Die Feuerbraut
einen Sonderfrieden mit dem Feind, um sich auf diese Weise für die ihm angetane Schmach zu rächen, und das verunsicherte manch braven Katholiken.
Irmela hatte inzwischen beschlossen, den vielen Erzählungen und einander widersprechenden Gerüchten keinen Glauben zu schenken, und war einfach froh, als ihre Zille in Höhe des Domes anlegte und freundliche Menschen ihr halfen, mit dem kleinen Siegmar auf dem Arm an Land zu steigen. Sogleich begann der Boden unter ihren Füßen zu schwanken, und sie fühlte sich zu müde und zu steif, um noch einen Schritt gehen zu können.
Meinarda, die Irmela ihren Sohn während des größten Teils der Fahrt überlassen hatte, da sie selbst nicht mehr in der Lage gewesen war, auf ihn aufzupassen, musste vom Boot gehoben werden. Noch stärker hatte die Reise Ehrentraud zugesetzt. Die Enge auf der Zille, der Mangel an sauberem Wasser und die unzureichende Versorgung ihrer Wunden hatten einen der Schnitte in ihrem Gesicht anschwellen und eitern lassen, und ihre rechte Brust nässte ebenfalls. Da die Verletzte trotz ihrer Schwäche mindestens einmal am Tag in einen Wutausbruch verfallen war und dabei alle anderen bis auf Johanna beschimpft hatte, hoffte nicht nur Irmela, dass sich ihre Wege bald trennen würden. Zunächst aber erhielten alle weiblichen Personen ihrer Gruppe Obdach in einem der Bürgerhäuser, in dem sich mitleidige Ordensfrauen ihrer annahmen.
Irmela trank genussvoll die warme, mit Honig gesüßte Milch, die man ihr reichte, und fütterte Siegmar, der so schwach war, dass er nicht einmal mehr weinte. »Schon um Eures Sohnes willen hoffe ich, dass wir nicht mehr weit reisen müssen«, sagte sie zu Meinarda,die neben ihr auf einem Stuhl saß und verloren vor sich hin starrte.
»Für den Buben wäre es wirklich besser, wenn wir uns irgendwo häuslich niederlassen könnten.« Walburga Steglinger versuchte zu lächeln, doch es entgleiste zu einer Grimasse. Ihr Mann hatte sich nämlich entschieden, vorerst in Passau zu bleiben, um die Unterstützung des Fürstbischofs Leopold von Habsburg für seine Scheidung zu erlangen.
»Der Teufel soll ihn holen!«, setzte Walburga leise hinzu. Da Meinarda erschrocken auffuhr, beeilte sie sich zu versichern, dass sie nicht Siegmar, sondern ihren Ehemann gemeint hatte.
»Ich habe gehört, dass Herr Steglinger die Lage Passaus, das so günstig zwischen Bayern, Österreich und Böhmen liegt, ausnützen will, um Geschäfte zu tätigen«, berichtete Moni, die sich trotz der anstrengenden Fahrt von ihren Verletzungen erholt hatte und kräftiger wirkte als im Haus über dem Strom.
Walburga bleckte die Zähne, als wolle sie ihrem Ehemann an die Kehle fahren. »Er hat zwar unsere Möbel und andere Güter auf der Flucht verloren, aber die Goldmünzen retten können. Nun will er sein Kapital so schnell wie möglich vermehren. Wahrscheinlich kauft er billiges Zeug ein und verschachert es zu horrenden Preisen an die Heerführer. Ein ehrenhafter Mann war er nie.«
Es war das schlimmste Urteil, welches eine Ehefrau über ihren Mann fällen konnte. Walburga starrte auf das Bildnis der Heiligen Jungfrau, das an der Wand hing, und hob ratlos die Hände. »Bei der Himmelsmutter! Ich hätte rein gar nichts dagegen, wenn meine Ehe aufgelöst würde, denn mit diesem Mann will ich nicht mehr zusammenleben. Aber ich überlasse ihm nicht mein Erbe. Es ist nicht viel wert, würde mir aber ermöglichen, in Ruhe zu leben, soweit dies in unseren jetzigen Zeiten möglich ist.«
Weder Irmela noch die beiden Frauen hatten während ihres Gesprächs auf Helene von Hochberg geachtet, die aufmerksam zugehört hatte, und sie sahen auch nicht das ebenso zufriedene wie spöttische Lächeln, das ihre Lippen umspielte. Letztlich hatte Steglinger sich auf ihren Rat hin entschlossen, in Passau zu bleiben. Sie hatte ihm einige Namen nennen können, die für ihn interessant waren, und ihn dazu gebracht, sie an seinen Geschäften zu beteiligen. Auch hatte Steglinger es übernommen, einige Gegenstände zu Geld zu machen, die nicht bei ihr gefunden werden durften.
Nun musterte Helene die Gruppe und sagte sich, dass ihr weder Meinarda noch Walburga gewachsen waren, von Irmela ganz zu schweigen. Immerhin galt sie in dieser Stadt, in der niemand die wahren Verhältnisse der Hochbergs kannte, als Großmutter der Erbin und damit als deren Vormund. Das würde sie ebenfalls zu ihrem Vorteil nutzen und zu dem ihrer Tochter. Bei dem Gedanken an Johanna wurde ihr warm ums Herz. Das
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