Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Feuerbraut

Titel: Die Feuerbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
Vom Netzwerk:
Lexenthal, dessen Bemerkung sie durchaus vernommenhatte, sie nicht zu Recht beschuldigte. Die quälenden Selbstzweifel hatten nur ein Gutes – sie verhinderten, dass Irmela das Haus, welches ihr möglicherweise als einzige standesgemäße Wohnstatt geblieben war, schreiend vor Angst verließ. Wenn sie selbst die Ursache für die Gefahr war, die von dem Gebäude ausging, dann sollte es sie mit sich in die Tiefe nehmen.
    Obwohl die Schweden bereits auf Neuburg vorrückten und der herzogliche Reisezug mit einer schier endlosen Reihe von Zillen vor zwei Tagen donauabwärts gefahren war, änderte sich nichts an der Lage der Flüchtlinge in dem alten Haus. Irmelas Gruppe besaß nicht einmal mehr den alten Kahn, mit dem Kiermeier sie zu diesem Ort gebracht hatte. Also würden sie, wenn die Schweden kamen, nicht vor ihnen fliehen können.
    Als auch die Fischer ausblieben, machte sich bei allen Bewohnern des Hauses das Gefühl breit, von Gott und der Welt vergessen worden zu sein. Meinarda von Teglenburg verbrachte den halben Tag im Gebet und flehte die Mutter Gottes und alle Heiligen der katholischen Kirche an, ihren Sohn vor dem grausamen Feind zu erretten, während Kiermeier, der weniger an Gebete als an Taten glaubte, einen seiner Soldaten losschickte. Der Mann bekam den Befehl, über den Knüppeldamm zur Straße zu gehen, die zum Jagdschloss Grünau führte, um dort oder in Neuburg einen Kahn aufzutreiben, mit dem die Damen nach Passau fahren konnten. Aber der Soldat kehrte nicht zurück. Es mochte sein, dass er im Moor einen Fehltritt getan hatte und in die Tiefe gezogen worden war, aber Kiermeier vermutete, der Kerl sei so weit geflohen, wie ihn seine Füße tragen konnten. Daher wagte der Hauptmann nicht, einen weiteren Soldaten zu senden. Fabian konnte er nicht schicken, denn der junge Mann kannte sich in dieser Gegend nicht aus. Er selbst aber wollte die Damen nicht seines Schutzes berauben, so gering dieser im Augenblick der Gefahr auch sein mochte.
    Aus diesem Grund war Kiermeier wohl derjenige, dem der größte Stein vom Herzen fiel, als Margarete von Sinzendorf melden ließ, eine Zille steuere auf das Haus zu.
    Die Nachricht verbreitete sich so rasch, dass sich die meisten Bewohner des Hauses an der Anlegestelle einfanden, als das große, mit etlichen Kisten und Truhen beladene Boot anlandete.
    Neben dem Schiffer und seinen beiden Knechten befanden sich ein Lakai mit einem Neuburger Wappen und eine Frau in einem hellblauen Kleid an Bord. Sie war beinahe so groß wie Fabian, neigte zur Üppigkeit und wirkte mit ihrem glatten Gesicht und dem vollen Blondhaar selbst auf jüngere Männer sehr anziehend. Kiermeier schätzte sie zunächst auf knapp über dreißig, berichtigte sich aber, als sie direkt vor ihm stand. Obwohl sich noch kein einziges graues Haar zeigte und ihre hellblauen Augen sich einen jugendlichen Glanz bewahrt hatten, musste sie bereits auf die vierzig zugehen. Der Hauptmann war sich nicht sicher, wie er sie einordnen sollte. Ihre Kleidung wies auf eine Dame von höherem Stand, doch ihre Bewegungen erinnerten ihn an jene forschen Frauen, welche die Heere begleiteten und denen es immer wieder gelang, sich unter den Schutz höherer Offiziere zu stellen. Auch war die Sprache dieser Person nicht durchweg so vornehm, wie sie vorzugeben versuchte, denn einige Ausdrücke sollte eine Dame von hoher Geburt nicht einmal denken, geschweige denn im Munde führen.
    Keiner achtete auf Johanna, die die Fremde mit offenem Mund anstarrte und den Kopf schüttelte. Die Frau bemerkte es und trat auf sie zu. »Ich bin überglücklich, dich wieder in meine Arme schließen zu können, mein Schatz.«
    Mit einem Lächeln, das eher abschätzig wirkte, drückte sie Johanna an sich und wandte sich Irmela zu. »Und du bist wohl die kleine Irmela.«
    Ehe Irmela sich versah, wurde sie ebenfalls umarmt und überdies noch auf beide Wangen geküsst. Sie musste an sich halten, umkeine falsche Regung zu zeigen. Am liebsten hätte sie die Frau von sich weggestoßen, denn ihre überschwängliche Freundlichkeit schien nicht echt, und ihre Haltung drückte Herrschsucht und Gier aus.
    Walburga passte die Art, in der sich die Fremde eingeführt hatte, ebenfalls wenig, doch sie bemühte sich, höflich zu bleiben. »Dürften wir erfahren, wer Ihr seid?«
    Als die Fremde sich zu ihr umdrehte, schien sie einige Fingerbreit zu wachsen. »Ich, meine Liebe, bin Johannas Mama und Irmelas Großmutter.«
    »Stiefgroßmutter!«, berichtige Walburga

Weitere Kostenlose Bücher