Die Feuerbraut
wollte. Doch solange ihre Wunden nicht verheilt waren, würde es ihm nicht einmal möglich sein, sie mit einem Edelmann niedrigeren Ranges zu verheiraten,den die Ehre, mit der reich verzweigten Sippe der Lexenthals verschwägert zu sein, über die Narben in ihrem Gesicht hinwegschauen ließ.
»Die Flucht war hart, und die Ungewissheit, was aus mir armer Waise werden würde, hat mich Tag und Nacht gequält«, antwortete Ehrentraud in der Hoffnung, ihr Onkel würde Mitleid haben und sie gut versorgen.
Lexenthal starrte auf seine Hände, weil er den Anblick ihres entstellten Gesichtes nicht ertragen konnte. »Ich möchte allein mit dir sprechen!«
Helene von Hochberg, die nach Wegen suchte, sich in Erinnerung zu bringen und dabei beliebt zu machen, griff sein Wort auf. »Bitte, meine Damen, gönnen wir uns ein wenig Sonnenschein«, forderte sie Meinarda und Walburga auf und schob sie zur Tür hinaus. Irmela und Moni folgten, während Johanna sich nur zögernd entfernte. Daher war sie die Einzige, die sah, wie ihre Mutter in dem neben ihrem Zimmer liegenden Raum verschwand, in den auch eine Zwischentür führte. Wenn man das Ohr auf das Türblatt legte, vermochte man den Gesprächen drüben zu folgen, sofern die Beteiligten nicht flüsterten.
Lexenthal wartete, bis die Tür geschlossen war, und wies Ehrentraud an, sich wieder zu setzen. »Ich werde in wenigen Tagen nach Wien weiterreisen«, begann er.
Trotz ihrer Schwäche leuchteten Ehrentrauds Augen auf. »Ihr nehmt mich gewiss in die Kaiserstadt mit, Oheim.«
»Nein, du wirst hierbleiben!« Der Prior ignorierte ihre Enttäuschung. Natürlich bedeutete Wien ausgezeichnete Ärzte, die sie vielleicht sogar heilen konnten, und Bekanntschaften mit Damen und Herren, die bei Hofe verkehrten. Als armes, unschuldiges Opfer der schwedischen Barbaren wäre sie wohl auch am kaiserlichen Hof empfangen worden.
»Vielleicht werde ich dich später nachkommen lassen«, antworteteer, als er ihren enttäuschten Seufzer vernahm. »Vorerst brauche ich dich hier.«
»In Passau?«, fragte Ehrentraud verwundert.
Der Prior schüttelte den Kopf. »Nicht in der Stadt, sondern ein Stück weit in den Bergen im Norden, genauer gesagt auf dem Besitz der Hochbergs. Du wirst Frau Helene und die anderen dorthin begleiten.«
»Aber warum denn?« Das Mädchen weinte vor Enttäuschung. Auch wenn Ehrentraud Johanna Freundin nannte und nur ungern von ihr geschieden wäre, so wollte sie doch höchst ungern in der trostlosen Einsamkeit der Waldberge leben.
»Du wirst Irmela von Hochberg im Auge behalten und mir von Zeit zu Zeit berichten, was sie tut und wie sie sich verhält. Ich werde dafür Sorge tragen, dass deine Briefe mich erreichen. Eigentlich ist alles, was dort geschieht, für mich von Interesse, denn ich weiß nicht, ob ich den anderen Hochberg-Frauen trauen kann. In erster Linie geht es mir um die kleine Hexe. Sie scheint dir noch immer zu schaden, denn deine Wunde sieht schlimmer aus als zuvor.«
»Und trotzdem wollt Ihr mich zwingen, mit Irmela unter einem Dach zu leben?« Ehrentraud wehrte entsetzt ab. Zwar hasste sie Irmela nicht so fanatisch, wie Johanna es tat, aber nach allem, was ihre Freundin ihr berichtet hatte, musste die kleine Hochberg ein Ungeheuer sein, das die Schweden zu dem Flüchtlingszug gelockt hatte, um sich an etlichen Leuten zu rächen und deren Seelen ihrem teuflischen Herrn zuzuführen.
Der Prior ließ sie jedoch nicht zu Wort kommen. »Die Hexe will dich verderben, doch ich werde dir eine Reliquie aus dem Klosterschatz mitgeben, die dich beschützt. Wenn ich das Weib, das dir deine Ehre und deine Schönheit genommen hat, der gerechten Strafe zuführen soll, muss ich unzweifelhafte Beweise vorlegen können, und die wirst du mir beschaffen. Es wird deinSchaden nicht sein. Auch wenn die Hochbergs einige Güter verloren haben, sind sie immer noch reich, und wer eine Hexe oder einen Hexer bei der hohen Obrigkeit anzeigt, erhält einen Anteil an dem Vermögen derer, die für schuldig befunden wurden. Mit deiner Belohnung könntest du dir entweder einen halbwegs passablen Ehemann verschaffen oder als hochrangige Nonne in ein bedeutendes Frauenkloster eintreten.«
Der Prior glaubte, seine Nichte würde nach ihren schrecklichen Erfahrungen mit den Schweden die Ruhe und die Sicherheit eines Klosters vorziehen, doch Ehrentraud schüttelte es bei dem Gedanken. Von den Nonnen eines Klosters wurde Disziplin gefordert, und das war ebenso wenig nach ihrem Geschmack wie
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