Die Feuerbraut
sie und trat unwillkürlich einen Schritt zurück. Was sie über die Witwe des alten Johann Antonius von Hochberg gehört hatte, war nicht dazu angetan, ihr die Frau sympathischer zu machen.
Diese wandte sich mit einer hoheitsvollen Geste Kiermeier zu und begrüßte ihn mit zuckersüßer Miene.
Schnell zupfte Meinarda Frau Steglinger am Ärmel. »Ist das wirklich Johannas Mutter? Ich dachte, die Frau wäre tot!«
»Das hat Ottheinrich von Hochberg verbreiten lassen, um den Skandal einzudämmen«, antwortete Walburga leise und bequemte sich dann, ihrer ebenso entsetzten wie faszinierten Zuhörerin einen Einblick in die Familienverhältnisse der Hochbergs zu verschaffen. »Ich weiß nicht, wo das Weib damals hergekommen ist. Von Stand war die Person auf alle Fälle nicht, aber sie bezirzte Ottheinrichs Vater, der damals bereits die sechzig weit überschritten hatte und ihr völlig verfiel. Schließlich zerstritt er sich sogar mit seinem Sohn und heiratete die Frau. Helene soll ihren Mann bereits während der Ehe betrogen haben. Zumindest hat sie es nicht lange an der Seite des greisen Hochberg ausgehalten, denn als er siebzig wurde, so zwei oder drei Jahre nach Johannas Geburt, ist sie mit einem schmucken Offizier durchgebrannt. Seitdem behaupten einige, Johanna sei keine echte Hochberg,sondern ein Kuckucksei, das Helene dem Stammbaum der Familie hinzugefügt hat. Ich für meinen Teil halte dies durchaus für wahrscheinlich. Schließlich wollte Graf Johann Antonius seine Tochter nach dem Verschwinden ihrer Mutter bis zu seinem Tod nicht mehr sehen, und Ottheinrich hat sie nie als Schwester anerkannt.«
Nun musterte auch Meinarda Johannas Mutter scharf und fand Walburgas Aussage bestätigt. Nachdem Helene sich zuerst hoheitsvoll gegeben hatte, gurrte sie nun und versuchte, mit Kiermeier zu flirten. Dabei legte die Frau ein Selbstbewusstsein an den Tag, das Walburga und ihr abging. Diese Person hatte ganz offensichtlich die Fähigkeit, jede Situation zu ihren Gunsten auszunutzen.
Obwohl Meinarda Helene von Hochberg richtig einzuschätzen wusste, war sie nach wenigen Augenblicken als Anführerin der kleinen Gruppe entthront und musste mit ansehen, wie Johannas Mutter die Befehle gab.
»Wir müssen heute noch aufbrechen, Hauptmann Kiermeier. Die Schweden stehen bereits in Neuburg. Zum Glück ist es mir noch rechtzeitig gelungen, ihnen zu entkommen. Bitte veranlasst alles Notwendige, damit wir noch ein ordentliches Stück Weg zwischen uns und die feindliche Armee legen können.«
Kiermeier blickte so erschrocken auf den Strom, als sähe er bereits die mit dichten Trauben schwedischer Soldaten beladenen Boote kommen. »Neuburg ist gefallen?«
Helene von Hochberg nickte. »So ist es. Zum Glück befand ich mich nicht in der Stadt, sondern ein Stück weiter stromauf. Wir mussten durch das Feuer der schwedischen Musketiere und unter der brennenden Brücke hindurchfahren.«
»Da seid Ihr aber sehr mutig gewesen!« Fasziniert betrachtete Fabian die ältere Frau, die ganz anders wirkte als die Damen, die er bislang kennengelernt hatte.
Irmela sah, wie er sich unwillkürlich in Positur warf, um Helenes Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, und biss die Zähne zusammen. Auch Kiermeier schien auf das Getue dieser Person hereinzufallen, denn er nickte eifrig zu ihren Worten, erwiderte ihr falsches Lächeln mit einem bereitwilligen Grinsen und wies die Soldaten an, den Damen beim Gepäck behilflich zu sein. Natürlich konnte er nicht viel anders handeln. Wenn Neuburg von den Schweden überrannt worden war, würde es nicht mehr lange dauern, bis die Feinde das Haus über dem Strom erreichten. Daher mussten sie Johannas Mutter für die Warnung und die Fluchtmöglichkeit dankbar sein.
»Möge Gott uns beistehen!«, sagte Irmela, drehte sich um und sah das Gebäude an, das sie nun verlassen durfte. Sie empfand es immer noch so bedrohlich wie am ersten Tag, und so erschien ihr das Auftauchen ihrer Stiefgroßmutter nun wie eine Erlösung.
Keiner fragte, wie Helene von Hochberg in dieser Zeit an ein Boot gekommen war, und es interessierte sich auch niemand für ihr Gepäck. Die Frau hätte allerdings auch schlecht sagen können, dass sie den Schiffer, der in den Diensten eines anderen gestanden war, donauaufwärts mit einigen Münzen geködert hatte und die wertvolleren Teile ihres Gepäcks aus einer verlassenen Kirche in der Nähe der Front stammten. Helene hatte die Sachen noch an sich nehmen und fliehen können, bevor die Schweden
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