Die Feuerbraut
schutzbedürftig?«, antwortete Irmela mit einer Gegenfrage und holte mit den Armen weit aus. »Meine Stiefgroßmutter kann mich nicht mehr bedrohen und Johanna auch nicht. Lexenthal hat mich völlig rehabilitiert, so dass es niemand mehr wagen wird, mich als Hexe zu bezeichnen. Dazu verfüge ich wieder über all meine Güter. Mein Herr, wo seht Ihr da Gefahren für mich?«
»Vielleicht durch Männer, die Euch Eures Besitzes wegen heiraten wollen. Oder habt Ihr den Streich vergessen, den Heimsburg Euch spielen wollte?«
Irmela machte eine wegwerfende Handbewegung. »Der ist vonsolchen Dingen geheilt und wird Frau von Kerling heiraten, die ihn liebt. Sie wird dafür sorgen, dass er in Zukunft ein ehrlicher Mann bleiben wird.«
»Mein Gott, mit Euch kann man nicht reden. Ihr seid ja schlüpfriger als ein Aal!«, brach es aus Gibichen heraus.
Er packte sie und drehte sie so, dass sie ihm ins Gesicht sehen musste. »Versteht Ihr denn nicht, dass ich Euch heiraten will?« Das war nicht unbedingt der Antrag, den er hatte vorbringen wollen, doch in seiner Erregung waren ihm diese Worte entschlüpft.
Irmela schüttelte verwirrt den Kopf. »Mein Herr, Ihr habt mich niemals glauben lassen, dass Ihr mehr in mir gesehen habt als die Verlobte Eures besten Freundes.«
»Ich glaubte bisher, Ihr liebt ihn, und ich bin keiner, der einem anderen die Braut abspenstig machen will.« Gibichen seufzte, denn auch diese Worte hörten sich nicht so an, als würde er vor Leidenschaft brennen.
»Welch edle Haltung!« Ein kleines Spottteufelchen tanzte in Irmelas Augen.
Sie wurde jedoch sofort wieder ernst und versuchte, ihre Gedanken zu ordnen. Gibichen war wie ein großer Bruder zu ihr gewesen, zuverlässig und zur Stelle, wenn sie ihn gebraucht hatte. Reichte das aus, um eine Ehe mit ihm in Betracht zu ziehen? Er war ganz anders als Fabian, der sich von Leidenschaften und Eingebungen des Augenblicks leiten ließ. Gegen ihren Jugendfreund war Gibichen ein Fels, zuverlässig und treu. Außerdem hatte er sein Leben riskiert, um Fabian und Stephanie zu retten, und auch sie, wie sie mit einem leicht schlechten Gewissen feststellen musste.
Sie sah zu ihm auf und fand, dass sie ihm gerade bis zur Brust reichte. Sein Gesicht war nicht schön, aber männlich und wirkte angespannt.
»Nun, ich könnte es mir überlegen«, begann sie zögernd und bemerkte zu ihrem Erstaunen, dass sie sogar ein wenig kokett sein konnte.
Gibichens Augen leuchteten auf. »Wirklich?«, rief er und riss sie an sich.
Als er sie küsste, entdeckte Irmela, dass er doch nicht der Holzklotz war, für den sie ihn lange gehalten hatte. Er konnte sogar sehr stürmisch werden. Während sie überlegte, ob sie seine Küsse mit etwas mehr Leidenschaft erwidern sollte, begriff sie, dass diese Verbindung um einiges besser war als eine Heirat mit Fabian. Ihr Jugendfreund entbrannte zu rasch für weibliche Schönheit, und da brauchte es schon eine Frau wie Stephanie, die ungewöhnlich gut aussah und neben ihrem nachgiebigen Charakter eine gewisse Hartnäckigkeit besaß, um ihn am Zügel zu halten. Gibichen hingegen … Sie schluckte, weil sie sich dabei ertappte, ihn weniger interessant und anziehend als Fabian zu finden. Aber das war er gewiss nicht, und er würde ihr keinen Kummer bereiten, sondern ihr – und nur ihr allein – all die Liebe schenken, zu der er fähig war. Der Gedanke gefiel ihr, und während sie sich gegen ihn lehnte und dem lauten, schnellen Schlag seines Herzens lauschte, wusste sie, dass auch sie ihr Glück finden würde.
Gibichen sah, wie ihr Gesicht einen zuerst nachdenklichen und dann glücklichen Ausdruck annahm, und fühlte sich so froh wie noch nie in seinem Leben. Er küsste ihre Stirn und dann ihren Nacken und wurde noch kühner, als sie sich stärker an ihn schmiegte. Seine Hände wanderten über ihren Rücken, und als sie dies mit einem wohligen Schnurren geschehen ließ, strich er sanft über ihren Busen.
Obwohl etliche Lagen Stoff seine Finger von ihrer Haut trennten, durchlief Irmela ein Gefühl, das sie kaum beschreiben konnte. Tief in sich begriff sie nun, was Ehrentraud und auch Stephaniedazu gebracht hatte, sich Fabian hinzugeben. Sie hatte sich nie vorstellen können, einmal Ähnliches zu empfinden, sondern das, was mit der Ehe verbunden wurde, als Pflicht angesehen, die sie als Frau erfüllen musste. Doch jetzt wünschte sie sich fast, sie könnte sich mit Gibichen in ihr Schlafgemach zurückziehen und mit ihm allein sein.
In dem
Weitere Kostenlose Bücher