teil ihrer früheren Attraktivität zurückgeben konnten. Ein wenig bedauerte sie, dass anstelle dieses Quacksalbers Portius nicht der Chirurg Bertram Lohner zurückgekommen war, denn der hatte die Magd Fanny recht erfolgreich behandelt. Hätte er bei Ehrentraud ein ähnliches Ergebnis erzielt, so wäre es Marthe und ihrer Mutter gewiss leichtgefallen, die junge Frau wieder in eine strahlende Schönheit zu verwandeln. Persönlich war sie jedoch froh, den unangenehmen Kerl nicht wiedersehen zu müssen, denn der Mann würde stets das einstige Offiziersliebchen in ihr sehen. Da war es doch besser, auf die Kräfte von Marthe, Santini und der Schwarzen Hexe zu vertrauen. Insbesondere die Alte kannte die geheimsten Dinge und vermochte Wesenheiten zu beschwören, bei deren Anblick geringere Menschen vor Entsetzen starben.
Helene wechselte einen kurzen Blick mit Marthes Mutter, die Ehrentraud nun aufforderte, ihren Schleier zu lüften. »Ich muss die Narben sehen, die ich hinwegzaubern soll!«
Ehrentraud zögerte ein wenig, denn im Hellen hatte sie ihr Gesicht seit jener Verschlimmerung nicht mehr enthüllt. Aber sie begriff, dass es notwendig war, sich zu überwinden, und schlug mit einer heftigen Bewegung den Schleier hoch.
Santini keuchte, als er die dicke, blau und violett schimmernde Narbe sah, die sich wie ein fetter Wurm auf ihrer rechten Gesichtshälfte krümmte. Auf der linken Seite war der größte Teil der Narben inzwischen verblasst, aber sie liefen als deutlich sichtbare Kerben über die Wange. Der Magier warf den beiden Hexen einen besorgten Blick zu. Er kannte die Grenzen seiner Macht und sah sich außerstande, hier zu helfen. Die Schwarze Hexe fuhr Ehrentraud mit ihren krallenartigen Fingern ins Gesicht und zupfte und zerrte an den Wülsten und Einschnitten. Zwar stöhnte die junge Frau mehrfach vor Schmerz auf und begannauch zu weinen, aber sie wagte es nicht, die Hand der Alten wegzustoßen.
Die Schwarze schnalzte mit der Zunge. »Die Narben sitzen tief. Wir werden lange brauchen, um sie wegzuzaubern, und dabei alle Kraft einsetzen müssen, die uns unser Herr verleiht.«
»Euer Herr, ist das der Teufel?«, fragte Ehrentraud ängstlich.
»Du hast kein Recht zu fragen – und auch sonst geht das niemand etwas an!«, antwortete Marthes Mutter tadelnd. »Sei zufrieden, wenn wir deinem Gesicht wieder jene Anmut verleihen, die ihm einmal zu eigen war. Dafür aber wirst du uns in allem gehorchen müssen.«
Ehrentraud nickte eingeschüchtert, obwohl sie die Hexen am
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