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Die Feuerbraut

Titel: Die Feuerbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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berichtet, sondern ebenso von früheren Zwischenfällen. Kein normaler Mensch konnte so feine Ohren oder so scharfe Augen haben, ohne über übernatürliche Kräfte zu verfügen, und die musste Irmela von ihrer Mutter geerbt haben. Es hätte damals schon enden können, vor der Geburt der kleinen Hexe. Dann wäre sie, Helene, die Erbin ihres Mannes und eine angesehene Frau. Doch Irmhilde von Hochberg zu Karlstein hatte sich mit Hilfe ihrer Beziehung zu den Wittelsbachern in Pfalz-Neuburg und München davor bewahren können, vor den Hexenrichter geschleppt zu werden. Wäre sie verbrannt worden, hätte Ottheinrich seine verletzte Ehre nicht lange überlebt, und sein Vermögen wäre an seinen Vater gefallen und nach dessen Tod zu einem hübschen Teil an sie als dessen Gemahlin.
    Helen sah Irmela an und fragte sich, warum sie sich mit den Brosamen begnügen sollte, die vom Tisch des Hochberg-Vermögens fielen. Aber anders als damals sah sie keinen Weg, das Werk so zu verrichten, dass sie ihre Hände nach außen hin in Unschuld waschen konnte.

III.
    Nach der Hexenverbrennung schien es mehrere Tage, als hätte Helene das Versprechen vergessen, das sie Ehrentraud gegeben hatte, denn sie erwähnte es mit keinem Wort und sprach auch sonst nicht von Zauberei und ähnlichen Dingen. Insgeheim aber war sie von den Möglichkeiten fasziniert, die ihr der Bund mit übernatürlichen Mächten verschaffen konnte. Gleichzeitig wusstesie, wie intensiv die heilige Kirche über ihre Schäflein wachte und dass sie jedes Anzeichen von Hexerei ebenso hartnäckig verfolgte wie das Ketzertum der Protestanten. Sie musste an die Geschehnisse in der Stadt Schwäbisch Wörth denken, die nun Donauwörth genannt wurde und die vor etwas mehr als zwanzig Jahren schwer für die Verhöhnung des wahren Glaubens bestraft worden war. Der Herzog und jetzige Kurfürst Maximilian hatte die Stadt mit Kaiser Matthias’ Zustimmung besetzt und die protestantischen Bürger mit Feuer und Schwert in den Schoß der katholischen Kirche zurückgeholt. Als junge Frau hatte sie mit ansehen müssen, wie die uneinsichtigen Ketzer samt ihren Familien ihr Ende auf dem Richtblock oder dem Scheiterhaufen gefunden hatten.
    Helene erinnerte sich nur zu gut, dass man nicht einmal die jungen Mädchen verschont hatte. Wenn sie nun wieder auf verbotenen Pfaden wandelte, würde sie sehr, sehr vorsichtig sein müssen. Andererseits bot ihr der Abscheu der Pfaffen gegen Ketzer und Hexer eine Möglichkeit, endlich reich zu werden. Der Bettel, den Irmelas Treuhänder ihr zukommen ließen, reichte nicht einmal für ein halbwegs anständiges Leben, geschweige denn für jene Annehmlichkeiten, die für eine Dame ihres Standes einfach unabdingbar waren.
    Aber das, was sie an gemünztem Gold besaß, würde zumindest für ein paar neue Gewänder reichen. Johanna musste ebenfalls neu eingekleidet werden, damit ihre Schönheit besser zum Tragen kam. Auch durfte sie Irmela nicht ganz vernachlässigen, denn deren bestes Kleid sah aus, als wäre es mit der Zeit eingelaufen, es reichte ihr nicht einmal mehr bis zu den Knöcheln, und die Ärmel endeten einen guten Zoll oberhalb der Handgelenke. Wie es schien, war das Mädchen in den letzten Monaten noch einmal gewachsen.
    Da Irmela gerade aufstand, um Ehrentraud neuen Wein einzuschenken,konnte Helene erkennen, dass sie nur noch zwei Handbreit kleiner war als Johanna. Auch Irmelas Figur war voller geworden, der Stoff des Kleides spannte sich über Brust und Hüften. Plötzlich ärgerte Helene sich, dass ihr dies nicht schon früher aufgefallen war. In diesem Aufzug konnte sie Irmela weder irgendwelchen Verwandten präsentieren noch deren Vertrauensleuten in Passau. Sie schnaubte und blickte die anderen mit verbissener Miene an.
    »Es wird an der Zeit, dass wir wieder einmal in die Stadt kommen. Ich werde den Verwalter anweisen, übermorgen eine Kutsche für uns bereitzustellen. Als Magd nehmen wir Fanny mit. Sie kann uns drei bedienen.«
    Ihre Worte verrieten Ehrentraud, dass sie zurückbleiben sollte. »Ich würde gerne mitkommen.«
    Helene war klar, dass es der jungen Frau in erster Linie darum ging, einen Hexer oder eine Hexe aufzutreiben. Doch dabei musste man sehr behutsam sein. Mit ihrer Ungeduld würde Ehrentraud bei dieser delikaten Angelegenheit nur stören. Andererseits war es vielleicht doch besser, sie mitzunehmen und unter Kontrolle zu halten, denn ohne Aufsicht konnte sie der Dienerschaft verhängnisvolle Befehle erteilen. Daher nickte

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