Die Feuerbraut
Steuer, während zwei der Soldaten die Riemen ergriffen und das Boot mit kräftigen Ruderzügen in den Strom hineinlenkten. Der Dritte schöpfte das eindringende Wasser mit einem Ledereimer und leerte diesen ohne Schwung über die Bordwand aus, als habe auch er Angst, eine hastige Bewegung zu machen.
Kiermeier trat in den Bug, um nach Hindernissen im Wasser Ausschau zu halten, wandte sich aber nach einer Weile zu seinen Passagieren um. »Ich bin froh, dass wir die Stadt verlassen konnten. Es wurden bereits Anzeichen einer Seuche gemeldet, und da sich hinter ihren Mauern so viele Menschen zusammendrängen, kann dort in kurzer Zeit die Hölle los sein. Ich habe im Krieg mehr Männer an Krankheiten sterben sehen als im Feld.«
Irmela zog die Schultern hoch, als friere sie. Noch nie war sie ernsthaft krank gewesen, und der Gedanke, hilflos in einem Spital zwischen anderen Kranken und Sterbenden liegen zu müssen und nur noch auf Gottes Gnade und Barmherzigkeit bauen zu können, ließ sie schaudern.
Während der Fahrt verstummten die Gespräche. Die Frauen starrten auf die mit Buschwerk und Ried bewachsenen Ufer der Donau, die sich immer wieder verzweigte, größere und kleinere Inseln umfloss und sich an anderer Stelle wieder zu einem breiten Strom vereinte. Als sie eine weitere Flussbiegung erreichten, in der die Donau sich gabelte, und Fabian auf Kiermeiers Anweisungin den wegen seiner Untiefen und unberechenbaren Strömungen als unpassierbar geltenden Arm steuerte, sahen sie nach kurzer Zeit ein klobiges Gebäude vor sich auftauchen, das direkt dem Wasser zu entspringen schien.
Meinarda deutete auf den Auwald dahinter. »Sind wir dort wirklich vor den Schweden sicher, Herr Hauptmann?«
»Gewiss nicht weniger sicher als in der Stadt, Erlaucht. Das Haus ist wie eine Festung gebaut und von Land aus nur über einen Knüppeldamm zu erreichen. Der ist aber bereits halb im Moor versunken, und nur Eingeweihte vermögen ihm zu folgen. Solange die Unseren Neuburg halten, werden die Schweden wohl kaum hier auftauchen.«
Die anderen Frauen nickten erleichtert, doch Irmela starrte auf das näher kommende Gebäude und spürte Widerwillen in sich aufsteigen. Am liebsten hatte sie Kiermeier gebeten, weiterzufahren, denn alles in ihr weigerte sich, das Haus zu betreten. Sie vermochte sich dieses Gefühl selbst nicht zu erklären, doch das alte Gemäuer, dessen Grundmauern früher einmal eine kleine Burg getragen haben mochten, flößte ihr Abscheu ein.
Die Fenster wirkten kleiner als Schießscharten, und die Front war vom Alter und vielen Hochwassern verfärbt. Zwar konnte man das Eingangstor vom Fluss aus nicht einsehen, doch Irmela stellte sich nach den Beschreibungen vor, dass es einer alten Burganlage glich und leicht zu verteidigen war. Sie fühlte sich nicht durch die einsame Lage und die Gefahr von außen abgeschreckt, sondern von dem in den Fluss ragenden Bauwerk selbst.
»Wir werden schon erwartet!« Kiermeiers Stimme lenkte Irmelas Blick auf die Anlegestelle am Ufer, zu der mehrere Leute hinunterhasteten. An ihrer Spitze ging ein älterer Mann im braunen Rock, der gerade seinen Filzhut abnahm, um die hochgestellten Gäste zu begrüßen. Dünnes, graues Haar umrahmte ein schmales, scharf gezeichnetes Gesicht. Der Mann schien wenig erfreut,Irmela und ihre Begleiterinnen aufnehmen zu müssen, obwohl er in den Diensten ihres Vaters und damit jetzt in den ihren stand. Dem Kastellan folgten mehrere Frauen, deren graue und braune Kleider sie als Mägde auswiesen und die ebenfalls missmutig wirkten.
Kiermeier schien die abweisenden Mienen nicht wahrzunehmen, denn seine Stimme klang munter, ja geradezu erleichtert, als er Fabian befahl, auf den Anlegesteg zuzuhalten. Kaum hatte das Boot das Holz berührt, stieg er mit einer Leine in der Hand hinaus und schlang sie, da keiner der Bediensteten Anstalten machte, ihm zu helfen, selbst um einen alten, halbverfaulten Pfosten. Dann ließ er den Kahn so herumschwingen, dass die Passagiere aussteigen konnten.
»Willkommen auf Eurem eigenen Grund und Boden, Komtesse Hochberg«, sagte er lachend, während er Irmela an Land hob.
Als alle wieder auf festem Boden standen, zupfte sie ihn am Ärmel. »Wisst Ihr, wie meine Familie zu diesem Gebäude gekommen ist?«
Kiermeier nahm Irmelas zweifelnde Miene wahr und lächelte. »Früher war hier eine Zollburg der bayerischen Herzöge, die in den Besitz des Hauses Pfalz-Neuburg übergegangen ist. Einer der Herzöge hat die Wehranlage
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