Die Feuerbraut
genannt. Die Tatsache, dass auch ihr Ehemann ihr den Titel einer Gräfin verweigert, und die Art und Weise, wie ihre Ehe geendet hatte, war natürlich Wasser auf die Mühlen jener hochnäsigen Bagage gewesen und trug auch nach all den Jahren noch dazu bei, Johannas Heiratschancen zu vermindern.
Obwohl Helene etliche Stolpersteine vor sich liegen sah, war sie guten Mutes. Die meisten Hochbergs mochten sie zwar verachten, würden sie aber nicht bekämpfen, um die Familienehre nicht zu beschmutzen. Auch stand niemand von ihnen Irmela so nahe, dass er ihre Ansprüche auf die Vormundschaft über das Mädchen hätte übertrumpfen können. In dieser Beziehung waren ihr die von Herzog Wolfgang Wilhelm eingesetzten Vermögensverwalter sogar behilflich, denn sie verteidigten ihre Pfründe gegen jegliche Konkurrenz. Zwar verwehrten die Herren ihr einen tieferen Griff in Irmelas Tasche, würden aber auch in Zukunft alles tun, die Hochberg-Sippe von ihr und dem Mädchen fernzuhalten.
Mit sich und ihren Aussichten recht zufrieden befahl Helene ihrer Leibmagd, den Verwalter zu rufen, der ihre Befehle entgegennehmen sollte. Bereits am nächsten Tag musste ein Bote in die Stadt reiten, um im besten Gasthof genügend Zimmer für sie und ihre Begleiterinnen zu reservieren.
IV.
Passau war bei ihrem letzten Aufenthalt voller Flüchtlinge gewesen, so dass sie sich mit einem Kämmerchen hatten begnügen müssen. Diesmal hingegen stand ihnen das ganze Stockwerk eines Gasthofs zur Verfügung. Helene hatte je ein Schlafzimmer für sich, für Ehrentraud und Johanna sowie für Irmela bestellt,die ihre Kammer allerdings mit Fanny teilen musste. Es gab sogar noch ein zusätzliches Zimmer, in dem sie Besucher empfangen konnte.
Bevor Helene einen Schritt vor die Tür setzte, ließ sie einen Tuchhändler rufen und suchte mit sicherem Auge Stoffe für neue Kleider aus, die in die Hände zweier ihr von der Wirtin empfohlener Näherinnen gegeben wurden. Tatsächlich lieferten die Frauen schon nach zwei Tagen je ein stattliches Gewand nach neuester Mode ab. Helene hatte für sich ein großzügiges Dekolleté mit doppelter Spitzenverzierung fertigen lassen, ihre Tochter aber bekam trotz ihres Protests ein Kleid mit einem am Hals geschlossenen Kragen, welches ihr das Aussehen einer sittsamen Jungfrau verlieh. Nach der gelungenen Anprobe sandte Helene den Wirtsburschen mit der Nachricht ihrer Ankunft an jene Herrschaften, von deren näherer Bekanntschaft sie sich Vorteile versprach.
Der erste Gast, der ihrer Einladung folgte, war Rudolf Steglinger. Auch er war aufs prächtigste in ein besticktes Wams, bis zu den Waden reichende Hosen und Stiefel gekleidet, deren Schaftenden mit Spitzen besetzt waren. Dazu trug er einen Hut mit breiter Krempe, den er so schwungvoll vom Kopf riss, dass der Federbesatz über den Boden schleifte.
»Meine Verehrung, Gnädigste!«, grüßte er und stierte dabei in Helenes Ausschnitt. Diese war sich ihrer Anziehung auf das männliche Geschlecht bewusst und glaubte, Steglinger so einwickeln zu können, dass er ihr in absehbarer Zeit die Ehe antrug.
»Ich freue mich sehr, Euch wiederzusehen, edler Herr.« Helene blickte ihn mit so leuchtenden Augen an, als stände Adonis persönlich vor ihr. Dabei war der Mann feist, hatte ein rot angelaufenes, aufgedunsenes Gesicht mit wässrigen Augen, und da er den Hut in der Hand hielt, konnte man das schüttere, brünette Haar sehen. Die Gulden, die er in seinen Truhen anhäufte,machten diese körperlichen Nachteile jedoch wett. So bat sie ihn mit ihrer lieblichsten Stimme, Platz zu nehmen, und wies Fanny an, ihm Wein zu kredenzen.
Die Magd kam dem Befehl nach, zog sich dann auf Helenes Wink zurück und ging hinüber in die Kammer, die Irmela bewohnte. Als Fanny eintrat, hob diese den Kopf. »Ist Besuch gekommen? Ich glaubte, eine Männerstimme zu hören.«
»Wenn ich den Namen richtig verstanden habe, handelt es sich um den Ehemann von Frau Walburga. Die Herrin macht ein Brimborium um den Kerl, als handele es sich um den Kaiser oder wenigstens Wallenstein persönlich.« Fanny kräuselte verächtlich die Lippen, denn sie hatte genug über Rudolf Steglinger erfahren, um ihn zu verabscheuen.
Irmela zuckte mit den Achseln. »Ich glaube, Helene will ihn heiraten. Meinen Segen hat sie.«
»Hoffentlich zieht sie samt ihrer Tochter zu ihm und lässt uns in Ruhe! Das Narbengesicht kann sie auch gleich mitnehmen.« Wenn sie sich mit Irmela allein wusste, machte Fanny aus ihrer Abneigung
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