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Die Feuerbraut

Titel: Die Feuerbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Stelle zu tun, hielt sie ebenfalls für falsch, und sie sagte sich, dass es ohne die Angst, dabei überrascht zu werden, viel schöner sein würde. Daher setzte sie sich, und als Abdur Platz genommen hatte, begann sie von sich zu erzählen. Der junge Mann hörte ihr aufmerksam zu, und als sie ihm sagte, dass sie ja rein gar nichts über ihn wisse, hob er in komischer Verzweiflung die Hände.
    »Ich habe keine Ahnung, welches Land ich Heimat nennen kann. Meine Mutter stammte nicht aus der Gegend, in der ich geboren wurde, und mein Vater war auch nicht ihr Ehemann, sondern ihr Herr, der sich ihrer bediente, wenn ihm danach war. Ich war sechs Jahre alt, als der Sultan ihm die seidene Schnur schickte und die Janitscharen seinen Leichnam auf den Hof warfen. Ich galt als Sklave, weil meine Mutter eine Sklavin war, und wurde einem Offizier geschenkt, der mich nach Ungarn mitnahm. Meine Mutter habe ich nie wiedergesehen. Kurze Zeit darauf verkauftemich der Türke an einen österreichischen Offizier, der nach außen hin so tat, als wäre ich seine Kriegsbeute. Bei diesem Besitzer bin ich zehn Jahre geblieben, bis der Mann mich als Pfand an Steglinger weitergereicht hat, und von dem Handelsherrn kam ich in die Dienste der Komtesse.«
    »Die du nie mehr verlassen wirst!« Fanny war so entsetzt über das Schicksal des jungen Mannes, dass sie ihn an sich zog und küsste. »Du Armer!«, flüsterte sie, als sie ihn wieder freigab.
    »Du brauchst mich nicht arm zu nennen, denn ohne den seltsamen Weg, den mein Leben genommen hat, hätte ich dich nicht gefunden, und dafür bin ich Gott, dem Herrn, unendlich dankbar.«
    Abdur trug diese Worte mit einem solchen Ernst vor, dass Fanny ihn mit leuchtenden Augen anblickte. »Das hast du wunderschön gesagt!« Sie küsste ihn erneut, hörte dann aber, wie Irmela in ihrem Schlafgemach unruhig wurde, und ließ ihn los.
    »Ich muss nach der Herrin schauen!«
    Die beiden jungen Menschen wechselten einen Blick innigen Verständnisses, dann verließ Abdur leise den Vorraum, während Fanny an Irmelas Bett trat und ihre sich in schlimmen Träumen windende Herrin mit sanfter Stimme beruhigte.

XXIII.
    Obwohl Helene und Johanna ihr nach dem Leben getrachtet hatten, vermochte Irmela die beiden nicht völlig zu verdammen. Aus diesem Grund zündete sie im Dom und in anderen Passauer Kirchen Kerzen für sie an, damit ihre Seelen vielleicht doch den Klauen des Satans entrissen wurden und sie der Auferstehung des Fleisches am Jüngsten Tag teilhaftig werden konnten. Ihre schwermütige Stimmung hielt jedoch nicht lange an, und einesAbends vermochte sie sogar wieder über einen harmlosen Scherz zu lächeln, den Gibichen von sich gab.
    Die anderen nahmen ihre Rückkehr ins normale Leben mit Erleichterung wahr, standen doch etliche Entscheidungen an, die von Irmela abhingen. Bevor Fabian jedoch die Fragen loswerden konnte, die ihm auf der Zunge brannten, trat Abdur herein und meldete den Pfalz-Neuburger Höfling Stainach an.
    Dieser trat mit triumphierender Miene ein und riss sich den Hut so schwungvoll vom Kopf, dass die prachtvollen Federn aufstoben. »Gott zum Gruß! Einen schönen Abend wünsche ich Euch allen. Ich bringe zwei Nachrichten, die Euch erfreuen werden.« Stainach legte eine kleine Pause ein, um seine Worte wirken zu lassen, verbeugte sich dann formvollendet vor Irmela und überreichte ihr einen dreifach gesiegelten Brief. Noch während sie ihn öffnete, sprach er weiter.
    »In diesem Schreiben werden Euch alle Besitzungen in Böhmen, auf die Ihr Anspruch erhebt, als Euer Eigentum garantiert. Die zweite Nachricht wird noch mehr nach Eurem Herzen sein. Unser Herr Jesus Christus und die Heilige Jungfrau haben die Waffen unserer Krieger gesegnet, und daher ist es unseren Truppen gelungen, die Schweden bei Nördlingen zu schlagen und aus ganz Bayern zu vertreiben. Auch unsere Heimat Neuburg wurde befreit!«
    Fabian stieß einen Jubelruf aus. Endlich würde es ihm möglich sein, die Gräber seiner Eltern aufzusuchen und dort zu beten.
    Auch Irmela dachte an die Toten, die sie dort zurückgelassen hatte, und ließ ihren Tränen freien Lauf. »Gott sei Lob und Dank! Ich hatte schon befürchtet, der Herr habe uns alle verlassen.«
    Stainachs Miene wurde etwas düsterer. »So groß die Freude auch ist, die uns mit dieser Nachricht überbracht wurde, mischt sichdoch Trauer darunter. Die verfluchten Schweden haben in Neuburg gehaust, wie es Heiden nicht schlimmer hätten tun können. Viele der Unseren

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