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Die Feuerbraut

Titel: Die Feuerbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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das Gebäude erreicht und niedergebrannt hatten.

XVI.
    Die Damen und die Nonnen, die sie begleiten durften, hatten nicht viel Gepäck, und so konnte die Gruppe um Irmela, zu der nun Helene gestoßen war, binnen einer halben Stunde aufbrechen. Erst unterwegs stellten sie fest, dass sie nur für wenigeMahlzeiten Lebensmittel an Bord hatten. Da die Soldaten die bereits hoch beladene Zille gegen die anderen Flüchtlinge im Haus hatten verteidigen müssen, war es nicht möglich gewesen, Vorräte aus der Speisekammer zu holen.
    Als Irmela sich unauffällig umsah, stellte sie fest, dass Helene von Hochberg in ihr Boot neben Möbeln und Kisten auch Stoffballen geladen hatte, die noch wie beim Händler verpackt waren. Auch befanden sich Sachen darunter, die sich im Besitz einer Dame von Stand seltsam ausmachten. Da sich eine Plane gelockert hatte und im Wind flatterte, entdeckte Irmela eine silberne Monstranz und einen Kelch, wie er für das heilige Abendmahl verwendet wurde. Der Besitz dieser Dinge, die achtlos wie Beutegut verstaut waren, machte ihr Helene suspekt.
    Dabei tat Johannas Mutter alles, um sich bei ihr einzuschmeicheln. So erhielt sie die wärmste Decke und zusätzlich ein Stück Segeltuch, mit dem sie sich gegen Spritzwasser schützen konnte, und ihr wurde auch das Essen reichlicher zugeteilt als Johanna oder Ehrentraud. Doch all das wirkte so aufdringlich, als wolle Helene sich ihr in kürzester Zeit als Mutterersatz schmackhaft machen, und dagegen sträubte Irmela sich innerlich.
    Johanna beobachtete fassungslos, wie sich ihre Mutter um die verhasste Nichte kümmerte, und beklagte sich bitter. Daraufhin versetzte Helene ihr einen scheinbar scherzhaft gemeinten Nasenstüber. »Im Gegensatz zu dir muss Irmela noch wachsen!«
    Dabei schenkte sie Johanna einen Blick, der eine besitzergreifende Zufriedenheit ausdrückte. Das Mädchen war so schön, wie sie es erhofft hatte. Mit den blauen Augen, den hellblonden Haaren und der an den richtigen Stellen gerundeten Figur sah Johanna genauso aus wie sie selbst in diesem Alter.
    Irmela, die ihre Stiefgroßmutter beobachtete, kam es so vor, als taxiere Helene ihre Tochter, so als wolle sie deren Wert in Gulden messen. So ähnlich hatte ihr Vater junge Pferde betrachtet,die er kaufen wollte. Offensichtlich schätzte die Frau Johannas Heiratsaussichten ab. Da Helene jedoch nicht so wirkte, als sei sie vermögend, auch wenn sich einige wertvolle Gegenstände in ihrem Besitz befanden, war das in der jetzigen Situation eine müßige Frage. Sie alle würden froh sein müssen, wenn sie ein Dach über dem Kopf fanden.
    Irmela wurde bei diesen Überlegungen wieder schmerzhaft bewusst, dass sie im Augenblick bettelarm war. Nur Herr von Stainach, jener Gefolgsmann des Pfalzgrafen Wolfgang Wilhelm, der ihre Besitztümer verwaltete, konnte wissen, ob sie noch ein nennenswertes Vermögen besaß oder ob der Krieg ihr alles genommen hatte, doch dieser fuhr mit Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm von Wittelsbach, Herzog von Pfalz-Neuburg, die Donau abwärts. Mit viel Glück würde sie den Höfling in Passau antreffen, falls er nicht schon mit seinem Herrn nach Wien weitergereist war.
    Während die Zille auf Ingolstadt zuhielt, schüttelte Irmela alle Gedanken an ihre düster aussehende Zukunft ab und richtete ihr Augenmerk auf das, was um sie herum geschah. Die ganze Welt schien auf der Flucht zu sein. Unzählige Wasserfahrzeuge aller Art waren unterwegs, und so hatten sie einen Zusammenstoß mit einem anderen Boot mehr zu fürchten als Untiefen, Felsen und treibende Baumstämme, welche die Fahrt auf dem Strom zu einer gefährlichen Angelegenheit machten.
    In Ingolstadt brachte Helene es fertig, Margarete von Sinzendorf und deren Begleiterinnen loszuwerden. Die beiden Frauen waren sich während der kurzen Zeit mehrfach in die Haare geraten, und die scharfen Zwiegespräche hatten an Irmelas Nerven gekratzt. Daher war das Mädchen froh, die Äbtissin scheiden zu sehen, obwohl diese eine angenehme Reisegefährtin gewesen war.
    Helene von Hochberg erwies sich als äußerst geschickt, neue Bekanntschaftenanzuknüpfen, so gelang es ihr noch in der Stadt, sich einer aus mehreren Zillen bestehenden Reisegruppe anzuschließen. Obwohl ihre Sicherheit dadurch erhöht und ihnen auch mit Lebensmitteln ausgeholfen wurde, blieb ein unangenehmer Nachgeschmack, denn der Wortführer der Leute war Walburgas Ehemann Rudolf Steglinger.
    Zwar bemühte er sich, seine Frau nach Kräften zu ignorieren, warf ihr aber,

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