Die Feuerbraut
wenn sie es nicht sehen konnte, Blicke zu, die seine Wut über ihre Zähigkeit verrieten. Irmela las ihm den Wunsch von der Stirn ab, Walburga möge ein ebenso schnelles wie tiefes Grab in den Fluten der Donau finden.
Auch Meinarda von Teglenburg schien anzunehmen, der Mann würde die erste Gelegenheit nutzen, das Ende seiner Frau zu beschleunigen, denn sie ließ ihn, wenn er in Walburgas Nähe kam, nicht aus den Augen und sorgte dafür, dass ihre Freundin dicht bei ihr blieb. Wenn die Boote kurz nach Sonnenuntergang auf einer Sandbank oder einem abgelegenen Uferstreifen angelandet waren und sie ihren körperlichen Bedürfnissen nachgehen konnten, entfernten die beiden sich nie weit von der Gruppe.
Irmela suchte auch an Land Meinardas und Walburgas Gesellschaft, während Johanna und Ehrentraud sich immer stärker Helene anschlossen. Auch Fabian hatte wohl einen Narren an der schier aus dem Nichts aufgetauchten Frau gefressen, denn er spielte für sie, ihre Tochter und auch für Ehrentraud den Kavalier. Kiermeier schien zwischen der Verlockung zu schwanken, die von Helene von Hochberg ausging, und seinem Beschützerinstinkt, der ihn drängte, sich um Meinarda und deren Sohn zu kümmern. Da er ein Dutzend Jahre älter war als Fabian und weitaus erfahrener, hielt er geschickt die Balance zwischen den beiden Gruppen, in die die Passagiere der Zille zerfielen, und sorgte dafür, dass sie niemals direkt neben Steglingers Boot anlegten. Auch bestand er als ranghoher Offizier darauf, den Befehlzu führen, und legte sich mit dem ehemaligen Gutsbesitzer an, der alle Schiffer unter seinem Kommando sehen wollte.
Ein paarmal konnte Kiermeier sich nur durchsetzen, indem er die Hand auf den Griff seines Pallaschs legte, und als es wieder einmal zu einem Wortgefecht kam, bei dem Rudolf Steglinger unterlag, freute Irmela sich so über das säuerliche Gesicht des Heereslieferanten, dass sie dem Hauptmann ihren Becher Wein reichte, den sie zum Abendessen erhalten hatte.
»Den habt Ihr wahrlich verdient, Hauptmann Kiermeier.«
Kiermeier beäugte das Gefäß und leckte sich die Lippen. Ihre Vorräte waren so knapp geworden, dass es für jeden nur einen Becher zum Frühstück und einen zum Nachtmahl gab, und seine Soldatenkehle war wie ausgedörrt. Trotzdem rang er sich ein Lächeln ab und schob Irmelas Hand sanft von sich weg.
»Das ist gut gemeint, aber Ihr müsst selbst trinken, Fräulein. Nicht dass Ihr Euren Durst mit Wasser aus der Donau stillt. Der ganze Schmutz der Städte fließt in den Fluss, und Ihr könnt zudem sicher sein, dass diejenigen, die in den Städten den Seuchen zum Opfer fallen, und viele in den Kämpfen Gefallene ihr Grab in der Donau und ihren Nebenflüssen finden. Dieses Wasser führt den Tod mit sich.«
Frau Meinarda, die ihren Becher eben mit Donauwasser hatte füllen wollen, weil Siegmar trotz seines Bechers Wein noch über Durst klagte, ließ das Gefäß erschrocken los und musste schnell danach greifen, weil es davonzuschwimmen drohte.
»Ihr hättet uns schon früher warnen sollen«, tadelte sie Kiermeier.
Dieser senkte schuldbewusst den Kopf. »Ich war überzeugt, ich hätte es bereits getan.«
»Das habt Ihr auch. Frau von Teglenburg hat es wohl nur vergessen.« Helene schenkte dem Offizier dabei ein Lächeln, welches in Meinarda ein nie gekanntes Gefühl weckte. Am liebsten hättesie der aufdringlichen Person das Gesicht zerkratzt. Doch der Gedanke, gegen die weitaus kräftigere Helene den Kürzeren zu ziehen, hielt sie ebenso davon ab, handgreiflich zu werden, wie die Tatsache, dass sich ein solches Tun schlecht mit dem Ruf einer Reichsfreiin von Teglenburg vereinbaren ließ.
»Ich kann mich nicht erinnern«, erklärte sie patzig und rieb den Becher mit dem Saum ihres Ärmels trocken.
»Mama, ich habe Durst!«, greinte der Kleine.
»Ich werde zusehen, ob ich noch etwas Wein auftreiben kann«, sagte Kiermeier und verließ die Gruppe. Kurz darauf kehrte er mit einer Tonflasche zurück.
»Da drin ist leider nichts für Euren Sohn. Doch den Damen wird es vielleicht gegen die Kälte helfen, die vom Wasser aufsteigt.« Er wollte die Flasche Meinarda reichen, doch Helene war schneller. Mit einem geschickten Griff entfernte sie den Stöpsel und setzte die Flasche an. Sie trank lange, und als sie fertig war, stieß sie geräuschvoll auf. Das verwunderte Irmela, denn bisher hatte Helene sich meist sehr betont als Dame von Stand gegeben.
Johanna nahm ihr die Flasche ab und hob sie an den Mund, um es
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