Die Feuerbraut
Walburgas Wahlspruch, das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden, wollten die Damen in der Klosterkirche für den Sieg der kaiserlichen Waffen beten und Kerzen für die Jungfrau Maria stiften.
Meinarda dauerte Irmelas Schweigen zu lange. »Glaubst du nicht auch, dass mein Onkel und Walburga gut zueinander passen?«
»Das tun sie ganz bestimmt!« Irmela sagte es mehr aus Gefälligkeit, denn in ihren Augen profitierte Albert von Rain am meisten von dieser Ehe. Wie sie von Meinarda erfahren hatte, war seineWirtschaft bei der Ankunft der Damen arg verlottert gewesen. Walburga hatte das Heft in die Hand genommen und die Verhältnisse in kurzer Zeit zum Besseren gewendet. Würde sie Rain wieder verlassen, kämen die alten Zustände wohl zurück, und das war dem Gutsherrn bald klar geworden. Um das so behaglich gewordene Leben weiterführen zu können, war er bereit, ein zweites Mal vor den Traualtar zu treten. Eine Liebesehe würde aus dieser Verbindung nicht entstehen, dachte Irmela, aber sie war überzeugt, dass die aus einem ritterlichen Geschlecht stammende Walburga und der Freiherr besser harmonierten als die meisten anderen Paare, die sich unter dem gemeinsamen Ehejoch zusammenfanden.
»Du bist heute aber arg mundfaul«, beschwerte Meinarda sich. Sie liebte eine muntere Unterhaltung, wurde von Irmela in dieser Hinsicht jedoch nur selten zufriedengestellt. Da sie selbst nicht gewohnt war zu schweigen, breitete sie all die Vorteile vor ihrem Gast aus, die eine Ehe ihres Onkels mit Walburga mit sich bringen würde.
Irmela begriff rasch, dass Meinarda die Verbindung der beiden aus recht eigennützigen Gründen unterstützte. Mit Walburga kam sie gut aus, und sie würde von dieser nie in ihrem Anspruch behindert werden, als erste Dame der Familie zu gelten. Das sähe ganz anders aus, sollte Albert von Rain sich für eine Dame aus einer höherrangigen Familie entscheiden. Heiraten musste er, um seinen kleinen Töchtern wieder eine Mutter zu geben, denn Meinarda hatte wenig Lust, sich mit den beiden zu belasten. Auch Siegmar überließ sie zumeist der Kinderfrau, ohne sich als schlechte Mutter zu fühlen. Wenn sie ihren Sohn sehen wollte, ließ sie ihn holen und herzte ihn, als hätte sie wochenlang auf ihn verzichten müssen, schob ihn aber bald wieder an seine Kindsmagd ab.
Im Gegensatz zu Meinarda kümmerte Albert von Rain sich häufigum den Jungen. Auch jetzt hatte er ihn bei sich im Schlitten und hielt ihn an sich gedrückt, damit er nicht fror. Die Kinderfrau hatte Siegmar jedoch so dick eingehüllt, dass er auch im Schnee hätte schlafen können, und so glaubte Irmela beim Anblick des Jungen zu fühlen, wie ihm der Schweiß in Strömen über den Rücken rann.
Da Irmela gewohnt war, sich in sich selbst zurückzuziehen und ihren eigenen Gedanken nachzuhängen, vermochte sie dem Geplauder ihrer Freundin mit halbem Ohr zuzuhören und von Zeit zu Zeit ein »Ach, wirklich?« und »So ist das also!« von sich zu geben. Die Bemerkungen reichten aus, um Meinarda halbwegs zufriedenzustellen. Dennoch freute die Freiin sich auf die Nachbarn, bei denen sie nach dem Besuch im Kloster übernachten würden. Dort gab es zwei Damen, die ebenso redefreudig waren wie sie selbst, und außerdem Gäste aus dem nahen Wien. Sie konnte es kaum erwarten, Neuigkeiten aus der Kaiserstadt zu erfahren, und wünschte sich, sie könnte den Besuch im Kloster absagen und direkt weiterfahren. Bei dem Gedanken rief sie sich zur Ordnung, denn sie wollte ja nicht nur für den Sieg des Kaisers im Allgemeinen, sondern auch für eine unversehrte Rückkehr ihres Vetters beten, dessen Gattin sie zu werden hoffte.
»Was meinst du, Irmela? Sollte ich nicht auch heiraten, damit Siegmar wieder einen Vater bekommt? Die Resi und unsere Moni kümmern sich zwar sehr um ihn, aber er benötigt ein Vorbild.« Meinarda warf einen Blick nach hinten auf den einfachen Schlitten, in dem die Bediensteten saßen, die sie unterwegs benötigten.
Neben Fanny und Meinardas Zofe hockten Moni, die nun doch in Walburgas Diensten stand, und Siegmars Kinderfrau darin. Ihrem Lachen zufolge, das hie und da herüberwehte, hatten auch sie Freude an der Fahrt, obwohl der rundliche Braune, der siezog, sich von seinem Lenker nicht dazu bewegen ließ, das Tempo der schnelleren Zugpferde vor den Herrschaftsschlitten mitzuhalten.
Irmela hatte sich ebenfalls umgeschaut und schüttelte nun verwundert den Kopf. »Wie kommt es, dass Herr von Rain so viele Pferde behalten konnte?
Weitere Kostenlose Bücher