Die Feuerbraut
rechtzeitig bemerkt hat? Die Komtesse hat in der Tat ein scharfes Gehör. Ich habe es selbst beobachtet.«
Lexenthal winkte verärgert ab. »Es gibt weitaus mehr, das mich misstrauisch werden lässt. Die Hexenfähigkeiten hat sie auf jeden Fall von ihrer Mutter geerbt.«
Das Gesicht der Nonne wurde für einen Augenblick weiß, dann runzelte sie ärgerlich die Stirn. »An Eurer Stelle würde ich mir gut überlegen, was Ihr sagt, hochwürdiger Herr. Ihr wandelt auf einem gefährlichen Pfad. Irmhilde von Hochberg war bei Hofe und auch bei den Landadeligen sehr beliebt, und ihr Andenken zu schmälern hieße manchen hohen Herrn und manche Dame hier in Neuburg zu verärgern. Vielleicht wisst Ihr es nicht, aber die Gräfin Hochberg hat dem Erbprinzen Philipp Wilhelm auf Schloss Agenberg das Leben gerettet. Sie hat in der Nacht den Brand in seinem Zimmer bemerkt und ist durch Feuer undRauch gegangen, um den Jungen herauszuholen. Nicht zuletzt wegen dieser mutigen Tat ist Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm der Familie Hochberg sehr gewogen!«
Der Prior begriff die Warnung, die in den Worten der Äbtissin schwang, doch er hatte sich zu sehr in die Abneigung gegen Mutter und Tochter verrannt, um andere Meinungen gelten zu lassen. Für ihn hatte die ältere Hochberg-Hexe ihre vom Teufel verliehene Macht ausgenutzt, um sich bei dem Herzog der Jungen Pfalz von Neuburg einzuschmeicheln und Satan ungehindert Opfer zuführen zu können. Er vermutete sogar, dass Irmhilde von Hochberg das Unglück selbst verursacht hatte, um in der Gunst ihres Landesherrn aufzusteigen. Damals war er machtlos gegen ihr Wirken gewesen, aber nun war Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm ein Flüchtling, der von dem schwedischen Sturm wie ein Blatt vor sich hergetrieben wurde und der der irdischen Gerechtigkeit nicht mehr in den Arm fallen konnte. Zu seinem Leidwesen musste er sich jedoch eingestehen, dass er von der Äbtissin, deren Kloster mit dem Hause Wittelsbach und vor allem dem Herzogtum Pfalz-Neuburg eng verbunden war, nicht die geringste Unterstützung zu erwarten hatte.
XV.
Für Irmela wurde der Aufenthalt in dem Haus über dem Strom zu einer nicht enden wollenden Qual. Kiermeiers Auftreten hatte ihnen gerade mal zwei Kammern verschafft. Eine war Meinarda und Walburga zugeteilt worden, und in der anderen musste sie mit Johanna und der noch immer fiebernden Ehrentraud zusammen hausen. Nicht lange, da beneidete sie Moni, die bei den Mägden in der Küche schlief. Von den Flüchtlingen, welche der Kastellan aufgenommen hatte, waren die Äbtissin und die sie begleitendenNonnen angenehme Gäste, andere aber benahmen sich, als seien sie die Hausherren, und nahmen es den neuen Gästen übel, daß sie noch enger zusammenrücken mussten.
Irmela hätte ihnen gerne wieder Platz gemacht, denn ihre Abneigung gegen das Gemäuer wuchs von Stunde zu Stunde. Wenn sie des Nachts in ihrem Bett lag, hörte sie ein Gurgeln und Schmatzen, als läge ein Ungeheuer tief unter den Grundmauern der alten Burg und wartete nur darauf, heraufzukommen und die Bewohner zu verschlingen. Auch am Tag nahm sie Geräusche wahr, die ihr in keinem anderen Gebäude aufgefallen waren, und hie und da, wenn höhere Wellen gegen die Mauern klatschten oder der Sturm an der Fassade rüttelte, lief ein Beben und Knirschen durch das Haus, als schwankten seine Fundamente.
Sie schien jedoch die Einzige zu sein, die all das bemerkte, denn als sie Meinarda und Walburga darauf ansprach, erntete sie nur verständnislose Blicke und die Versicherung, sie hätten nichts Außergewöhnliches festgestellt. Die beiden schienen anzunehmen, dass Irmelas Nerven allzu stark unter dem Geschehen gelitten hätten, und trösteten sie wortreich. Johanna und Ehrentraud, die sie nach einer schlaflosen Nacht zu fragen wagte, verspotteten sie und verstiegen sich zu der Behauptung, Irmela plane wohl, das Haus mit ihren Hexenkräften einstürzen zu lassen, um die, die sie nicht mochte, darunter zu begraben.
In den Tagen, die auf dieses Gespräch folgten, sah Irmela ihre Zimmergenossinnen jedes Mal auffahren, wenn sie die Kammer betrat, und das Zeichen gegen den bösen Blick machen. Nachts lag sie wach und grübelte, denn aus ihrer Müdigkeit und Niedergeschlagenheit erwuchs in ihr der Gedanke, sie könne tatsächlich eine Hexe sein. Natürlich hatte sie sich nicht dem Teufel verschrieben – sie hatte ihn ja nicht einmal zu Gesicht bekommen. Aber nun schienen ihr ihre Fähigkeiten selbst unnatürlich, und sie fragte sich, ob
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