Die Feuerbraut
hinzusetzte, dass selbst der Kaiser in Wien diesen Mann schätzen würde.
Da er sich in Einzelheiten verlor und Irmela nicht nach einem Vortrag über den rechten Meißelhieb zumute war, wanderte sie an den Figuren entlang und verglich die Attribute, mit denen die Heiligen dargestellt wurden, mit dem, was sie gelernt hatte. Bald aber wurde sie von dem Eintreffen neuer Gäste abgelenkt. Albert von Rain begrüßte seine Nachbarn mit lärmender Freude und verbeugte sich vor den Damen. Auch Meinarda gesellte sich zu der Gruppe, und Irmela wurde bewusst, wie viele Bekanntschaften ihre Freundin bereits geschlossen hatte. Die Freiin schien hier sehr beliebt zu sein, und das freute sie. In diesem friedlichen Teil des Reiches würde Meinarda die Schrecken desKrieges und der Flucht wohl überwinden können. Sie selbst wurde noch immer von Alpträumen heimgesucht und hatte befürchtet, noch lange unter den schrecklichen Ereignissen leiden zu müssen. Nun aber begann sie zu hoffen, dass sie in der Runde der fröhlichen Menschen ihren inneren Frieden finden könnte.
Während sie Meinardas Wink folgend auf die Damen zutrat, um sich vorstellen zu lassen, machte das Erscheinen eines weiteren Paares ihre Hoffnung auf eine Zeit ohne Ärger und Anspannung zunichte. Der Mann war hochgewachsen und hager, sein harter Gesichtsausdruck verriet einen Hang zur Grausamkeit. Seine Frau war ebenfalls recht groß, wirkte aber zierlich und so lieblich wie der Frühling. Ihre Haare glänzten in einem natürlichen Goldton, der den Schmuck der anwesenden Damen überstrahlte.
»Ah, Harlau! Seid uns willkommen! Das ist wohl die Frau Gemahlin? Entzückend! Ich bin Euch direkt bös, weil Ihr uns die Dame so lange vorenthalten habt.«
Es hätte Albert von Rains Worte nicht bedurft, um Irmela klarzumachen, wer diese Leute waren. Sie hatte Stephanie von Harlau auf den ersten Blick erkannt und mit Neid festgestellt, dass diese in der Zwischenzeit noch schöner geworden war, auch wenn sie um die Leibesmitte etwas fülliger zu sein schien.
»Irmela, darf ich dir eine liebe Freundin vorstellen? Ich habe sie in glücklicheren Zeiten in Wien kennengelernt!« Meinarda haschte nach Irmelas Hand und zerrte diese auf Stephanie zu. Diese neigte lächelnd den Kopf, während Irmela sich zwingen musste, ihre Gefühle hinter der anerzogenen Höflichkeit zu verbergen. Sogar ihr selbst fiel auf, wie ungelenk sie vor der Dame knickste. Den Duft, der Stephanie umgab, hatte sie oft genug an Fabian wahrgenommen, und das störte sie mehr, als sie erwartet hatte. Dann sah sie genauer hin und begriff, dass Harlaus Gattinnicht dabei war, fett zu werden. Das Aussehen der Dame verriet ihr Geheimnis ebenso wie ihr Bäuchlein. Stephanie war schwanger und wirkte überaus glücklich, wobei ihr Mann ganz andere Gefühle zu hegen schien als Vaterstolz.
Während Irmela sich zusammenriss und Stephanie freundlich begrüßte, überschlugen sich ihre Gedanken. Ahnte Graf Harlau, dass seine Gemahlin ihn mit Fabian betrogen hatte? Seine Miene und seine Haltung deuteten darauf hin. Irmela spürte die Gefahr, die von diesem Mann ausging, und bekam Angst um ihren Jugendfreund und heimlichen Verlobten. Harlau war ein mächtiger Feind und durchaus in der Lage, sich auf schlimmste Weise an einem nachrangigen Offizier zu rächen.
Meinarda war ebenfalls auf Stephanies Schwangerschaft aufmerksam geworden und stieß einen Ruf des Entzückens aus.
»Das ist ja wunderbar, meine Liebe! Ich werde zur Gottesmutter beten, auf dass Ihr ein neues, gesundes Reis auf den Stammbaum derer von Harlau pflanzen werdet.«
»Das ist ja eine wunderbare Neuigkeit. Meinen Glückwunsch, Harlau!« Albert von Rain streckte dem Grafen die Hand hin. Dieser ergriff sie mit einem wohl nur für Irmela merklichen Zögern. Auch sah Harlaus Lächeln so aus, als sei es eingefroren. »Wir sind nicht nur gekommen, um dem Bittgottesdienst für den Kaiser und unsere Sache beizuwohnen, sondern auch, um gemeinsam zu beten, dass der Himmel uns einen Erben schenkt.«
Harlaus Stimme klang kalt, und in dem Blick, mit dem er seine Gemahlin streifte, lagen Misstrauen und schlecht verborgener Hass.
Nun war Irmela sicher, dass der Graf Verdacht geschöpft hatte, und verfluchte Fabian, dass dieser seine Hände nicht von der Frau eines anderen hatte lassen können. Gleichzeitig fragte sie sich, ob Stephanie wirklich so naiv war, den Unmut ihres Gattennicht zu bemerken. Sie musste sich ins Gedächtnis rufen, dass viele verheiratete Paare aus
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