Die Feuerbraut
schien er sich daran zu erinnern, dass er seinen Namen noch nicht genannt hatte, und blickte Irmela hochmütig an.
»Vor dir siehst du Bertram Lohner, Arzt, Chirurg und erfahren darin, Narben und andere störende Male zu beseitigen.«
Irmela fand keinen der beiden Männer sympathisch und hoffte, dass deren Vertrauen in die eigene Kunst gerechtfertigt war. Wenn sie Ehrentraud enttäuschten, würden alle Bewohner des Gutshofs bis hinab zum Schweinejungen diese Niederlage ausbaden müssen. Deswegen bemühte sie sich um einen freundlichen Ton und bat die beiden, einen Augenblick zu warten. »Gleich wird eine Magd kommen und sich Eurer annehmen.«
»Ich verlange, von der Herrin empfangen zu werden!« Wendelin Portius zog einen Schmollmund.
Irmela verkniff sich jede Bemerkung und lief los, um eine Magd zu suchen, die die beiden einander erneut beschimpfenden Herren zu Helene geleiten sollte.
II.
Da sich kein Dienstbote sehen ließ, lief Irmela in die Küche, die einen Halbstock tiefer lag als die Repräsentationsräume und der Trakt mit den Gemächern für den Hausherrn und hochgestellte Gäste, die nun von Helene, Johanna und Ehrentraud bewohnt wurden. Zwar fand sie auch dort keine der Hausmägde vor, dafür aber Moni, die gerade den Brei für den kleinen Siegmar zubereitete, und Walburga Steglinger. Irmela mochte die ältere, etwas unförmige Frau trotz ihres derben Wesens, während die drei Megären, die den Gutshof nun beherrschten, ständig gegen Walburga gifteten und sie schon hinausgeekelt hätten, würde die Freiin nicht ihre schützende Hand über sie halten.
Helene schien es sich nicht ganz mit Meinarda verderben zu wollen, weil diese bei Herzog Wolfgang Wilhelm gut angesehen war. Im Gegensatz zu der Freiin, die sich in sich selbst zurückgezogen hatte und sich nur um ihren Sohn kümmerte, ließ Walburga sich nichts von Helene gefallen. Da sie selbst aus ritterlichem Geschlecht stammte, nahm sie Irmelas Stiefgroßmutter ebenso wenig ernst wie deren Tochter. Sie kümmerte sich auch nicht um Ehrentraud, die sie immer wieder beschimpfte, weil sie es nicht verwinden konnte, dass die ältere Frau zwar von den Schweden vergewaltigt, aber nicht so schrecklich zugerichtet worden war wie sie.
»Du solltest deine Gedanken einsperren, mein Kind! Sie fliegen arg wild durch die Gegend.« Walburga sah ihrer kleinen Freundinan, dass diese etwas auf dem Herzen hatte, sich aber noch stärker als früher in Tagträumen verlor.
Über Irmelas Gesicht huschte ein scheues Lächeln. »Es ist schlimm mit mir, nicht wahr?«
»Mit anderen ist es weitaus schlimmer.« Walburga zog die Lippen verächtlich hoch und wirkte nun selbst für einige Augenblicke geistesabwesend. Aber sie rief sich wieder zur Ordnung und blickte Irmela fragend an. »Also, was ist geschehen?«
»Da sind zwei Männer gekommen. Sie sagen, sie seien Ärzte, die sich um Ehrentraud kümmern sollen. Der Prior hat sie geschickt.«
»Das wurde aber auch Zeit! Nun wird dieses egoistische Frauenzimmer wohl an etwas anderes denken müssen als an das, was ihr zugestoßen ist.« Walburga Steglinger seufzte und blickte Irmela forschend an. »Also bist du auf der Suche nach jemand, der den Herren ihre Kammern anweist, und nach einem Knecht, der ihre Sachen dorthin bringt.«
Irmela nickte. »Da niemand ihnen geöffnet hat, bin ich selbst an die Tür gegangen. Aber ich weiß nicht, wo die Männer untergebracht werden sollen.«
»Ich werde mich darum kümmern.« Walburga strich Irmela über das Haar und fragte sich, wie es kam, dass eine Komtesse Hochberg mit siebzehn Jahren noch so schüchtern und unselbständig wirkte. Als sie im gleichen Alter gewesen war, hatte sie weitaus schwierigere Situationen meistern müssen. Wahrscheinlich war die so plötzlich aufgetauchte Stiefgroßmutter daran schuld, denn sie behandelte Irmela wie ein Kleinkind und machte sich ständig über sie lustig. Wenn das Mädchen nicht anfing, sich zu wehren, würde Helene ihre Tochter Johanna an ihre Stelle setzen. Sie schüttelte sich, um den bösen Verdacht, der schon lange in ihr aufgekeimt war, aus ihrem Kopf zu vertreiben, und verließ die Küche. Moni, die Siegmars Kinderfrau geworden war, folgte ihr mit dem Brei für ihren Schützling, Irmela blieb allein zurück.
Sie trat an den Herd und streckte ihre Hände über das Feuer, um sie zu wärmen. Das Geräusch der sich öffnenden und wieder schließenden Tür schreckte sie aus ihrem Sinnieren auf, und sie drehte sich erschrocken um. Aber es
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