Die Feuerbraut
wissen.«
»Gott wird den Kaiser schützen!«, rief Margarete von Sinzendorf voller Inbrunst aus. Die Äbtissin eines Klosters nördlich der Donau hatte mit einigen ihrer Mitschwestern in dem Hochberg-Anwesen Zuflucht gesucht.
Lexenthal schien seinem höchsten Herrn nicht mehr viel zuzutrauen, denn er malte die auf die Gläubigen zurollende Katastrophe in so glühenden Farben aus, dass Johanna sich erschreckt hinter Walburga Steglingers breiter Gestalt verbarg. Nach Ansicht des Priors machte der Schwede mit den Osmanen gemeinsame Sache, und er behauptete, es sei beider Ziel, den katholischen Glauben zu vernichten und seine Anhänger zu foltern und zu versklaven. Während seiner Predigt sah er immer wieder auf seine Nichte hinab, die vor ihm auf einem Stuhl saß und ihre Verletzungen so verhüllt hatte, dass man nur noch ihre Augen sehen konnte.
Ehrentraud lauschte geradezu begierig und nickte immer wieder, als müsse sie die Ansicht ihres Onkels bestätigen. Anders als die übrigen Zuhörer fürchtete sie weder die Schweden noch die Türken, denn mehr als das, was ihr bereits widerfahren war, konnte man ihr für ihr Gefühl nicht mehr antun, und sie gönnte es anderen, dieselben Qualen erleiden zu müssen wie sie. Dabei blickte sie von Zeit zu Zeit zu Irmela hinüber, die wie ein grauer Schatten neben einem Pfeiler stand, und bog die Finger zu Klauen.
Diese Geste und der Ausdruck in ihren Augen verrieten dem Prior den Hass, der in seiner Nichte brodelte. Das war ein Pfund, mit dem er noch zu wuchern gedachte. Zu der Scham über seinVersagen, die Mutter der kleinen Hexe ihrer gerechten Strafe zugeführt zu haben, mischte sich nun die Wut über die Schändung und die Entstellung seiner Nichte, die es ihm unmöglich machten, sie angemessen unter die Haube zu bringen.
Dem Bräutigam in Rom hatte er bereits absagen müssen, und er fühlte immer noch die Bitterkeit, die ihn beim Schreiben des Briefes erfasst hatte. Auch wenn Ehrentraud ein Opfer der schwedischen Marodeure geworden war, so lag die Schuld doch einzig und allein bei dem heimtückischen Geschöpf, das seine Nichte einem gnadenlosen Feind überlassen hatte. Während er bereits Pläne spann, die ihm endlich Genugtuung verschaffen sollten, prophezeite er seinen Zuhörern ein baldiges Ende der Welt.
Schließlich wurde es der Äbtissin zu viel. »Verzeiht, ehrwürdiger Prior, doch Ihr solltet uns armen Seelen besser Mut zusprechen und uns mit der Hoffnung auf Gottes Gnade trösten, als uns mit solchen Geschichten zu erschrecken.«
Lexenthal sah sie verwundert an, verlor den Faden und rang sichtlich um seine Fassung. »Ich tat es nur, damit ihr alle aus ganzem Herzen betet und die Heilige Jungfrau anfleht, das Schreckliche zu verhindern. Nur die Macht der Himmlischen vermag uns noch zu retten und den Soldaten der einzig wahren Religion Kraft und Mut für die nächsten Schlachten zu verleihen.«
»Wenn das Euer Ziel ist, versucht Ihr, es auf eine etwas seltsame Weise zu erreichen. Ihr habt sogar mich erschreckt, und ich bete gewiss genug.« Margarete von Sinzendorfs Stimme wurde schneidend. Sie nahm von Geburt an einen Rang ein, der weit über einem Lexenthal lag, und war zudem mit Meinardas Familie verwandt.
Der Prior trat auf sie zu, beugte sich über sie und senkte seine Stimme. »Mich bewegt weniger der Vormarsch der Schweden als vielmehr etwas anderes. Es ist mir ein Rätsel, wie es einem Mädchen wie Irmela von Hochberg gelingen konnte, das Herannahender Schweden zu vernehmen. Ich habe mich gründlich erkundigt und festgestellt, dass das unmöglich mit rechten Dingen zugegangen sein kann. Da waren Hexenkünste im Spiel!«
Die Äbtissin sah verärgert zu ihm auf. »Ihr vergesst, in wessen Haus Ihr Euch befindet!«
Nun erst nahm der Prior wahr, dass Irmela sich im Zimmer befand und ihm zuhören konnte. Dabei durfte gerade sie nichts von seinem Verdacht erfahren, da sie sonst in der Lage wäre, ihre höllischen Helfer zu rufen und sich ihm mit deren Hilfe zu entziehen. In der Absicht, sich kein falsches Wort mehr entschlüpfen zu lassen, verabschiedete er sich überstürzt und bat nur noch die Äbtissin, ihn bis zur Anlegestelle zu begleiten.
Margarete von Sinzendorf konnte seine höfliche Aufforderung schlecht ablehnen, und als sie ins Freie traten, legte Lexenthal alle Rücksichten ab. »Irmela von Hochberg ist eine Hexe und muss als solche bestraft werden!«
Die Äbtissin glaubte, nicht recht gehört zu haben. »Nur weil sie die Schweden
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