Die Feuerinseln: Das Geheimnis von Askir 5 (German Edition)
so«, fuhr ich eher zögerlich fort, »dass ich es mag, Freundschaften zu schließen. Darin geht es mir nicht anders als anderen. Doch wenn man immer wieder Freunde sterben sieht … hilft es, die Menschen davon abzuhalten, einem zu nahe zu kommen.« Ich warf ihr einen gespielt erzürnten Blick zu. »Bis auf solche, die jede Warnung ignorieren.«
»Hilft es wirklich?«, fragte sie.
Ich dachte kurz nach und schüttelte den Kopf. »Nein«, gab ich dann zu. »Manche Menschen scheinen dazu bestimmt, einem nahe kommen zu können. Egal wie abweisend ich bin.«
»Sonderlich erfolgreich bist du darin nicht«, meinte sie.
»Genau das ist es. Bei manchen Menschen fällt es mir schwer. Genug davon.« Ich betrachtete sie. »Was ist los? Machst du dir Sorgen um Angus?«
»Nein«, sagte sie und schüttelte den Kopf. »Das ist es nicht. Ich mache mir Sorgen um dich. Eben gerade, als ich an Deck gehen wollte, hielt mich einer der Offiziere zurück. Er heißt Devon, und er sagt, er wäre der Schiffsarzt.«
»Er ist derjenige, der mich operiert hat«, sagte ich. »Soviel ich weiß, ist alles bestens verheilt. Wieso, was hat er gesagt?«
»Er versuchte mich auszuhorchen, also habe ich ihn direkt gefragt, worum es geht«, meinte sie zögerlich und lehnte sich neben mir an die Reling. »Er sagt, er hätte noch nie jemanden gesehen, der so schnell heilt wie du. Er wollte wissen, ob ich eine Idee habe, weshalb das so ist. Bevor du in den Tempel des Boron gegangen bist, war er sogar fest davon überzeugt, du seist ein Nekromant. Er sagt, dein Schädel wäre zersplittert gewesen, so sehr, dass er Knochenteile aus deinem Gehirn hätte entfernen müssen, und doch war am nächsten Tag alles verheilt.«
Götter. Um Arzt zu werden, brauchte es sicherlich eine gewisse Portion an Neugier und Wissensdurst, aber ich wünschte, er würde es endlich auf sich beruhen lassen.
»So war es auch«, gab ich zu und zog an meiner Pfeife, um mir meine nächsten Worte reiflich zu überlegen. »Es lag an Seelenreißer. Manchmal heilte er mich schneller, als die Wunde entstehen konnte. Einmal flickte er mir das durchbohrte Herz zwischen zwei Schlägen. Auf dem Schiff … Der Nekromant, den wir zuerst für den Herrn der Puppen hielten, zerdrückte mir das Herz in der Brust, wie er es beim alten Emir getan hat. Noch bevor ich wusste, wie mir geschah, erschlug Seelenreißer einen Mann in der Nähe, und im nächsten Moment schlug mein Herz wieder.«
»Aber du hast Seelenreißer nicht mehr«, stellte sie dann fest. »Leandra und ich haben gesehen, dass es in dem Biest steckte und unterging.« Sie schaute mich fast schon vorwurfsvoll an. »Ich habe gewartet, dass du darauf zu sprechen kommst.«
»Wozu?«, fragte ich. »Es würde nichts ändern. Es liegt auf dem Grund des Meeres, und ich bin froh darum. Ich vermisse die Klinge, das gebe ich gerne zu, aber nicht den Dienst, den Soltar mir aufzwang.« Ich schaute hoch zu Soltars Tuch und betrachtete die ungewohnten Sternbilder. »Jetzt, da ich es nicht mehr trage, finde ich langsam meinen Frieden.«
»Das ist gut«, meinte sie leise. »Aber es geht nicht um Seelenreißer, nicht mehr. Du hast es verloren … und du heilst trotzdem noch so schnell. Woran liegt das?«
Ich seufzte. »Vor vielen Jahren hat mir jemand mit einem Streitkolben den Kiefer eingeschlagen. Es dauerte lange, fast ein Jahr, aber zum Schluss waren alle meine Zähne wieder nachgewachsen.« Ich rieb mir das Kinn. »Bei Knochen, Zähnen oder verlorenen Fingern zeigten sich Seelenreißers Grenzen. Die Wunden heilten zwar, aber wenn alles von selbst gehen musste, weil ich das Schwert nicht berühren wollte, dauerte es lange. Als ich jedoch dort unten im Wolfstempel unter den Donnerbergen stand, richtete mich Balthasar mit seiner Magie so übel zu, dass nicht einmal Seelenreißer mir helfen konnte. Und trotzdem heilte ich zwischen zwei Herzschlägen vollständig.«
Sie sah mich fragend an.
»Unten in meinem Sack befindet sich ein Beutel aus Leder, darin ist eine schwere silberne Kette, von einer Magie erfüllt, die selbst Leandra nicht verstand. Das war, bevor du zu uns gestoßen bist. Ich nahm die Kette vom Hals eines Wolfsmenschen, den ich dort im Gasthof erschlug. Ich hatte sie unten im Tempel dabei, und als ich sie umlegte, verwandelte sie auch mich in einen Wolfsmenschen, schwach an Verstand, dafür aber vollständig geheilt.« Ich schaute auf die schimmernden Wellen hinaus und lachte leise. »Ich war dumm wie ein Stück Stein. Ich hatte
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