Die Feuerbraut
kann?«
Helene lachte leise auf. »Das ist nicht gerade leicht, denn diese Leute posaunen gewiss nicht hinaus, wer sie sind. Aber wer es geschickt anfängt, dem könnte es gelingen, so jemanden zu sich zu rufen.«
»Wollt Ihr mir dabei helfen? Bitte, Frau Helene!«, bettelte Ehrentraud, der vor Erregung die Tränen hinunterliefen.
Helene zögerte mit der Antwort. Wohin es führen konnte, wenn man sich auf derlei Dinge einließ, hatte ihr das Ende der alten Frau vor Augen geführt. Andererseits vermochte es ihren Einfluss auf die Nichte des Priors und damit auch auf diesen stärken, wenn es ihr gelingen sollte, eine Hexe oder einen Magier zu finden, der Ehrentraud helfen konnte. Für eine Weile blieb Helene stumm und versuchte, die Risiken abzuwägen. Schließlich seufzte sie tief und nickte. »Ich werde sehen, ob ich etwas für dich tun kann.«
Während Ehrentraud erleichtert aufatmete, fiel Helene ein, dass die Hexe, die sie im Sinn hatte, ihr auch helfen konnte, Steglinger an sich zu binden und einen passenden Mann für Johanna zu finden. Das Mädchen war bereits neunzehn und musste bald verheiratet werden. Mit einem Ausdruck mütterlichen Stolzes musterte sie ihre Tochter. So ähnlich hatte sie ausgesehen, als es ihr gelungen war, das Interesse des bereits bejahrten Johann Antonius von Hochberg zu wecken. Damals hatte sie berechtigte Hoffnungen gehegt, durch diese Heirat reich und eine angesehene Frau von Stand zu werden. Doch dann …
Helene verdrängte den Gedanken an ihren Leichtsinn, durch den sie das Erreichte wieder verloren hatte. Ihr Ehemann war eines Tages dahintergekommen, dass sie es mit der Treue nicht allzu genau nahm, und hatte sich so aufgeregt, dass ein Schlagfluss ihn zu einem lebenden Leichnam hatte werden lassen. Dabei fragte sie sich bis heute, ob ihn die Tatsache, dass sie ihm Hörner aufgesetzt hatte, oder der niedrige Stand ihres Liebhabers, eines strammen Rossknechts, so niedergeschmettert hatte. Bei der Überlegung lachte sie über sich selbst. Das war alles nicht mehr wichtig. Sie hatte es nun in der Hand, sich ein gewisses Vermögen zu schaffen und mit dieser Mitgift die angesehene Ehefrau eines ebenfalls wohlhabenden Mannes zu werden.
Derweil kämpfte Irmela immer noch mit ihrer Übelkeit und hätteHelene am liebsten gebeten, den Wagen anhalten zu lassen, damit sie aussteigen und ihren Magen entleeren konnte. Doch die Angst davor, wieder gescholten und tagelang verhöhnt zu werden, brachte sie dazu, den Mund zu halten. Sie versuchte, sich in Wachträume zu flüchten, wie sie es schon öfter getan hatte, wenn sie ihre Umwelt nicht mehr ertragen konnte, doch die durchdringenden Stimmen der drei rissen sie immer wieder in die unangenehme Gegenwart zurück.
Sie musste an Fabian denken und fragte sich, ob er Ehrentraud mit ihrer neuen, viel hässlicheren Narbe immer noch attraktiv finden würde. Immer wieder war ihr die Szene vor Augen gestanden, als sie die beiden im Bett überrascht hatte, und sie fragte sich nun, ob er ebenso wie die Schweden jene Frauen, auf die er unterwegs traf, als leichte Beute ansah. Für so triebhaft hielt sie ihn zwar nicht, trotzdem nagten Zweifel an ihr. Ein Teil von ihr verteidigte den Freund und entschuldigte sein Verhältnis zu der Entstellten als Mitleid, doch der Teil, in dem ihre verletzten Gefühle hochwallten, beschuldigte ihn, zu jeglicher Sünde fähig zu sein. Ausgerechnet mit Ehrentraud hatte er Dinge getrieben, die den Lehren der heiligen Kirche zufolge nur ein Ehemann mit seinem angetrauten Weib tun durfte. Das empfand sie als Ohrfeige, denn das Mädchen verfolgte sie immer noch mit ihrem Hass, so als habe sie ihr die schrecklichen Narben zugefügt und nicht die feindlichen Soldaten.
Dann schalt sie sich, weil sie sich überhaupt mit Fabian beschäftigte. Die Schweden hatten ihr doch bewiesen, dass Männer im Grunde ihres Herzens wohl allesamt Ungeheuer waren, die Freude daran hatten, Frauen zu erniedrigen und ihnen Schmerzen zuzufügen.
Ganz in ihre Gedanken versunken bemerkte sie nicht, dass die anderen drei sie während ihres Gespräches immer wieder mit verächtlichen Blicken streiften. Für sie hatte Irmela bewiesen,dass sie immer noch ein unmündiges Kind war, das man aus Gnade und Barmherzigkeit an den Tisch zu den Erwachsenen setzte. Dennoch machte Helene sich Sorgen, denn sie war inzwischen fest davon überzeugt, dass Irmela eine Hexe war wie ihre Mutter. Johanna und Ehrentraud hatten ihr nicht nur von den Umständen ihrer Flucht
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