Die Feuerbraut
den Strom gezerrt worden – und das ausgerechnet am Namenstag des heiligen Rupert. An dem Tag sollen bei Passau einige besonders üble Hexen und Hexer verbrannt worden sein, und es hieß, eine davon sei die Frau gewesen, die den alten Hochberg mit Hexenwerk umgarnt und dann vergiftet hat. Das Weib wollte sich wohl an der Gräfin rächen und hat ihr die letzte Heimstatt genommen. Zum Glück ist nur der alte Kastellan drinnen gewesen, der noch Wertsachen hatte herausholen wollen.Das Gesinde und die Gäste haben die üblen Flüche gespürt und sind rechtzeitig hinausgelaufen.«
Irmela erkannte in dem Sprecher einen der Männer, die sie während der Tage in dem Haus über dem Strom mit Lebensmitteln und Nachrichten versorgt hatte. Sie kommentierte seine Worte nicht, sondern schmiegte sich an die Polster. An Hexerei glaubte sie nicht mehr, denn sonst würde sie wieder an sich selbst zweifeln müssen. Das Gebäude hatte damals schon geschwankt und geächzt, als würde der Strom an seinen Grundfesten nagen, und sie trauerte ihm nicht nach. Besser als dort schlief sie in jeder Scheune oder unter freiem Himmel.
Während sie sich gegen die bösen Erinnerungen wehrte, hörte sie ihren Mann auflachen. »Wir werden das Stadthaus so errichten, wie Graf Ottheinrich es geplant hatte, und die Residenz, die Donaubrücke und alle anderen Gebäude dieser Stadt wieder aufbauen. Herzog Wolfgang Wilhelm hat uns nicht mit leeren Händen hierhergeschickt. Auf der Donau werden Schiffe hochgetreidelt, die mit Korn aus Österreich gefüllt sind, damit seine Landeskinder nicht länger hungern müssen, und wir führen genug Geld mit uns, um euch Arbeit und Brot zu geben.«
Der letzte Teilsatz ging im Jubel der Neuburger unter. Die Menschen, die so viel hatten leiden müssen, vergaßen die Bedrängnis der beiden vergangenen Jahre und ließen ihren Landesherrn hochleben.
Nun nahm Irmela mit allen Sinnen wahr, wie neuer Mut in die Herzen der Menschen einzog, und hätte am liebsten vor Freude geweint. Sie forderte ihre Begleiterinnen auf, mit ihr auszusteigen und die letzten Schritte zu Fuß zurückzulegen. Stephanie kletterte als Erste hinaus. Zusammen mit Fabian hatte sie beschlossen, den alten Besitz der Birkenfels neu aufzubauen. In Wien wollten sie nicht leben, denn dort wären siedem Gerede und der Feindschaft übelwollender Verwandter ausgeliefert.
Dionysia von Heimsburg, die frühere Frau von Kerling, folgte ihr zögernd. Seit kurzem fühlte sie sich schwanger und wollte ihr Kind hier in Neuburg unter Irmelas Obhut zur Welt bringen. Ihr Ehemann Hasso weilte in Böhmen, um die Hochbergschen Güter zu inspizieren, würde aber noch vor dem Winter hierherkommen und bleiben, bis das Kind geboren war.
Um Irmelas Lippen spielte ein Lächeln, als sie die zufriedene Miene ihrer früheren Gesellschafterin wahrnahm. Dionysia hatte den Sinn ihres Lebens gefunden und würde nie mehr darauf hoffen müssen, dass ein guter Freund ihres ersten Ehemanns sich ihrer erbarmte und ihr mit einigen Gulden aushalf. Irmela gönnte ihr dieses Glück, zumal sich Heimsburg als ein um das Wohl seiner Frau besorgter Ehemann erwiesen hatte. Das konnte man auch von Fabian sagen, der Stephanie auf Händen trug, obwohl sie mit ihrer Heirat noch einige Monate würden warten müssen. Doch keiner der Männer konnte sich in ihren Augen mit ihrem Gatten messen. Ludwig von Gibichen war der Mittelpunkt ihres Lebens geworden.
»So gefallt Ihr mir schon besser als noch eben. Ich dachte schon, Ihr würdet in Ohnmacht fallen!« Fannys Stimme riss Irmela aus ihrem träumerischen Zustand. Sie lächelte ihrer Zofe zu und stieg nun selbst aus. Abdur oder, wie er jetzt offiziell hieß, Xaver Leopolder – den Vornamen hatte er von Lexenthal, den Zunamen vom Bischof von Passau erhalten – streckte ihr die Hand entgegen und half ihr hinaus.
Die junge Frau, die Gibichen zuerst willkommen geheißen hatte, knickste etwas unbeholfen vor ihr und starrte den Mohren mit weit aufgerissenen Augen an. Dieser half Fanny aus dem Wagen und klopfte der Zofe dabei anzüglich auf den Hintern.
»Brav bleiben, mein Guter!«, warnte Fanny ihn und trat auf Irmela zu. Dabei strich sie sich über ihre etwas mollige Leibesmitte und kicherte leise. »Wann wollen wir es ihnen sagen?«
»Was und wem?«, fragte Irmela verwundert.
»Na, dass nicht nur die frühere Kerling und jetzige Heimsburg ein Kind bekommt, sondern Ihr und ich ebenfalls! Ein bisserl bang bin ich ja, was das meine angeht. Ich hoffe nicht,
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