Die Feuerbraut
ersten Augenblick tat das Fräulein ihr leid. Dort, wo Jungfern imgleichen Alter bereits üppige Brüste aufwiesen, saßen die dunklen Brustwarzen fast noch auf den Rippen, und Irmelas Hintern war schmal wie der eines Knaben. Doch wenn die junge Dame sich bewegte, tat sie es mit einer Grazie, die sie noch bei keinem Menschen gesehen hatte. Irmela von Hochberg war für eine Angehörige des Adels geradezu winzig und würde wohl auch nie die üppigen Formen annehmen, für die die meisten Männer schwärmten. Dennoch konnte aus ihr eine durchaus hübsche Frau werden. Da sie erst siebzehn Jahre zählte, würde sie wohl noch etwas wachsen und an den richtigen Stellen zunehmen. Zufrieden mit ihrer Entscheidung, sich dem Fräulein anzudienen, wollte Fanny Irmela, die sich inzwischen Gesicht und Hände gewaschen hatte, das Laken reichen. Zu ihrer Verwunderung aber setzte diese ihre Säuberung fort und machte auch vor Stellen nicht halt, die Fanny wegen der flammenden Predigten des Pfarrers von Büchlberg gegen die Unmoral der heutigen Zeit nicht einmal bei sich selbst anzufassen wagte.
Irmela bemerkte das Erstaunen der Magd und lächelte entschuldigend. »Ich mag es nicht, wenn ich an dieser Stelle rieche. Das verträgt meine Nase nicht.«
Fanny nickte verstehend mit dem Kopf und beschloss, es in Zukunft Irmela gleichzutun. Wenn sie in deren persönliche Dienste treten wollte, durfte sie nicht riskieren, die junge Herrin mit ihrer Ausdünstung abzustoßen.
III.
Die Ankunft der Ärzte brachte Abwechslung in das eintönige Leben auf dem abgelegenen Gut. Helene von Hochberg hatte den beiden Männern die besten Kammern zuweisen lassen und empfing sie im ansehnlichsten Raum des Hauses. Portius undsein Rivale Lohner verneigten sich vor ihr und ihrer Tochter, als ständen sie der Herzogin von Pfalz-Neuburg gegenüber, während sie Meinarda von Teglenburg, die auf einem Stuhl neben dem Fenster saß und stickte, nur mit einer knappen Verbeugung bedachten. Die Herren hatten bereits erfahren, dass es sich bei ihr um einen Gast handelte, und hielten Helene für die Hausherrin. Diese hatte sich in ein fließendes Gewand mit Puffärmeln und einem spitzenverzierten Stehkragen gehüllt und thronte auf einem mit dicken Polstern belegten Lehnstuhl. Von dort hieß sie die Herren mit Nonchalance willkommen.
Während Portius einen längeren Vortrag über die Erfolge anstimmte, die er mit seiner Heilkunst erreicht haben wollte, rieb sein Konkurrent sich nachdenklich über die Nase und starrte Helene durchdringend an. Plötzlich hob er die Hand und unterbrach Portius’ Suada.
»Bei Gott, Helene! Bist du es wirklich? Ich habe dich zuletzt im Heer des Prinzen von Homburg gesehen. Was hat dich in diese Gegend verschlagen, und wie bist du in den Besitz dieses Hauses gelangt? Da muss einer deiner letzten Gönner großzügiger gewesen sein als die vor ihm.«
Helene maß ihn mit einem Basiliskenblick. »Ihr müsst Euch täuschen. Ich bin Frau von Hochberg, und dieses Gut ist nur ein unbedeutendes Besitztum meiner Familie.« Ohne Lohner eines weiteren Blickes zu würdigen, forderte sie Portius auf, mehr über seine Heilerfolge zu berichten. »Unsere liebe Ehrentraud wird gewiss sehr froh sein, wenn sie sich in Eure fürsorgliche Hand begeben kann.«
»Pah! Was der Kerl macht, ist doch nur Scharlatanerie«, bellte Lohner dazwischen.
»Lasst Euren hochverehrten Kollegen ausreden. Ihr erhaltet später die Gelegenheit, Euch Eurer Kunst zu rühmen.« Helenes Stimme klang scharf, doch Irmela, die leise eingetreten war undneben Meinarda Platz genommen hatte, glaubte eine Angst darin schwingen zu hören, die für diese in sich selbst verliebte Frau ganz ungewöhnlich war. Anscheinend kannte Lohner sie aus Zeiten, an die sie nicht erinnert werden wollte. Irmela durchforstete ihr Gedächtnis nach allem, was sie über die zweite Frau ihres Großvaters erfahren hatte, doch sie fand nicht viel. Im Haus ihrer Eltern war Helenes Name niemals gefallen, und hätte sie nicht den Klatsch der Mägde vernommen, wäre ihr die Existenz dieser Person verborgen geblieben. Ihr Vater hatte immer so getan, als wäre Johannas Mutter kurz nach deren Geburt gestorben, und als sie ihn einmal auf Helene angesprochen hatte, war er zornig geworden. Nun bedauerte Irmela, nicht mehr über ihre Stiefgroßmutter zu wissen. Lohners Bemerkung und Helenes Antwort wiesen darauf hin, dass diese Frau eine sehr unstandesgemäße Vergangenheit hatte.
Unterdessen hatte Portius den Vorteil
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