Die Feuerinseln: Das Geheimnis von Askir 5 (German Edition)
Aufschrei stürmte die vordere Reihe der feindlichen Soldaten mit erhobenen Speeren auf sie zu. Sie stand still, doch bevor der erste Speer sie berührte, schoss der Soldat, der neben uns so lange gezielt hatte, und brach dann weinend zusammen.
Noch in der Luft verwandelte sich der Bolzen in ein helles Licht. Er traf die Königin ins Herz, das Licht pulsierte und wurde gleißend. Als es verging, war das Herz Illians verschwunden, nur ein verglühter und verbogener goldener Reif lag dort, wo sie gestanden hatte.
»Sie ist jetzt frei«, sagte das Mädchen leise zu mir und zog an meiner Hand. »Lasst uns gehen, Ihr braucht nicht zu sehen, wie der Feind Verrat begeht. Er hat niemals daran gedacht, seine Versprechen einzuhalten.« Ich sah noch, wie die Soldaten auf den Zinnen sich bückten, jeweils einer von zwei nahm einen schweren Schild auf, der andere eine gespannte Armbrust.
Wir standen nun im Thronsaal. Sie ließ meine Hand los und trat vor mich, streckte die Hand aus und wischte etwas von meinen Wangen.
»Ihr braucht nicht um sie zu weinen. Sie ist frei. So lange Jahre musste sie ausharren in dem, was ihr Gefängnis geworden war. Und die letzte Gnade ist, dass sie den Bolzen nicht spürte. Ihre Seele ruht nun in Borons Hand, er wird Gericht halten über sie, doch sie wird ihn nicht fürchten.« Sie ergriff wieder meine Hand. »Ihr wart es, Roderic, der ihr die Kraft gegeben hat, auszuharren. Seid stolz darauf, sie ist es auch. Weint nicht um sie, denn das Land wird erfahren, was geschah: dass sie sich in die Hände des Feindes begab, um ihr Volk zu schützen, wie der Handel gebrochen wurde, wie man sie verbrennen wollte und wie sie aufging in Borons Licht und der Gott die Feinde bestrafte. Da niemand sie sterben sah, wird sie in den Herzen ihres Volkes leben. Und sie trägt mit dem Licht ihre letzte Botschaft weit ins Land.« Sie zeigte auf das große Schwert, das hinter dem Thron an der Wand hing. »Geht dorthin und reicht mir das Schwert, ich bin zu klein, um es zu erreichen, ich müsste auf die Lehne des Throns klettern, wie damals, als Ihr mich hier gefunden habt. Einer Königin geziemt es nicht, auf dem Thron zu spielen, das habt Ihr mir selbst gesagt, also müsst Ihr mir Steinherz geben.«
Ich trat an die Wand heran und nahm das Schwert, Steinherz’ rote Augen glühten auf, als ich es berührte. Es mochte mich wohl immer noch nicht, selbst in meinen Träumen.
»Das Schwert des Reichs«, sagte sie, als ich vor ihr kniete und es ihr auf beiden Händen darbot. »Wenn die Mauern fallen, werden sie nach ihm greifen, doch Ihr wisst wie ich, dass dies nicht Steinherz ist. Es ruht in anderen Händen als den meinen.«
Sie griff nach dem Heft des Schwertes, drückte gegen die glühenden Augen und drehte an dem Drachenkopf. Er löste sich mit einem leisen Klicken. Dort im Heft des Schwerts lag ein enggerolltes Pergament.
»Es ist eines der letzten Geheimnisse, die mir bleiben, Roderic. Es ist das Schwert des Reichs, weil ein jeder Herrscher in ihm seinen Willen verkündet. Im Heft der wahren Klinge werdet Ihr, mit meinem Siegel versehen, auch meinen Willen finden, in dem entschieden ist, wer das neue Herz von Illian sein soll.«
Sie bemerkte meinen Blick und lächelte belustigt. »Nein, seid beruhigt, Euch bürde ich das nicht auf, Euer Schicksal ist ein anderes.« Das Schwert verschwand aus meinen Händen und hing wieder an der Wand. »Diese Mauern werden halten. Der Feind wird weiter morden, doch für jeden, den er erschlägt, wird Kälte, Hunger und Pest zehn von seinen nehmen. Mit jedem Mord an uns wird das Volk an Entschlossenheit gewinnen. Und solange die Kronstadt ausharrt, bleibt der Feind gebunden und kann nicht mit voller Macht in die Nordlande vordringen.« Sie lächelte. »Wer weiß, vielleicht stehen diese Mauern noch, wenn Ihr zu uns zurückkehrt, Roderic. Dann wisst Ihr, wie Ihr bestimmen könnt, wem dieser Thron gebührt. Es mag sein, dass schon jemand darauf sitzt. Wenn es der Falsche ist, dann tut, was getan werden muss.«
Noch immer kniete ich vor ihr. Sie trat an mich heran und umarmte mich, schenkte mir dieses Lächeln, das einst so voller Vertrauen und Freude gewesen war, bevor ein Attentat sie niederstreckte und ihr alle Freude nahm und ihr stattdessen das Leid schenkte. Sie umarmte mich, ich roch die Äpfel in ihrem Atem. » Er versprach mir, dass wir uns wiedersehen«, sagte sie mit einem freudigen Lächeln und legte mir einen Apfelkern in die Hand. »Für Euch. Pflanzt einen Baum
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