Die Feuerinseln: Das Geheimnis von Askir 5 (German Edition)
Sorge um mich, wenn wir auslaufen.«
»Schickt ihnen doch gleich von hier eine Botschaft«, schlug ich vor und zeigte auf das Signalgerät, doch er schüttelte den Kopf. »Das wäre gegen die Regeln. Es dürfen nur dienstliche Nachrichten übertragen werden.«
Einen Moment lang schien mir diese Regel dumm, dann sah ich ein, dass es gegenüber den anderen Besatzungsmitgliedern ungerecht wäre. Wollte man allen erlauben, Nachrichten zu senden, würde das Ganze ewig dauern und vielleicht die Signalstrecke blockieren. Ich warf einen verstohlenen Blick zu Mendell, der in Richtung Land sah. Auf ihn wartete jemand. Eine Familie. Es war lange her, dass jemand auf mich gewartet hatte.
Es dauerte nicht lange, bis die Signallaterne entzündet war und zu klappern anfing. Wir sahen zu, wie in der Ferne eine Laterne am Turm aufflackerte, und ich verstand allmählich, wie vielfältig die Errungenschaften des Alten Reichs gewesen waren. Um so unverständlicher erschien mir, wie viel in den Jahrhunderten davon verloren gegangen war. Warum nur hatte Askannon den Thron aufgegeben und war verschwunden?
Ich dachte an Mendells Worte, als wir spät in der Nacht zwischen den beiden Leuchtfeuern hindurchfuhren, welche die Einfahrt zu Aldars Hafen markierten. Der Himmel war klar, nur einige wenige hohe Wolken bedeckten die Sterne, und beide Monde waren am Himmel zu sehen, genug Licht, um mir einen ersten Eindruck von Aldane und dessen Kronstadt zu machen.
Askirs Baumeister verwendeten für jede Art von Gebäude denselben weißen Quader, mit glatten, gesägten oder gar polierten Flächen, ein jeder bis aufs Haar im gleichen Maß aus festem Fels geschnitten. Immer wurde der gleiche Bauplan verwendet, ob man einen Turm in eine Mauer setzte oder freistehen ließ, es war doch die gleiche Art Turm. Wenn die Kaiserlichen eine Schmiede bauten, dann bauten sie sie immer wieder. Es hatte seinen Nutzen, ohne Zweifel, aber manchmal wirkte es auch erdrückend.
Aldar war anders und erinnerte mich mehr an meine Heimat als jeder andere Ort, den ich bisher in den sieben Reichen gesehen hatte. Der große runde Wehrturm, der dort die Einfahrt des Hafens bewachte, war aus unregelmäßig behauenen Sandsteinen gebaut, über den massiven Zinnen erkannte ich einen runden Aufbau aus Fachwerk, der mit Schiefer gedeckt war. Es brannten Fackeln, weit und breit war keine Öllampe zu sehen, und die Soldaten, die uns von der Mole aus beobachteten, waren ähnlich gerüstet, wie ich es kannte: in schwere Plattenharnische, von denen viele reich verziert waren. Der Hafen von Aldar war groß, nicht so groß wie der des alten Flottenstützpunkts auf den Feuerinseln, aber dennoch beeindruckend. Galeeren, Schwertschiffe und behäbig wirkende Koggen füllten die Liegeplätze, und selbst zu dieser späten Zeit waren die Kräne unermüdlich in Bewegung. Sie hoben schwere Netze mit Tonnen, Kisten oder Säcken aus den Laderäumen der Schiffe oder beluden sie. Ein solches Gedränge so spät in der Nacht zu erleben, verwunderte mich. Um den eigentlichen Hafen herum hatte man gut dreißig Schritt Platz gelassen, damit er Raum zum Atmen hatte, dahinter reihten sich dicht an dicht Fachwerkhäuser, manche von ihnen gut und gern acht Stockwerke hoch. Nur vereinzelt sah ich Gebäude, die gänzlich aus Stein errichtet waren. Wenn man über diese Häuser hinwegschaute, konnte man in der Ferne das Rund einer mächtigen, hellerleuchteten Burg erkennen.
Die Stadt stellte ihren Reichtum stolz zur Schau. Überall gab es Ornamente zu bewundern, Statuen von tapferen Rittern in heldenhafter Pose säumten den Hafen, und es brannten so viele Laternen, als gäbe es die Kerzen umsonst. Zentraler Punkt des Hafens war ein großer Brunnen, prächtig aus schwarzem Marmor geschlagen, und auch hier trugen heldenhafte Statuen zur Zierde bei.
Armut schien hier verboten, kaum jemand, der durch zerschlissene Gewänder auffiel, oft trug man zu Schuhen sogar feine Strümpfe, die mit auffallenden Mustern versehen waren. Barfuß sah ich hier niemanden gehen.
Der Lotse, der vor dem Hafen an Bord gekommen war, schien mir schon alles zu bestätigen, was Mendell erzählt hatte. Etwas gedrungen, mit dickem Bauch, dem Nacken eines Stiers und einem kantigen Kiefer, den er herrisch nach vorn streckte, war er angezogen wie ein Pfau, in schwerem rotem Samt, einer gelben, brokatbestickten Weste, hautengen Kniebundhosen aus Samt, die sein Geschlecht unschicklich betonten, und kräftigen Waden, die von bestickten Strümpfen
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